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Die Welfenkaiserin

Titel: Die Welfenkaiserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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alle nehmen es ihm ab! Deswegen hat man ihm den Vorsitz im Rat auch nicht entzogen. Er erlässt Verordnungen und gibt Befehle wie früher auch.«
    »Gott sei gelobt«, rief Judith erleichtert. Ludwigs Liebe zu ihr hatte über seine Verzagtheit und Frömmigkeit gesiegt!
    Vier Wochen später lag Judith bei Vollmond in ihrem Bett in der hinteren Ecke des Dormitoriums und belauschte die Atemzüge der anderen Schwestern. Als sie sicher war, dass keine mehr wachte, setzte sie sich voller Ungeduld auf. Ruadbern wartete bestimmt schon seit Langem! Sie hatte gerade einen Fuß auf den Boden gestellt, als plötzlich die Tür zum Dormitorium aufgestoßen wurde und fünf große dunkle Gestalten mit kleinen Lichten in der Hand hineinhuschten. Sie trugen Masken und sahen mit ihren langen Umhängen im Halbdunkel furchterregend aus.
    »Hilfe!«, schrie Judith geistesgegenwärtig, ließ sich aus dem Bett fallen und versteckte sich hockend hinter ihrer Schlafbank. »Hilfe! Eindringlinge!«
    Ihr Entsetzensschrei weckte augenblicklich die anderen Schwestern. Einige begannen zu kreischen, andere krochen angstvoll unter ihre Decken.
    »Wir wollen unsere Herrin begatten!«, dröhnte eine finstere Stimme. Als hätte sie Flügel, sprang eine schwarz gekleidete Figur mit wallendem Umhang fast bis an die Decke.
    »Der Satan!«, rief eine Nonne entsetzt und streckte die Arme in Kreuzform vor sich aus.
    »Wo ist sie, die Hexe, die Zauberin, die Abgesandte der Hölle, unsere Herrin?« Knurren, Zischen, Quaken, Kläffen und unappetitliche Geräusche ertönten, während schnelle Hände Decken von den Betten rissen.
    Judith hob vorsichtig den Kopf.
    »Ah, da ist sie ja! Die Meisterin der Dämonen!«
    Doch ehe die Männer sie überwältigen konnten, hatten sich vier mutige Nonnen aus den Nebenbetten bereits auf Judith geworfen.
    »Fort, fort, aus dem Weg!«, erklang jetzt eine gewöhnliche Männerstimme verärgert. »Wir wollen nur sie!«
    Doch an Judith, die unter der Last der vielen Körper kaum atmen konnte, war kein Herankommen. Die vier fremden Gestalten zerrten an den Hemden der Nonnen, bis plötzlich ein Peitschenknall den Lärm übertönte. Judith vermeinte, den scharfen Schlag durch die Körper der Männer und Mädchen hindurch zu spüren. Schmerzensschreie erklangen, und sie entstammten eindeutig den Kehlen menschlicher Wesen männlichen Geschlechts. In geringerer Zeit, als zwanzig Sandkörner durch die Uhr laufen konnten, hatte das Gezerre an den Nonnenhemden ein Ende. Nach einigen Augenblicken der Stille erhoben sich Judiths Beschützerinnen verstört. Judith stand gleichfalls auf. Im Raum befand sich nur noch ein einziger Eindringling – ein hochgewachsener Mönch mit einer Peitsche in der Hand.
    »Verzeiht«, murmelte Ruadbern, »ich konnte sie nicht am Eindringen hindern! Aber jetzt sind sie weg, und ihr seid sicher.«
    Er floh aus dem Dormitorium.
    Judith hörte wilde Schreie im Flur, wo die Einbrecher offensichtlich mit der Äbtissin zusammengestoßen waren. Sie stürzte zur Tür und sah Ruadbern hinter Äbtissin Philomena die Stufen hinuntereilen. Sie hielt an sich, um ihnen nicht ebenfalls nachzurennen, und kehrte seufzend zu ihrem Bett zurück. Aus dem Stelldichein am Geheimgang würde in dieser Nacht nichts werden.
    »Wer waren diese furchtbaren Leute?«, fragte eine der Schwestern, die Judith mit ihrem Körper beschützt hatte.
    »Ich danke dir, Schwester Irene, und euch anderen auch«, sagte Judith. »Seid versichert, das waren keine Dämonen, sondern nur dumme Männer, die mir und euch Angst machen wollten. Und gerettet hat uns wohl ein Engel! Wir sollten jetzt alle beten.«
    Kurz darauf trat die Äbtissin mit einem großen Licht in der Hand herein. In der anderen Hand hielt sie die Peitsche, die Ruadbern zuvor geschwungen hatte.
    »Alle unverletzt?«, fragte sie knapp.
    Zustimmendes Gemurmel.
    »War das der Satan?«, fragte eine sehr junge Nonne zaghaft.
    »Unsinn!«, wies die Äbtissin sie zurecht. »Der bedient sich anderer Mittel! Das war ein übler Streich sterblicher Männer.«
    »Wie sie wohl hereingekommen sind?«, wunderte sich Schwester Irene.
    »Das werden wir morgen klären«, sagte Äbtissin Philomena streng. Allerdings hatte sie keinesfalls die Absicht, den ihr anvertrauten Nonnen den alten Geheimgang zu zeigen. Sie war höchst empört, dass offensichtlich ein älterer Geistlicher sein Wissen um den Verbindungsgang den Eindringlingen verraten hatte. Und sie ahnte auch schon, in wessen Auftrag. Dämonen im

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