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Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier

Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier

Titel: Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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etwas sagen.«
    Jolly stand am Bug der Carfax und hatte eine Hand auf die Reling gelegt, als könnte das kühle Holz unter ihren Fingern ihr helfen, die Welt um sich herum als Wirklichkeit und nicht als weitere Illusion des Mare wahrzunehmen. Sie träumte jetzt jede Nacht von dem schwarzen Ozean, so als käme sie dem Mare Tenebrosum in Wahrheit immer näher, obgleich sie sich doch mit jeder Seemeile weiter davon entfernen müsste.
    »Der Mahlstrom ist das Tor zum Mare Tenebrosum, deshalb müssen wir ihn verschließen - das sehe ich ein. Aber was ist mit der Brücke, die Agostini… ich meine, die der Gestaltwandler gebaut hat? Griffin und ich, wir waren drüben. Die Brücke war selbst so was wie ein Tor. Wenn es ganz einfach ist, eines zu öffnen, warum ist dann der Mahlstrom von so großer Bedeutung?«
    »Nun«, sagte der Wurm mit seiner schnarrenden Stimme, »ich weiß nicht viel über das Mare Tenebrosum.«
    »Aber das ist nicht wahr! Du hast mir mehr darüber erzählt als der Geisterhändler - jedenfalls bevor wir in Aelenium angekommen sind. Du hast sogar den Schorfenschrund gekannt!« Sie warf einen Blick über die Schulter hinauf zum Steuer, wo Buenaventure stand. Allmählich bezweifelte sie, dass der Pitbullmann jemals Schlaf benötigte. Die wenigen Pausen, die er sich gönnte, verbrachte er dösend, stets auf der Hut, wachsam lauschend auf jeden Windstoß, jedes ungewöhnliche Knarren der Planken. Seit Tagen schien es, als wären er und das Schiff miteinander verschmolzen, Körper und Geist eines einzigen Wesens. Buenaventure war hier, um Jolly zu beschützen - seine Sorge galt aber auch der Carfax, wie einem alten, lieb gewonnenen Freund.
    »Komm schon«, sagte Jolly herausfordernd zum Hexhermetischen Holzwurm. »Sprich mit mir!«
    »Die Brücke, also«, murmelte er seufzend und wiegte seinen Schädel hin und her, als hätte ihn ein Fakir mit seiner Flöte aus dem Rucksack hervorgelockt. »Du hast gesagt, die Klabauter hätten die Brücke angegriffen. Aber sie haben sich zurückgezogen, als die Soldaten Aeleniums auftauchten und Agostinis Bauwerk in Brand gesteckt haben. Richtig?«
    Jolly nickte.
    »Kommt dir das nicht seltsam vor? Die Klabauter stehen unter dem Befehl des Mahlstroms. Und der wiederum ist ein Diener des Mare Tenebrosum. Warum sollten die Meister ihr eigenes Bauwerk angreifen oder gar zerstören lassen?«
    Jolly runzelte die Stirn. »Keine Ahnung.«
    »Nun«, sagte der Wurm gedehnt, »weil wir uns womöglich die ganze Zeit über getäuscht haben. Vielleicht verfolgt der Mahlstrom mittlerweile ganz andere Ziele. Eigene Ziele.«
    »Aber der Mahlstrom ist das Tor für die Meister.«
    »Warum öffnet er sich dann nicht einfach? Bisher haben wir angenommen, er sei vielleicht noch zu schwach dazu. Doch weshalb befehligt er dann tausende von Klabauter und stiftet auch sonst Unheil, wo er nur kann? Ich habe eine andere Vermutung: Die Brücke war aus irgendeinem Grund für den Mahlstrom gefährlich. Und deshalb ließ er sie angreifen.«
    »Du glaubst wirklich, der Mahlstrom fällt den Meistern in den Rücken?«
    »In der Tat. Der Mahlstrom muss sich aus der Versklavung der Meister gelöst haben. Das ist die einzige Erklärung für die Handlungsweise der Klabauter an der Brücke. Vielleicht ist ihm seine eigene Macht bewusst geworden. Warum sollte er sie mit den Meistern teilen, wenn er doch das mächtigste Wesen in dieser Welt ist? Er selbst könnte sich zum Herrscher über alles aufschwingen.«
    Mit dieser Vermutung stellte der Wurm eine Menge von dem auf den Kopf, was Jolly bisher angenommen hatte. Aber nur so ergab das Ganze einen Sinn. Die Brücke musste gebaut worden sein, weil sich der Mahlstrom den Meistern verschloss und sie einen anderen, einen neuen Zugang in die Welt brauchten. Blieb nur die Frage, warum sie dann nicht einfach drüberspaziert waren, als Agostini sie fertig gestellt hatte?
    »Du wirst erwartet«, murmelte sie halblaut.
    Der Wurm streckte seinen Kopf ein wenig weiter aus dem Rucksack heraus.
    »Wie bitte?«, fragte er irritiert.
    Jolly strich sich eine Strähne aus dem Gesicht. Der Wind hatte aufgefrischt, und die Carfax legte deutlich an Fahrt zu.
    »Das hat der Gestaltwandler zu mir gesagt, als er mit uns auf der Brücke stand: Du wirst erwartet.«
    Jolly trat von der Reling zurück und begann aufgeregt, an Deck auf und ab zu laufen. Wieso war sie nicht früher darauf gekommen? Es ging um die Quappen. Letztlich ging es immer um die Quappen.
    »Die Brücke war nicht für

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