Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber

Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber

Titel: Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
Vom Netzwerk:
der Einzige, der in Munk eine Bedrohung für Jolly sah.
    »Wenn ich das wüsste.«
    »In der Nacht auf der Carfax haben sie beinahe miteinander gekämpft. Er wollte sie zwingen, in Aelenium zu bleiben.« Soledads Augen wirkten schattiger als sonst. Es beunruhigte ihn, sie so zu sehen; vielleicht, weil er gehofft hatte, sie könnte seine eigenen Sorgen zerstreuen. Stattdessen bestätigten ihre Worte nur das, was er selbst insgeheim fürchtete.
    »Warum bist du hierher gekommen?«, fragte sie.
    »In ihr Zimmer, meine ich.«
    Er zögerte. »Aus demselben Grund wie du, oder? Um ihr nahe zu sein. Um Abschied zu nehmen.«
    Sie trat an ihm vorbei an eines der Spitzbogenfenster. Der Raum war sehr hoch und schmal, beinahe wie das Innere eines Turmes. Viele Zimmer in Aelenium hatten solche seltsamen Abmessungen, ein Beweis dafür, dass diese Stadt gewachsen und nicht erbaut worden war.
    Griffin folgte der Prinzessin und blickte über die steilen Hänge der Stadt hinweg, über die zerfurchte Schräge aus Gassen und Dächern, die hinab zu den Seesternzacken und zum Wasser führte. Nicht mehr lange, dann würde dort nichts mehr so sein, wie es einmal war. Tod und Zerstörung würden über die Stadt kommen.
    Die Vorstellung zerriss ihm das Herz. Zum ersten Mal fühlte er echte Verbundenheit zu diesem wundersamen Ort, und etwas wie Verantwortungsgefühl regte sich in ihm. Wenn Jolly bereit war, sich für Aelenium zu opfern, dann musste er dasselbe von sich verlangen.
    »Was wirst du tun?«, fragte Soledad, so als hätte sie sich gerade dieselbe Frage gestellt und bereits eine Antwort darauf gefunden.
    »Kämpfen«, sagte er. »Wie Jolly.«
    Sie nickte stumm.
    »Und du?«
    Soledad zuckte die Achseln. »Sie lassen mich als Frau keinen Rochen lenken, diese Dummköpfe. Und noch immer scheint niemand zu wissen, ob sie gegen die Klabauter wirklich die Seepferde einsetzen wollen.«
    Er nickte.
    »Ich gehe mit den Tauchern«, fuhr sie fort. »Ich habe es mir zeigen lassen in den letzten Tagen. Ich war unten an der Ankerkette. Die Klabauter werden versuchen, sie zu kappen, um Aelenium vom Meeresgrund loszureißen.«
    »Wenn sie es wirklich versuchen, wird sie keiner daran hindern. Die Taucher können nicht bis zum Boden hinunter. Es ist zu tief.«
    »Trotzdem werden wir nicht einfach tatenlos zusehen.«
    Er schüttelte traurig den Kopf. »Es ist Wahnsinn, sich den Klabautern in ihrem ureigenen Element zu stellen.«
    »Irgendetwas muss man ja tun.« Ihre Mundwinkel zuckten leicht, aber es wurde kein Lächeln daraus.
    »Und du?«
    »D’Artois hat mich als Rochenreiter eingeteilt.«
    Unvermittelt trat die Prinzessin auf ihn zu und umarmte ihn. »Dann pass auf dich auf, Griffin. Lass mich nicht diejenige sein, die Jolly nach ihrer Rückkehr erklären muss, dass dich die Klabauter in Stücke gerissen haben.«
    Er erwiderte die Umarmung und wurde rot, als sie ihm einen Kuss auf die Stirn gab.
    »Ich lasse dich jetzt allein hier oben. Und bestell Jolly einen schönen Gruß von mir, wenn du an sie denkst.« Mit einem Augenzwinkern ging sie hinaus auf den Gang und zog die Tür hinter sich zu.
    Griffin starrte noch einen Moment lang die Tür an, dann wandte er sich schweren Herzens zum Fenster um. Über dem Nebel zogen Rochen ihre majestätischen Kreise.
    Es war Soledads neunter Tauchgang, aber sie hatte sich sagen lassen, dass das beengte Gefühl in den Tauchanzügen auch beim fünzigsten Mal nicht nachließ. Die Luft aus dem Sprudelstein, der in einem Metallbehälter unterhalb ihres Kinns lag, verschaffte ihr über Schläuche zwar Atemluft für fünfzehn bis zwanzig Minuten, war aber schon nach wenigen Augenblicken dünn und stickig.
    Soledad hatte etwas Ähnliches wie die Sprudelsteine vor ihrer Ankunft in der Seesternstadt noch nie gesehen, und sie fragte sich, woher sie stammten. Auch die anderen Taucher schienen keine Antwort darauf zu wissen. Sie erklärten Soledad, dass die Steine in einer Höhle nahe des Kerns aufbewahrt und sorgsam gehütet wurden. Hatte ein Stein seine Luft abgegeben, brauchte er mehrere Stunden, um vollständig auszutrocknen und neuen Sauerstoff aufzusaugen. Da nur einige hundert dieser Steine existierten, würden die Vorräte während der Schlacht zwangsläufig zur Neige gehen, falls die Kämpfe unter Wasser zu lange andauerten.
    Soledad und mit ihr eine Hand voll anderer tauchten an der zerfurchten Unterseite einer Seesternzacke entlang. Die Prinzessin hatte einige Stunden schlafen können, um Kraft zu sammeln, die sie

Weitere Kostenlose Bücher