Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber
Nahkampf erwiesen. Sie besaßen lediglich den Nachteil, dass man den Gegner an sich herankommen lassen musste - was angesichts der Krallen eines Klabauters keine angenehme Vorstellung war. Deshalb hofften alle, sich ihre Feinde mithilfe der Armbrustbolzen vom Leib zu halten.
Die meisten Taucher hatten zahllose Stunden mit Schießübungen unter Wasser verbracht. Soledad war immer wieder erstaunt gewesen, wie zielsicher die Männer trotz der widrigen Umstände waren. Sie wünschte sich, sie hätte dasselbe von sich sagen können.
So also saßen sie da, die gespannten Armbrüste in beiden Händen, und warteten. Nach etwa zwanzig Minuten wechselte auch der Ausdauerndste seinen Sprudelstein, um dann wieder schweigend und reglos auszuharren und die Finsternis jenseits der Lichtsäulen im Auge zu behalten.
Es war nicht Soledad, die den ersten Klabauter entdeckte, sondern ein Mann, der ein Stück von ihr entfernt auf einem stumpfen Korallendorn kauerte. Sie sah ihn aus dem Augenwinkel in aufgeregte Bewegung verfallen, was trotz aller Übung langsam und seltsam unbeholfen wirkte. In Windeseile wurde die Warnung durch Zeichen weitergegeben, und sogleich richteten sich zwei Dutzend Armbrustbolzen hinaus in die Finsternis.
Erst war es nur eine Hand voll Klabauter, dann immer mehr.
Spindeldürre Gestalten mit viel zu langen Gliedmaßen glitten durch die Dunkelheit. Wesen mit gefletschten Gebissen und schmalen Augen, in denen sich der Schein der Fackelschächte brach. Es sah aus, als hätten ihre Blicke Feuer gefangen.
Xander, der Anführer des Tauchertrupps, zog hektisch an einer schmalen Kette, die durch einen Lichtschacht nach oben führte und irgendwo an der Oberfläche eine Alarmglocke anschlagen ließ.
Soledad überwand ihren Schrecken, zielte und feuerte ihren ersten Bolzen ins Dunkel.
Schrie der Klabauter, als sie ihn traf? Falls ja, so konnten menschliche Ohren den Laut nicht hören. Eine Wolke aus dunklem Blut verschlang den Sterbenden und machte die Sicht noch schlechter.
Überall zuckten jetzt die Bolzen durch das Wasser. Die meisten trafen. Die erste Angriffswelle geriet ins Stocken, verebbte dann ganz. Bald waren die einzigen Klabauter, die sich noch innerhalb des Zirkels aus Lichtsäulen befanden, reglose Kadaver, die mit blicklosen Augen in der Leere schwebten wie Ascheflocken über einem Feuer.
Soledad dachte nicht nach. Ihre Bewegungen waren mechanisch. Ihr Atem wurde schneller, verbrauchte jetzt viel mehr von der kostbaren Luft aus ihrem Sprudelstein. Aber sie behielt sich unter Kontrolle, lud beide Armbrüste nach und widerstand der Versuchung, den Stein vorzeitig auszutauschen - es wäre Verschwendung gewesen und hätte zudem viel zu viel Zeit in Anspruch genommen.
Sie biss die Zähne zusammen und starrte in die Dunkelheit, vorbei an den treibenden Körpern in ihren wallenden Blutwolken.
Sie dachte an Walker. Dachte an Jolly.
Dann kamen sie erneut, und Soledad gab es auf, an irgendetwas zu denken. Die Kreaturen mieden die Lichtsäulen, so als scheuten sie die Helligkeit. Aus allen Richtungen glitten sie heran, mit grotesken, blitzschnellen Schwimmstößen.
Soledad tötete zwei mit den Bolzen, ehe ein dritter sie erreichte.
Klauen blitzten, dann Stahl.
Der Krieg um Aelenium hatte begonnen.
Ankerschlacht
GRIFFIN WAR BEI EBENEZER UND Jasconius an der Mole, als die Alarmglocken anschlugen. Erst nur eine, dann immer mehr, bis schließlich ganz Aelenium vom Klang der Glocken widerhallte. Das Läuten raste mit der Geschwindigkeit eines Sturmwinds über die Dächer der Seesternstadt, wehte die Hänge herauf und herab, brach sich an filigranen Türmen, ornamentreichen Fassaden und den schlichten Dachfirsten der unteren Viertel.
»Pass gut auf dich auf«, sagte Ebenezer zum Abschied und zog ihn mit seinen breiten Armen an sich.
»Denk daran, ich brauch dich noch für -«
»Die erste Schwimmende Schenke im Bauch eines Wals.« Griffin lächelte und klopfte ihm auf den Rücken. »Klar.«
Ebenezer ließ ihn los. »Jasconius und ich halten hier unten die Stellung.«
»Seid vorsichtig da draußen im Wasser.« Griffin hatte Angst um Jasconius und den Mönch. Die Gewässer rund um Aelenium würden bald von Klabautern nur so wimmeln. Menschen konnten vor ihnen an Land fliehen, zumindest für eine Weile. Aber der Wal war ihnen ausgeliefert. Griffin hatte ein schrecklich schlechtes Gewissen, weil er Jasconius und Ebenezer hierher gebracht hatte. Falls den beiden etwas zustieß, trug er die Schuld
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