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Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber

Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber

Titel: Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Erde.
    »Unterseeische Vulkane«, hatte Aina erklärt und hinzugefügt, dass sich in den warmen Gewässern rund um die Krater allerlei Tiere angesiedelt hatten, denen man besser nicht begegnete.
    Es zeigte sich bald, dass sie mit ihrer Warnung Recht behielt, denn in der Ferne entdeckte Jolly am Rand ihrer Quappensicht mächtige Umrisse, die um die Schlote wirbelten. Die Kreaturen ähnelten weißhäutigen Muränen mit riesigen Mäulern und einem widerlichen Leuchtfühler, der zwischen ihren halb blinden Augen entsprang. Die Quappen wären ihnen womöglich zum Opfer gefallen, hätte Aina sie nicht in einem Bogen um die Krater herumgeführt. Dabei drängte das Mädchen immer wieder zur Eile, erst recht, wenn sie Umwege wie diesen in Kauf nehmen mussten.
    Sie sprach zwar nicht offen darüber, aber sie schien sich große Sorgen um ihre Freunde zu machen, die sie in den Fängen des Mahlstroms zurückgelassen hatte. Vielleicht gab sie sich auch die Schuld an dem, was geschehen war.
    Jolly malte sich mehr als einmal aus, wie es Aina damals wohl ergangen sein mochte, als sie zum Mahlstrom aufgebrochen war. Hatte sie ihr Schicksal so bereitwillig angenommen wie Munk? Oder war es ihr ergangen wie Jolly?
    Sie ließen die Schlote und warmen Gewässer hinter sich. Aina ging voraus, gefolgt von Munk und Jolly, die das schroffe Felsenland zu beiden Seiten im Blick behielten.
    »Hast du keine Angst?«, fragte Jolly das fremde Mädchen unvermittelt.
    »Vor dem Mahlstrom? Sicher. Ich -«
    »Nein, das meine ich nicht. Wenn es uns wirklich gelingen sollte, ihn zu zerstören und deine Freunde zu befreien… dann kommst du doch mit uns zurück nach oben, oder?«
    Aina zögerte. Dann nickte sie langsam.
    »Die Welt ist heute eine ganz andere als zu deiner Zeit. Alles hat sich verändert.«
    »Nicht die Menschen«, sagte Aina, und ein bitterer Zug spielte um ihre Mundwinkel. »Die Menschen ändern sich nie.«
    Jolly wechselte einen Blick mit Munk. »Wie meinst du das?«
    Das Mädchen gab nicht gleich Antwort. Es schien zu überlegen, so als wäre plötzlich eine Mauer zwischen ihr und ihren Erinnerungen, die sie erst überwinden musste. »Die Menschen waren nicht gut zu mir. Sie hatten Angst, weil ich anders war als sie. Wir konnten Dinge tun, die -«
    »Die sie nicht können«, führte Munk den Satz zu Ende.
    Jollys Gefühle schwankten zwischen Zustimmung und Verwunderung. Sie wusste, was es bedeutete, anders zu sein. Aber war das letztlich nicht nur eine Frage der Menschen, mit denen man sich umgab? Die Piraten an Bord der Mageren Maddy waren selbst Ausgestoßene gewesen, der Aussatz der Gesellschaft - und sie hatten Jolly als das akzeptiert, was sie war.
    Munks Verbitterung dagegen bezog sich offenbar auf die Bewohner Aeleniums. Sicher, er hatte es genossen, dass sie ihn wie einen Erlöser verehrt hatten. Vielleicht war ihre Bewunderung jedoch nur die Maske gewesen, hinter der sie ihre Furcht vor den Quappen verbargen? Mit einem Mal schien Jolly dieser Gedanke gar nicht weit hergeholt. Vielleicht hatte Munk die Menschen einfach viel früher durchschaut als sie, und nun teilte er Ainas Abneigung.
    »Sie haben mich geschlagen und getreten«, sagte das Mädchen, ohne sich umzusehen. Sie klang jetzt wieder sehr niedergeschlagen, als läge jene Zeit nicht tausend Jahre, sondern nur einige wenige Tage zurück. »Erst war es nur Spott, dann kam die Angst dazu. Und schließlich haben sie mich gequält, wieder und wieder. Meine eigene Familie hat mich verstoßen.«
    Jolly nickte gedankenverloren. Bannon und seine Crew waren ihre Familie gewesen, und auch sie hatten sie verraten. Aina musste damals ebenso verletzt und verzweifelt gewesen sein wie Jolly.
    Je länger sie dem Mädchen zuhörte, desto ironischer erschien es ihr, dass ausgerechnet sie drei nun dazu auserwählt waren, die Menschheit zu retten. Ausgerechnet sie, denen die Bewohner Port Royals oder Havannas nur mit Abneigung, bestenfalls Arroganz begegnet wären.
    »Trotzdem bist du damals hier heruntergekommen, um den Mahlstrom zu vernichten«, sagte Jolly zu Aina.
    Aina schenkte ihr einen langen Blick. »Wohin hätte ich denn sonst gehen sollen?«
    Und dann schwiegen sie wieder.
    Ainas Auftauchen hatte Jolly von ihrer Trübsal beim Anblick dieser Ödnis abgelenkt, doch nun drang die graue, dunkle Umgebung erneut zu ihr durch.
    »Lässt der Mahlstrom dich nicht verfolgen?«, fragte sie schließlich in Ainas Richtung, nur um endlich wieder eine Stimme zu hören.
    »Oh doch, natürlich. Er

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