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Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Titel: Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Schopenhauer
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abspräche. Hieraus folgt der Grundcharakter der zweiten Figur, daß nämlich die beiden Prämissen entgegengesetzte Qualität haben müssen: die eine muß bejahen, die andere verneinen. Daher ist hier die oberste Regel: sit altera negans : deren Korollarium ist: e meris affirmativis nihil sequitur ; eine Regel, gegen welche in einer losen, durch viele Zwischensätze verdeckten Argumentation bisweilen gesündigt wird. Aus dem Gesagten geht der Gedankengang, den diese Figur darstellt, deutlich hervor: es ist die Untersuchung zweier Arten von Dingen, in der Absicht sie zu unterscheiden, also festzustellen, daß sie nicht gleicher Gattung sind; welches hier dadurch entschieden wird, daß der einen Art eine Eigenschaft wesentlich ist, welche der andern fehlt. Daß dieser Gedankengang ganz von selbst die zweite Figur annimmt und nur in dieser sich scharf ausprägt, zeige ein Beispiel:
    Alle Fische haben kaltes Blut;
    Kein Wallfisch hat kaltes Blut:
    Also ist kein Wallfisch ein Fisch.
    Hingegen stellt dieser Gedanke sich in der ersten Figur matt, gezwungen und zuletzt ausgeflickt dar:
    Keines, was kaltes Blut hat, ist ein Wallfisch;
    Alle Fische haben kaltes Blut:
    Also ist kein Fisch ein Wallfisch
    Und folglich kein Wallfisch ein Fisch. –
    Auch ein Beispiel mit bejahender Minor:
    Kein Mohammedaner ist ein Jude;
    Einige Türken sind Juden:
    Also sind einige Türken keine Mohammedaner.
    Als das leitende Princip für diese Figur stelle ich demnach auf: für die Modi mit verneinender Minor: cui repugnat nota, etiam repugnat notatum : und für die mit bejahender Minor: notato repugnat id cui nota repugnat . Deutsch läßt es sich so zusammenfassen: zwei Subjekte, die zu einem Prädikat in entgegengesetztem Verhältnisse stehn, haben zu einander ein negatives.
    Der dritte Fall ist der, daß es die Prädikate zweier Urtheile sind, deren Verhältniß zu erforschen wir die Urtheile zusammenstellen: hieraus entsteht die dritte Figur, in welcher demgemäß der Medius in beiden Prämissen als Subjekt auftritt. Er ist auch hier das tertium comparationis , der Maaßstab, der an beide zu untersuchende Begriffe gelegt wird, oder gleichsam ein chemisches Reagens, an welchem man beide prüft, um aus ihrem Verhältniß zu ihm, das zu erfahren, welches zwischen ihnen selbst Statt findet: demzufolge sagt dann die Konklusion aus, ob zwischen ihnen beiden ein Verhältniß von Subjekt und Prädikat vorhanden ist und wie weit sich dieses erstreckt. Demnach stellt in dieser Figur sich das Nachdenken über zwei Eigenschaften dar, welche man entweder für unvereinbar , oder aber für unzertrennlich zu halten geneigt ist und, um dieses zu entscheiden, sie in zwei Urtheilen zu Prädikaten eines und des selben Subjekts zu machen versucht. Hiedurch ergiebt sich nun, entweder daß beide Eigenschaften einem und dem selben Dinge zukommen, folglich ihre Vereinbarkeit , oder aber, daß ein Ding zwar die eine, jedoch nicht die andere hat, folglich ihre Trennbarkeit : Ersteres in allen Modis mit zwei affirmirenden, Letzteres in allen mit einer negirenden Prämisse: z.B.
    Einige Thiere können sprechen;
    Alle Thiere sind unvernünftig:
    Also können einige Unvernünftige sprechen.
    Nach Kant (Die falsche Spitzfindigkeit, § 4) würde nun dieser Schluß nur dadurch konklusiv seyn, daß wir in Gedanken hinzufügten: »also einige Unvernünftige sind Thiere«. Dies scheint hier aber durchaus überflüssig und keineswegs der natürliche Gedankengang zu seyn. Um aber den selben Gedankenproceß direkt mittelst der ersten Figur zu vollziehn, müßte ich sagen:
    »Alle Thiere sind unvernünftig;
    Einige Sprechenkönnende sind Thiere«,
    welches offenbar nicht der natürliche Gedankengang ist: ja, die alsdann sich ergebende Konklusion »einige Sprechenkönnende sind unvernünftig« müßte umgekehrt werden, um den Schlußsatz zu erhalten, den die dritte Figur von selbst ergiebt und auf welchen der ganze Gedankengang es abgesehn hat. – Nehmen wir noch ein Beispiel:
    Alle Alkalimetalle schwimmen auf dem Wasser;
    Alle Alkalimetalle sind Metalle:
    Also einige Metalle schwimmen auf dem Wasser.
    Bei der Versetzung in die erste Figur muß die Minor umgekehrt werden, lautet also: »einige Metalle sind Alkalimetalle«: sie besagt mithin nur, daß einige Metalle in der Sphäre »Alkalimetalle« liegen, so:

    während unsere wirkliche Erkenntniß ist, daß alle Alkalimetalle in der Sphäre »Metalle« liegen, so:

    Folglich müßten wir, wenn die erste Figur die allein normale

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