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Die Welt auf dem Kopf

Die Welt auf dem Kopf

Titel: Die Welt auf dem Kopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milena Agus
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ihn ist Cagliari weiß und ultramarinblau. Der Teil der Marina, wo wir wohnen, kommt ihm wie eine Insel vor, weil Seemöwen und andere Seevögel darüber hinwegfliegen und Schiffbrüchige aus der ganzen Welt hier gestrandet sind, die sich retten konnten, alsihre Boote untergingen, und wie eine Rutschbahn, weil sich alles zum Hafen hinneigt.
    Mir ist aufgefallen, dass sich auch Johnson junior und Anna prächtig verstehen. Immer stecken sie die Köpfe zusammen und tuscheln, und wenn man dazukommt, merkt man, dass sie schnell das Thema wechseln. Eigentlich wollte sie wieder nach unten in ihre Wohnung ziehen, aber Johnson junior hat sie gebeten, zu bleiben und ihm mit dem Kind zu helfen.
    Seit sie ihn auf eine Tasse heiße Schokolade aus der automatischen Espressomaschine einlud und er ihr versicherte, er habe noch nie, in keinem Land der Welt, eine so köstliche Schokolade getrunken, ist sie Feuer und Flamme für ihn. Er machte ihr auch Komplimente über das gute Zimmer, mit all den Sachen, die wie Treibgut aussehen, das bei stürmischer See ans Ufer gespült und so dem Land wiedergegeben wurde, nachdem es seit undenklichen Zeiten in einem Schiffswrack auf dem Meeresgrund gefangen gewesen war. Es komme ihm vor, als sei er in den Buckingham Palace eingeladen worden, sagte er, und seit diesem Tag heißt das gute Zimmer bei allen, einschließlich Natascha, Buckingham Palace.
    Seit sie Freunde sind, traut sich Anna auch zuzugeben, dass sie und Johnson senior etwas miteinander haben, und ist, sofern das überhaupt möglich ist, noch zuversichtlicher und fröhlicher als früher. Oft hört man sie sagen: »Was für ein Glück! Ach, was für ein Glück!«
    Natascha hingegen ist keineswegs überzeugt, dass esein Glück ist, und ist ganz und gar nicht erfreut über die Freundschaft zwischen ihrer Mutter und Johnson junior, der in ihren Augen nur eines gut kann, und das ist reden. Wie alle Söhnchen reicher Leute, die noch nie wirkliche Probleme hatten, dafür aber gescheit daherreden können. Doch ich fühle mich ebenso wie Anna zu Johnson junior hingezogen.
    Manchmal schiebt er mir auf Englisch und in liebevollem Ton verfasste Briefchen unter der Tür hindurch, die sehr schwierig zu übersetzen sind, damit ich mein Englisch verbessern kann. Wenn von dem zum Meer gelegenen Flügel aus einlaufende Kreuzfahrtschiffe zu sehen sind, ruft er mich zu sich auf die Terrasse hinauf. Oder auch bei einem besonders schönen Sonnenuntergang, wenn alles in strahlendes Blau und Orange getaucht und der Himmel voller länglicher oder knäuelförmiger Wolken ist.
    Er nennt mich Pasticcio , weil ich immer nur Chaos anrichte, vor allem in der Küche. Und es stimmt: Meine Omeletts sind feucht und klebrig, mein Braten mit Kartoffeln scheint zu schwitzen, statt saftig und knusprig zu sein, in meinen wässrigen Gemüsesuppen treibt hie und da ein einsames Stück Gemüse oder Pasta, und der Tee sieht aus, als hätten ihn die vielen Zitronenkerne, die darin schwimmen, trockengelegt. Aber Johnson junior findet es einfach nur interessant, dass ich so bin, wie ich bin, vielleicht weil er in mich verliebt ist, und Liebe macht ja bekanntlich blind. Er meint, dass mein Versagen in der Küche meinem Erfindungsreichtum und meiner Fantasie geschuldet ist, und meinemrebellischen Geist, und weil ich bei allem, was ich tue, nie die Regeln befolge.
    In der Marina ist Johnson junior äußerst beliebt. Aber mir ist aufgefallen, dass die Menschen ihn auf andere Weise mögen als mich. Ihn nehmen sie nicht unter ihre Fittiche, sondern fühlen sich im Gegenteil von ihm beschützt und halten sich an ihn wie Schiffbrüchige an einen Eingeborenen, der sie freundlich empfängt.
    Manchmal steckt er in Annas Schürzentasche ein Gedicht von einem seiner Lieblingsdichter. Auch nennt er sie nicht mehr Anna, sondern Annina, und alle anderen tun es ihm gleich.
    Als ich Johnson junior fragte, warum er so nett zu uns ist, meinte er, dass die Art und Weise, wie Annina und ich schauen, uns anziehen und bewegen oder das Eingangstor öffnen und in den Briefkasten spähen, in ihm unwillkürlich das Bedürfnis erweckt, uns zu fragen, ob wir Hilfe benötigen, genau wie bei den Schiffbrüchigen aus unserem Viertel.
    Seine Antwort stimmte mich traurig, weil sie mir klarmachte, dass er mir keine anderen Gefühle entgegenbringt als den anderen.
    Auch der Großvater und Giovannino verstehen sich prächtig. Mr. Johnson gibt seinem Enkel Geigenunterricht. Zunächst dachten wir, Giovannino würde es

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