Die Welt der Drachen
langsam zu.
Ihre Verwirrung war beinahe kindlich. F'lar hatte bisher noch keine Zeit gefunden, über ihr Handeln nachzudenken.
Nun kam ihm allmählich zum Bewusstsein, was für einen unbezähmbaren Charakter sie besaß.
Als Fax ihre Familie ermordete, war sie selbst kaum zehn Planetendrehungen alt gewesen. Aber bereits zu dieser Zeit hatte sie sich ein Ziel gesetzt und es fertig gebracht, der Entdeckung so lange zu entgehen, bis der verhasste Feind besiegt war.
Was für eine Weyrherrin!
Von Ruatha hatte der Weyr schon immer die stärkste Unterstützung erhalten. Im Mondlicht hingegen wirkte Lessa jung und verwundbar.
»Sie können Weyrherrin werden?« wiederholte er mit sanfter Beharrlichkeit.
»Weyrherrin?« flüsterte sie ungläubig und warf einen Blick auf den inneren Hof, den die Mondstrahlen umspielten. F'lar sah, dass sie zitterte.
»Oder tragen Sie lieber Lumpen?« fragte er spöttisch.
»Gefallen Ihnen das verfilzte Haar und die rauhe Haut Ihrer Hände? Schlafen Sie gern im Stroh? Sie sind jung... zumindest nehme ich das an.«
Er gab seiner Stimme einen skeptischen Klang. Lessa betrachtete ihn kühl. Ihre Lippen waren zusammengepresst.
»Haben Sie überhaupt keinen Ehrgeiz?
Der ganze Planet kann Ihnen gehören, und Sie begnügen sich mit diesem kleinen Fleck?«
Er machte eine Pause und fügte mit seiner ganzen Verachtung hinzu: »Das Blut der Ruatha scheint dünner geworden zu sein. Sie haben Angst!«
»Eine Ruatha fürchtet nichts und niemanden!« Sie hatte sich aufgerichtet, und ihre Augen blitzten.
F'lar begnügte sich mit einem schwachen Lächeln.
»Die Hälfte des Geschwaders bleibt hier und bewacht die Burg. Vielleicht bildet sich einer der benachbarten Barone ein, er könne Fax imitieren. Ein Reiter verkündet im Hochland, was geschehen ist.
Ach ja... und L'tol... Lytol soll verständigt werden.«
F'lar lächelte.
»Ich glaube, er gibt einen hervorragenden Verwalter ab, bis der Sohn Gemmas die Burg übernehmen kann.«
Der braune Reiter strahlte, als er begriff, was F'lar im Sinn hatte. Jetzt, da Fax tot war und die Burg unter dem Schutz der Drachenreiter stand, würde sie neu aufblühen.
»Sie war die Ursache für Ruathas Verfall?« fragte er seinen Anführer.
»Und hätte mit ihren Machenschaften beinahe unseren Untergang herbeigeführt«, erwiderte F'lar.
Aber er konnte großzügig sein, denn er hatte die Suche erfolgreich beendet.
»Freue dich nicht zu früh, Bruder«, sagte er rasch, als er F'nors Gesichtsausdruck bemerkte. »Zuerst muss die Gegenüberstellung stattfinden.«
»Ich bringe hier alles in Ordnung. Die Wahl Lytols ist ausgezeichnet«, erklärte F'nor, obwohl er wusste, dass F'lar seine Zustimmung nicht benötigte.
»Wer ist dieser Lytol?« fragte Lessa spitz.
Sie hatte das wirre, verfilzte Haar aus dem Gesicht geschoben. Im Mondlicht bemerkte man den Schmutz nicht so deutlich. F'lar sah den Blick, den F'nor dem Mädchen zuwarf, und er gab dem braunen Reiter mit einer befehlenden Geste zu verstehen, dass er sich um seine Aufgaben kümmern solle.
»Lytol ist ein ehemaliger Drachenreiter«, erwiderte er auf Lessas Frage. »Er hat sein Tier bei einem Unfall verloren. Und er hasst Fax. Unter seiner Leitung wird Ruatha gut gedeihen.«
Er warf ihr einen herrischen Blick zu.
»Oder nicht?«
Sie gab keine Antwort, sondern starrte ihn nur düster an, bis er zu lachen begann.
»Wir fliegen zum Weyr«, erklärte er und reichte ihr die Hand, um sie zu Mnementh zu führen.
Der Bronzedrache hatte den Kopf weit vorgestreckt und beobachtete den Wachwher, der keuchend am Boden lag.
»Oh«, seufzte Lessa und ließ sich neben dem Tier nieder. Es hob langsam den Kopf und winselte erbärmlich.
»Mnementh sagt, dass er sehr alt ist und bald für immer einschlafen wird.«
Lessa nahm den hässlichen Kopf in die Arme, streichelte ihn und kraulte ihn hinter den Ohren.
»Kommen Sie, Lessa von Pern«, sagte F'lar ungeduldig. Er wollte endlich zum Weyr zurückkehren.
Sie erhob sich langsam. »Er hat mich gerettet. Er wusste, wer ich war.«
»Er ist sich darüber im klaren, dass er eine gute Tat vollbracht hat«, versicherte ihr F'lar. Er wunderte sich über ihre plötzliche Sentimentalität.
Er nahm sie an der Hand, um ihr aufzuhelfen und sie zu Mnementh zu bringen.
Im nächsten Augenblick wurde er zu Boden geworfen. Er versuchte auf die Beine zu kommen, aber der überraschende Angriff hatte ihn halb betäubt, und er musste hilflos zusehen, wie der schuppige Körper des
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