Die Welt der grünen Lady
überhaupt nicht mehr gesehen, seit ich hierher kam«, antwortete er. »Aber ich fühle sie – hier!« Er ließ mich los und tippte sich mit der rechten Hand an die Stirn.
»Glaubst du, daß du sie finden kannst?«
Er erschauerte. »Ich möchte aber nicht, Kilda. Sie ist … sie ist bei ihr – bei der Lady.«
»Und wer ist die Lady, Oomark?«
Er wandte den Kopf ab, als wollte er meinem Blick ausweichen. »Sie – Sie ist Bartares Freundin. Ich mag sie nicht.«
»Wo ist Bartare ihr begegnet?«
»Zuerst in einem Traum, glaube ich. Eines Tages sagte Bartare, wir müßten etwas tun – irgendwelche merkwürdigen Worte singen. Sie goß Lairesaft auf den Boden, zerkrümelte süßen Kuchen, zerriß einige von Mutters hübschen Federn und mischte alles zusammen. Dann setzten wir uns ins Gras, und Bartare sagte, ich solle meine Augen zumachen und bis neun zählen. Dann sollte ich sie wieder aufmachen, und ich würde etwas Wunderschönes sehen. Bei Bartare hat es gestimmt, aber ich habe gar nichts gesehen. Die Lady hat Bartare gesagt, ich hätte nicht die richtigen Augen oder so etwas. Aber danach kam sie sehr oft und hat Bartare Sachen beigebracht. Und dann hatte Bartare mich auf einmal nicht mehr gern, aber ich mußte ihr immer helfen. Und sie wollte auch nicht mehr mit Mayra und Janta oder den anderen Mädchen spielen. Sie hat so getan, als würde sie zu ihnen gehen, aber statt dessen hat sie sich versteckt und mit der Lady geredet. Und sie hat mir erzählt, daß die Lady ihr versprochen hat, wenn sie die richtigen Dinge lernt und sich viel Mühe gibt, könnte sie eines Tages in die Welt der Lady kommen. Und …« er blickte sich um, seine Lippen begannen zu zittern, und seine Augen füllten sich wieder mit Tränen. »Und … ich glaube, das ist jetzt geschehen. Nur daß wir auch mitkommen mußten. Und ich will hier nicht bleiben! Kilda, bitte, laß uns nach Hause gehen!«
Es gab nichts, das ich mir mehr wünschte, aber ich hatte nicht die leiseste Ahnung, wie das zu bewerkstelligen war. Ich zögerte noch mit meiner Antwort, als Oomark selbst mit unerwartetem Scharfsinn erriet, was ich nicht sagen mochte.
»Aber wahrscheinlich können wir nicht zurück – bis Bartare und die Lady uns gehen lassen. Kilda, können sie … können sie uns für immer hierbehalten?«
»Nein.« Vielleicht sagte ich es zu bestimmt, aber als er mich so verängstigt ansah, mochte ich ihm keine andere Antwort geben. »Aber wenn wir Bartare und die Lady jetzt finden, dann könnten wir sie bitten, uns gehen zu lassen.«
»Ich will aber nicht – ich mag die Lady nicht. Und Bartare mag ich auch nicht mehr. Aber wenn du glaubst, daß sie uns nach Hause schicken, gehe ich zu ihnen.«
Noch eine Frage lag mir auf dem Herzen. »Oomark, du hast gesagt, daß Bartare die Lady schon seit einer ganzen Weile kennt. Kannte sie sie auch schon auf Chalox?«
»Ja.«
»Aber jetzt sind wir auf einem anderen Planeten, der von Chalox sehr weit entfernt ist …« Wenn diese bizarre Landschaft sich überhaupt auf Dylan befand … »Ist die Lady mit euch auf dem Schiff hierhergekommen? Und war sie eigentlich hier zu Hause?« Ich tastete mich vorsichtig weiter.
»Sie …« Oomark runzelte seine Stirn; offenbar hatte er sich darüber noch nie Gedanken gemacht. »Sie war dort, und Sie war hier. Und dies, wo wir jetzt sind, ist ihre Welt. Sie mag unsere Welt nicht. Sie hat schon seit langem versucht, Bartare zu sich zu holen, weil es so schwierig für sie war, Bartare zu besuchen. Aber ich weiß nicht, wo diese Welt ist!« Wieder war er den Tränen nahe.
»Laß nur, vielleicht ist das gar nicht so wichtig, Oomark.« Ich legte meinen Arm um ihn. »Wichtig ist, daß wir Bartare und die Lady finden und ihnen sagen, daß wir nach Hause müssen.«
Er nickte eifrig, nahm mich an der Hand und zog mich mit. Für mich gab es in dieser fremden Landschaft keine Straße, aber Oomark wußte offenbar, wohin wir gehen mußten. Dann und wann deutete er auf eine der grellfarbigen Formen und erklärte, es wäre ein Baum, ein Busch oder ein Stein. Für mich hatte sich jedoch nichts geändert. Die Schmerzen in meinem Fußgelenk wurden immer schlimmer, und schließlich mußte ich eine Ruhepause einlegen. Außerdem war ich hungrig und durstig. Ich setzte mich unter ein blaues Achteck, das eigentlich ein Busch war, wie Oomark mir mitteilte. Auch Oomark hatte inzwischen großen Hunger.
»Die Beeren dort von dem Busch schmecken sehr gut, Kilda, aber ich habe nicht viel davon
Weitere Kostenlose Bücher