Die Welt der grünen Lady
– es war sehr dunkel. Irgend etwas trieb mich fast zwanghaft vorwärts. Ich kroch auf dem Boden weiter, ich zog mich Zentimeter um Zentimeter voran, und immer noch ließ dieser Zwang mich nicht ruhen. Meine ausgestreckten Hände griffen plötzlich ins Nasse. Flüssigkeit plätscherte um meine Handgelenke. Wasser! Noch nie hatte es mich so nach Wasser gedürstet wie in diesem Augenblick. Ich zog mich noch ein Stück vorwärts und fiel mit dem Gesicht ins Wasser. Und dann trank ich und trank, als könnte ich nie genug bekommen. Ich erinnere mich nur, daß ich immer noch trank, als ich erneut in der Dunkelheit versank.
Ich erwachte aus einem so tiefen Schlaf, daß ich erst überhaupt nicht wußte, wo ich war. Erstaunt blickte ich mich um.
Die Sonne schien nicht. Ich blickte auf zu einem Himmel, der silbergrau war, mit kleinen Nebelwölkchen. Woher das Licht kam, konnte ich nicht entdecken.
Allmählich kehrte meine Erinnerung zurück, und ich wurde unruhig. Meine Augen taten nicht mehr weh. Und dann – das war ja eine ganz normale, natürliche Welt ohne grellfarbige geometrische Figuren! Ich lag neben einem kleinen Teich, in den sich ein Miniatur-Wasserfall ergoß. Ein kleiner Bach floß davon ab, gesäumt von Pflanzen mit großen schwertförmigen grünen Blättern und großen weißen Blüten, deren Spitzen silbern glitzerten. Etwas entfernt sah ich andere Büsche, schwer behangen mit weißen oder silbrigen Blumen. Das Grün der Blätter und das Weiß der Blüten waren jedoch die einzigen Farben außer dem silbrigen Grau der Felsen und des Himmels, die ich entdecken konnte.
Ich schöpfte mit meinen Händen Wasser und trank. Und dann fiel mir alles wieder ein.
Oomark … Wo war Oomark? Befand ich mich wieder auf Dylan? Aber was war aus den Kindern geworden? Waren sie auch zurückgekehrt? Ich mußte sie finden – oder Hilfe suchen, um sie zu finden.
Als ich aufstand, fühlte ich mich seltsam leicht und erfrischt. Ich empfand keinen Schmerz mehr, keine Müdigkeit. Hunger hatte ich auch nicht. Ich war nur ungeduldig.
»Oomark?« keine Antwort.
Als ich mich aufmerksam umsah, bemerkte ich auf dem Boden meine eigenen Spuren, die ich hinterlassen haben mußte, als ich zu dem Teich hinkroch. Ich folgte dieser Spur zurück, erst durch eine Lücke in der Mauer der Blumenbüsche, dann zwischen Bäumen hindurch. Von den Blumen ging ein starker Duft aus, und zwischen ihnen flatterten zartbeflügelte Geschöpfe.
Die Spuren endeten schließlich auf einem Platz, wo ich in dem weichen Boden weitere Fußspuren entdeckte – kleinere Abdrücke und große. Die großen Abdrücke waren merkwürdig formlos, so daß ich nicht erraten konnte, von welcher Art von Lebewesen sie stammen mochten – aber vermutlich gehörten sie Oomarks Verfolger. Auf jeden Fall wurde angesichts dieser Spuren meine Hoffnung zunichte gemacht, daß ich nach Dylan zurückversetzt worden war.
Ich folgte also diesen neuen Spuren durch einen Wald voller Blütenbäume. Schließlich lag der Wald hinter mir. Vor mir schien eine freie Fläche zu liegen, aber weit konnte ich nicht sehen, da mich der Nebel immer dichter einhüllte.
Ich hatte das Gefühl, daß ich beobachtet wurde, und dieses Gefühl wurde immer stärker. Zweimal blieb ich unvermittelt stehen und drehte mich rasch um. Obgleich ich hinter mir nichts Bewegliches entdecken konnte, hatte ich doch den Eindruck, daß irgend etwas dort gewesen war und sich schnell versteckt hatte.
Im weichen Waldboden war es viel leichter gewesen, die Spuren zu verfolgen als hier auf dem oft harten Untergrund. Einmal verlor ich die Spur ganz und gar und mußte zurückgehen und lange suchen, bis ich sie im niedergetretenen Gras wiederfand.
Die Spur machte eine scharfe Wendung nach rechts, und nach einer Weile kam ich auf eine Art Lichtung mit hohem Gras und einzelnen Felsblöcken. Schließlich wurde der Boden immer steiniger, und manche der Felsblöcke waren so groß wie Bäume. Und hier hörte ich wieder ein trostloses Schluchzen, das mir verriet, daß ich meinem Schützling nicht mehr fern war.
Hatte der Verfolger Oomark gefaßt? Von jetzt an schlich ich äußerst vorsichtig weiter, bis ich zu einer Stelle kam, von der aus ich einen kleinen Hang hinunterblicken konnte. Und dort, gerade noch im Nebel erkenntlich, waren jene, die ich suchte. Oomark stand zwischen zwei Steinblöcken eingekeilt, und es sah aus, als hätte er sich mühsam in diesen engen Zufluchtsort gezwängt. Er weinte bitterlich und machte mit seinen
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