Die Welt der Kelten
friedlich und gesund. Wo
Hilfe nötig schien, wurde sie von den weisen und uneigennützigen Druiden geleistet. |232| Dieses Bild gleicht sich insofern den politisch korrekten Bedürfnissen der Gegenwart an, als die Frau in der keltischen Gesellschaft
anscheinend eine respektierte und herausragende Rolle spielte. Die Kelten repräsentieren solcherart die bessere Seite der
europäischen Vergangenheit, in der sie als Verlierer des Krieges und der Politik zu Gewinnern der Träume und der Utopie werden.
|229| Keltische Musik
Musik spricht die Gefühle und Stimmungen ihrer Zuhörer besonders stark an und bietet ihnen die Möglichkeit, sich jenseits
von Sprache und historischer Situation mit dem Gehörten zu identifizieren. Darum trifft die keltische Musik offensichtlich
auf offene Ohren und boomt in den europäischen Ländern – und weit darüber hinaus.
Nach dem wenigen, was man von der Musik der frühgeschichtlichen Kelten weiß, stieß diese bei ihren Nachbarn auf keine Begeisterung.
Ihr typisches Instrument war die so genannte Karnyx, eine Kriegstrompete. Sie bestand aus einer langen Metallröhre, deren
Schallbecher in einen Tierrachen mündete, beispielsweise in der Form eines Eberkopfes.Obwohl man nicht mit Sicherheit sagen
kann, welche Töne die Kelten diesem Instrument zu entlocken wussten, so erzeugten sie doch auf mehreren einen Höllenlärm.
Deshalb trug die Karnyx mit ihrerTiergestalt und ihrer Lautstärke zweifelsohne zum erschreckenden Eindruck bei, den die keltischen
Heere unter ihren Feinden hervorriefen.
Ansonsten glaubt man, den Kelten des europäischen Festlands ein leierartiges |230| Saiteninstrument zusprechen zu können, das den Gesang der Barden begleitete, also Lieder über die Helden der Vergangenheit
und Gesänge zum Lob oder Spott der Zeitgenossen.
Die Inselkelten des Mittelalters schätzten die Harfe ganz außerordentlich, wovon in den irischen Heldenerzählungen so manches
zauberkräftige Instrument zeugt. Die älteste Harfe Irlands wurde traditionell König Brian Boru aus dem 11. Jahrhundert zugeschrieben,auch
wenn sie erst aus der Zeit um 1500 stammt.Trotzdem spricht sie für die Beliebtheit und Verehrung, die dieses Instrument in
Irland und anderen keltischen Ländern seit jeher genoss. Die als Dudelsack vornehmlich den Schotten zugeordnete Sackpfeife
ist unter den Inselkelten erst seit dem 16. Jahrhundert bezeugt.
Auf dieseTraditionen greift die moderne, sich als keltisch verstehende Musik zurück und bereichert sie in unterschiedlichem
Maße mit fremden und zeitgenössischen Elementen. In den sechziger Jahren erfuhr sie in der Folkmusik eine Wiederbelebung,
zu der dieAufnahme von Elementen aktueller Rockmusik beitrug.Für die keltischen Länder ist die Musik heute ein bedeutendes
Mittel zur Darstellung ihrer eigenen kulturellen Identität. Zu diesen Ländern zählen sich nicht nur Irland, |231| Schottland, Wales und die Bretagne (nebst Cornwall und der Insel Man), sondern auch die nordspanischen Regionen Galizien und
Asturien. Sie alle verfügen über eine mehr oder weniger reiche Musikszene keltischer Prägung, deren Künstler auf Tourneen
gehen und sich zu Wettbewerben und einer großen Zahl beliebter Festivals treffen.
Das alljährliche Interkeltische Festival im bretonischen Lorient bildet gleichsam den Höhepunkt dieser zahlreichen Aktivitäten.
Dort treffen sich jeweils im August Vertreter aus aller Kelten Länder und bietenTänze und Balladen im Konzert ihrer eigentümlichen
Musikinstrumente: der Harfen, der vielfältigen Sackpfeifen, der Flöten und Pfeifen, der mitTierhaut bespannten Rahmentrommeln,
der Fiedeln und Akkordeons, um nur einige zu nennen. Ihre Musik sehen sie als bedeutenden Bestandteil ihres gemeinsamen keltischen
Erbes, in dem jedes Land seine Wurzeln sucht. Darüber hinaus bedienen sich zahlreiche Solisten und Bands derartiger keltischer
Motive und Elemente.Weltweit sprechen sie mit ihrer keltisch gestylten Musik Menschen an, die sich an die Magie und Sehnsucht
der Länder am Rande Europas erinnert fühlen.
|232| Die wahren Grünen und ihr Baumkalender
In den Zeiten eines aufmerksamen »ökologischen Bewusstseins« greift man insbesondere in Fragen der natürlichen Umwelt und
der eigenen Gesundheit auf das vermeintliche Wissen der Kelten zurück. Denn ihnen und ihren Druiden wurden tief gehende Kenntnisse
der Naturgeheimnisse nachgesagt, wofür sinnbildlich die besondere Verehrung der Mistel steht.
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