Die Welt der Kelten
besiegt worden waren, verstreuten sie sich in alle Richtungen, und die Anführer versuchten sogar, ihre Teilnahme
an der Revolte zu vertuschen. Zwar legten nun etliche ihren Eid auf Vespasianus ab, doch immer noch blieb eine große Anzahl
auf Seiten der Aufständischen.
Mittlerweile war Petilius Cerialis nach Mainz gekommen, von wo er in drei Tagesmärschen nach Riol an die Mosel zog. Dieser
Platz wurde von Treverern gehalten, die ihn durch einen Graben und zusätzliche Steinbefestigungen gesichert hatten. Cerialis
ließ ihn von seinen Legionären und der Reiterei in einem Überraschungsangriff einnehmen. Anschließend zog er nach Trier, in
die Heimat des Classicus. Nur mit Mühe konnte er seine Truppen von der Plünderung und Zerstörung der Stadt abhalten. Als ihm
dies gelungen war, versuchte er, die ihm gegenüberstehenden Treverer und Lingonen durch eine Ansprache zur Aufgabe zu bewegen.
Sie sollten doch bedenken, dass unter ihnen stets Despotentum und Krieg geherrscht hätten, bis sie sich dem römischen Rechtsbereich
angeschlossen und die gleichberechtigte Teilnahme am römischen Staat gewonnen hätten. Aber mit diesen Worten konnte der römische
Oberbefehlshaber die Gallier nicht überzeugen. Civilis und Classicus waren noch nicht geschlagen, im Gegenteil: Sie versammelten
ihre Truppen in der Nähe und stellten sie zur Schlacht auf.
In der Mitte wurden die Ubier und Lingonen platziert, auf dem rechten Flügel die Bataver, links die germanischen Brukterer
und Tenkterer. Ein Teil stürmte über die Berge heran, der Rest griff ungestüm im Moseltal an. Im Sturm brachen die Gallier
und Germanen in das Lager der Legionen ein, schlugen die Reiter in die Flucht und besetzten die Moselbrücke bei Trier. Nach
Tacitus war es dem ruhigen Blut und der raschen Reaktion des Cerialis zuzuschreiben, dass die Brücke mit Mühe zurückerobert
werden konnte. Er rief die bereits fliehenden Truppen zurück und spornte sie an, den Feinden standzuhalten. Eine gewöhnliche
Schlachtordnung konnte es nicht mehr geben, denn man kämpfte schon längst mitten im römischen Lager. Classicus selbst feuerte
seinerseits Gallier und Germanen an.
Schließlich stoppte eine Legion den ungestümen Angriff und das Blatt wendete sich. Nun waren die Soldaten des Classicus und
Civilis auf der Flucht. Noch am gleichen Tag gelang es Cerialis, das feindliche Lager einzunehmen und zu zerstören. Doch noch
immer waren die germanischen |112| und gallischen Truppen nicht besiegt; Classicus konnte erneut eine römische Reitereinheit schlagen. Letztlich musste er dennoch
das Trevererland aufgeben und zog mit Civilis zum Niederrhein. Dort kam es bei Xanten zur Entscheidungsschlacht zwischen den
Germanen und Römern, an der die Gallier kaum beteiligt waren. Sie endete mit dem Sieg des Cerialis und seiner kaisertreuen
Truppen, womit der gesamte Aufstand der Bataver und ihrer Verbündeten zusammenbrach.
Was die gallische Beteiligung daran angeht, so scheint der einzige Gewährsmann Tacitus auf alte Barbarenklischees zurückgegriffen
zu haben, die wenig mit den tatsächlichen Ereignissen zu tun hatten. Denn innerhalb Galliens blieb Julius Classicus mit seinen
Verbündeten erstaunlich isoliert und wirkungslos. Eine Aufstandswelle, die der des Jahres 52 vor Chr. mit ihrem Anführer Vercingetorix
vergleichbar gewesen wäre, blieb aus. Zudem ist fraglich, ob sich der Treverer überhaupt als keltischer Separatist sah, der
die Trennung vom Römischen Reich anstrebte. Fast 120 Jahre waren seit der Niederlage von Alesia vergangen, die – wie dargelegt
– aus Gallien ein romanisiertes Gebiet gemacht hatten. Wahrscheinlich strebte Classicus, der Treverer mit dem römischen Namen
und den Offizierswürden des Imperiums, ein gallisches Sonderreich an, mit dessen Hilfe er beim Machtpoker am Tiber kräftig
mitmischen wollte. Doch selbst damit war ihm kein Erfolg beschieden, weil sich ihm die überwiegende Mehrzahl der Gallier verwehrte
– zum Teil sogar mit Waffengewalt.
In den folgenden zwei Jahrhunderten durchlebte Gallien eine lange Friedenszeit, in der es kaum innere Unruhen oder germanische
Angriffe gab. Anschließend erwuchsen Probleme aus der Instabilität des gesamten Reiches, die um 260 zur Begründung eines gallisches
Teilreiches führten. Dessen Zugehörigkeit zum Imperium Romanum wurde allerdings nie bestritten. Wenige Jahrzehnte später formierte
sich die Bewegung der so genannten Bagauden, was
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