Die Welt der Kelten
bald die
Historia Regum Britanniae
,
Die Geschichte der Könige Britanniens
, die fleißige Schreiber immer wieder kopierten. Geoffrey erzählt darin die fast zwei Jahrtausende währende Geschichte der
Herrscher Britanniens bis zum endgültigen Sieg der aus Germanien eindringenden Angelsachsen: Zuvor jedoch leistete der alles
überragende König Arthur erfolgreich Widerstand; er besiegte die Angelsachsen in vielen Schlachten und vertrieb sie sogar
während seiner Herrschaftszeit aus Britannien. Als heldenhafte Lichtgestalt zog er gemäß Geoffreys Ausführungen in die Schlacht:
mit einem prächtigen Panzer, auf dem Kopf einen goldenen Helm tragend, den eine Drachenfigur zierte, bewaffnet mit Schwert,
Lanze und Schild, auf den ein Bild der Gottesmutter Maria gemalt war. Denn Arthurs Kampf gegen die Invasoren wurde nicht nur
als Landesverteidigung gesehen, sondern auch als Auseinandersetzung der christlichen Britannier mit den heidnischen Sachsen.
Nachdem diese von der Insel vertrieben worden waren, unternahm der König viele Feldzüge, auf denen er Irland, Norwegen und
Gallien eroberte. |151| Schließlich übertraf Britannien alle übrigen Reiche und galt als Vorbild an Reichtum, ritterlicher Tapferkeit, Mode und höfischen
Sitten. Seine Macht war so groß, dass Arthur sich den Ansprüchen des Römischen Reiches verweigerte und mit seinem Heer gegen
Rom marschierte. Von dessen Einnahme hielt ihn der Verrat Mordreds ab, von dem auch Sir Thomas Malory erzählt. Bereits Geoffrey
schildert die Schlacht und den Tod des Verräters sowie die Entrückung Arthurs auf die Insel Avalon.
Obwohl er für dieses Ereignis die Jahreszahl 542 nach Chr. nennt, ist seine
Geschichte der Könige Britanniens
keine wissenschaftlich korrekte Darstellung. Wie andere mittelalterliche Geschichtsschreiber vermischte der gelehrte Waliser
fabelhafte Erzählungen wie die von der trojanischen Abstammung der Britannier mit Legenden und volkstümlichen Überlieferungen.
Außerdem kannte er keine Skrupel, die Geschichten mit Figuren und Motiven zu verbinden, die letztlich seiner eigenen Fantasie
entsprangen. Geoffrey wollte mit seiner
Historia
die normannischen Herrscher verherrlichen, die auf Englands Thron saßen, seitdem ihn ihr Ahn Wilhelm der Eroberer 1066 von
den angelsächsischen Königen erobert hatte. Deshalb hegten viele der keltischstämmigen Waliser und Bretonen Sympathien für
die Normannen. Zu ihnen zählte Geoffrey von Monmouth, der ein Werk für sie schrieb, das schließlich selbst Geschichte machte.
Die geheimnisvollen Bücher der Kelten
Bei aller fantasievollen Ausschmückung gehörte es sich für einen Gelehrten jedoch auch, dass er auf seine Vorlagen verwies
und damit an ältere Werke anknüpfte. Geoffrey griff nach eigenem Bekunden auf britische Geschichtsschreiber zurück, deren
lateinische Werke einige wenige Angaben zu König Arthur machten. Insbesondere wollte er jedoch seine Quellen aus einem sehr
alten Buch bezogen haben, das in britischer Sprache geschrieben worden war. Obwohl dieses geheimnisvolle Werk niemals gefunden
wurde, besteht kein Grund, an Geoffreys Worten zu zweifeln. Denn noch zu seinen Lebzeiten bestanden in Wales von England unabhängige
Herrschaften, in denen wie in anderen Landesteilen »Britisch« gesprochen und geschrieben wurde – worunter die keltische Landessprache
Kymrisch zu verstehen war.
In den schwer zugänglichen Gebirgen und Wäldern von Wales hatten die romanisierten und christianisierten Kelten vor den seit
dem 6. Jahrhundert vordringenden Angelsachsen eine Zuflucht gefunden – eine Heimat, die sie erfolgreich verteidigten. Dort
schufen ihre Dichter, die Barden, keltische Poesie, und dort erzählte sich das Volk alte Geschichten |152| und Legenden. Auch wenn sie gläubige Christen geworden waren, pflegten sie nach wie vor ihre Traditionen, die oft Märchenhaftes
und Reste heidnischer Mythen bewahrten. In der fantastischen Welt walisischer Dichtungen und Sagen taucht auch König Arthur
auf, doch hat er mit Geoffreys britischem König oder dem höfisch-ritterlichen Herrscher Sir Thomas Malorys wenig gemeinsam.
Nach der kymrischen Überlieferung zog er mit seinen Kriegern durch eine märchenhaft-mythische Welt, in der er gegen Riesen,
Hexen und Werwölfe kämpfte und über das Meer zu einer Burg segelte, die offensichtlich in der berühmten Anderen Welt lag.
Deren übernatürliche Bewohner konnten den keltischen Sagen-Arthur nicht davon
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