Die Welt in mir (German Edition)
offenbar ausdrücken wollte, dass es keine große Sache war, empfand
ich es anders. Ich ergriff über dem Tisch seine Hand. „Josh, das ist toll. So
etwas Großartiges hat noch nie jemand für mich gemacht.“
„Freut mich, dass es dir
gefällt!“, bekam ich als Antwort und er schenkte mir ein weiteres Mal sein
Lächeln.
Das Essen war lecker. Auch die
Stimmung zwischen mir und Josh war gut. Denn hier musste ich mich nicht fragen,
was es zu bedeuten hatte und ob es wirklich ein Date war. Ich kannte die
Antwort. Immer wieder ergriff Josh meine Hand und ich genoss seine Nähe und
seine Berührungen sehr. Ich war natürlich neugierig und nutzte die Gelegenheit
auch, um über seine Welt, die ich offenbar nie sehen würde, Fragen zu stellen.
Ich wollte mehr von ihm wissen und hatte das Gefühl, ihn besser kennenzulernen,
wenn ich seine Welt kannte. Doch es gab auch etwas, was an mir nagte. Ganz tief
in meinem Unterbewusstsein stellte sich mir die Frage, was passierte, wenn die
Sache vorbei wäre. Würde Josh mit mir hierbleiben oder wäre die Sehnsucht nach
seiner Welt, seinem alten Leben, größer, als die Liebe zu mir.
„Vermisst du dein Zuhause?“,
wagte ich einen kleinen Vorstoß. Obwohl ich Angst vor der Antwort hatte, musste
ich es einfach wissen. Ich wollte nicht, dass meine noch leisen Sorgen zu einem
großen Brüllen in mir wurden und ich an nichts anderes denken konnte.
Mittlerweile hatte ich gelernt, dass unausgesprochene Dinge zu
Missverständnissen führen konnten, die es schafften, dein Leben in Trümmern zu
schlagen. Daher wollte ich diese Sache sofort aus dem Weg räumen, so groß meine
Furcht auch war.
„Meine Freunde fehlen mir
etwas, aber nicht meine Welt“, antwortete er mir und schaute mir dabei direkt
in die Augen.
Ich erkannte, dass seine Worte aufrichtig
waren und dass er mir damit zeigen wollte, dass er gerne bei mir war.
Allerdings sagte ich nichts, sondern quittierte es nur mit einem stummen
Nicken. Restlos waren meine Zweifel damit nicht besiegt.
Josh erkannte offensichtlich,
dass mich die Frage weiterhin beschäftigt und mein Lächeln eher gequält als
glücklich war. „Es gibt nichts, was mich von dir und aus dieser Welt vertreiben
könnte“, Josh drückte meine Hand.
„Aber kannst du dir wirklich
vorstellen, in dieser Welt zu leben, wo gut und böse vollkommen durcheinander
sind?“, hakte ich noch einmal nach. Ich hatte keine Zweifel mehr daran, dass er
wirklich bei mir bleiben wollte, aber ich wollte wissen, wie jemand sein
leichtes Leben in der guten Welt aufgeben konnte und ob jemand, der dort aufgewachsen
und gelebt hatte, es hier aushalten konnte.
„Tatsächlich gefällt mir diese
Welt gut. In der Zeit hier habe ich begriffen, dass sich gut und böse manchmal
sehr gut ergänzen. Ohne dich und das Leben hier hätte ich zum Beispiel Alex nie
kennengelernt. Zwar bin ich mit seinen Techniken nicht einverstanden, aber
irgendwie ist er auch ein guter Kerl. Durch ihn habe ich erkannt, dass jeder
sich auch ändern kann und aus böse manchmal gut wird. Dies finde ich sehr
spannend; nur in dieser Welt, kann ich es weiterhin beobachten. Ich habe schon
in meiner Welt des Öfteren als Vermittler zwischen beiden Seiten gearbeitet.
Aber hier ist die Konstellation anders, weil nicht grundsätzlich zwei Seiten
aufeinanderprallen. Ich könnte mir sogar vorstellen, etwas in die Richtung zu
machen, wenn die Zeit kommt, in der du sicher bist und ich damit arbeitslos“, meinte
Josh grinsend und auch ich muss sofort schmunzeln, denn mir war vollkommen
klar, dass Josh mich nicht verlassen würde, wenn ich sicher war. Seine
Anwesenheit war nicht mehr nur dem Auftrag geschuldet, sondern in erster Linie
seiner Liebe zu mir.
„Wolltest du schon immer für
einen Makler arbeiten“, fragte mich Josh und riss mich damit aus meinen
Gedanken.
„Nein, eigentlich wusste ich
nie, was ich machen sollte. Nach dem Abitur habe ich mich einfach für alles,
was ich mir vorstellen konnte, beworben, und auf diese Bewerbung habe ich eine
Antwort bekommen. Also habe ich den Job angenommen. Aber glücklich bin ich
dabei nicht. Ich habe es mir auch anders vorgestellt. Vor allem hatte ich keine
Ahnung wie ätzend mein Chef sein kann. Beim Vorstellungsgespräch wirkte er
deutlich netter. Leider weiß ich aber immer noch nicht, was ich machen möchte.
Daher bleibe ich dabei.“
Dies war die absolute Wahrheit.
Seit meiner Schulzeit wartete ich darauf, dass ich eine Eingebung bekam, was
aus mir beruflich werden
Weitere Kostenlose Bücher