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Die Welt ist eine Bandscheibe (German Edition)

Die Welt ist eine Bandscheibe (German Edition)

Titel: Die Welt ist eine Bandscheibe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Doyle
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immer Rücken.«
    »John, Liebster, das ist mir so was von egal. Du ahnst gar nicht, wie egal mir das ist. Dein Schnarchen tu ich mir jedenfalls nicht an. Ich hab Frühdienst.«
    »Marita, bitte, ich verspreche es:« – ein letzter Versuch, doch noch im viel bequemeren Ehebett schlafen zu dürfen –, »heute schnarche ich nicht!«
    Aber sie lacht nur hämisch und hebt mit der linken Hand die Kaffeetasse, während sie mit der rechten Hand eine Bewegung vor ihrem Gesicht macht, die entfernt an einen Autoscheibenwischer erinnert. Und weil gerade so gute Stimmung herrscht, mischt sich auch noch der junge Mann ein, dessen Geburtsurkunde angeblich belegt, dass ich sein Vater bin.
    »Mama, bitte nicht! Lass Dickie nicht im Wohnzimmer schlafen! Der röhrt wie ’n besoffener Elch. Das dringt bis in mein Zimmer, und ich hab morgen Mathe-Klausur!«
    »Jetzt übertreib mal nicht, mein Junge, so schlimm kann es ja wohl nicht sein«, werfe ich empört ein. Die Antwort meiner Mitbewohner ist nur ein Blick, ein gemeinsamer, durchdringender Blick. Ein Blick, der verrät, dass sie Mutter und Sohn sind und mich partiell für einen Volltrottel halten. Einen schnarchenden Volltrottel.
    Weil sich solche Gespräche in letzter Zeit ständig wiederholten, auch noch garniert mit Sätzen wie: »John, mach das Fenster zu – du störst die Nachbarn!«, oder: »Papa, wenn dich die von ›Robin Wood‹ hören, zeigen sie dich wegen Zerstörung des Regenwalds an«, und auch weil mein Sohn meine Schnarchgeräusche zur Belustigung seiner Freunde und dem Rest der Welt ins Internet gestellt hatte, habe ich mich entschlossen, ebenso entschlossen zu handeln:

    Ich kürze sein Taschengeld bis auf nahezu null.
Ich kaufe ein zweites Bett.
Ich gehe zu meinem Hausarzt Dr. Schäfer.

    Da »Taschengeldkürzen« unangenehme Konsequenzen haben könnte (wer bringt dann den Müll runter?) und für ein zweites Bett kein Platz in unserer Wohnung ist, begann ich mit Punkt 3 auf meiner Liste, dem Arztbesuch. Arzt besuchen kann ich sowieso am besten.
    Meine Wahl fiel auf Dr. Schäfer, einen meiner Lieblingshausärzte. Der ist nämlich nicht nur Allgemeinmediziner, also zuständig für circa 90 Prozent meiner Gebrechen – inklusive der eingebildeten –, sondern auch Schlafmediziner, ein Somnologe (geiles Wort, hört sich irgendwie an wie ausgedacht). Aufgrund dieser Zusatzqualifikation geht er ohnehin davon aus, dass alle Krankheiten mit einem gestörten Schlaf zu tun haben, und Schnarchen ist definitiv eine solche Störung. Dr. Schäfer war entsprechend glücklich, dass ich ihm diesmal nichts von Nacken-, Bandscheiben- oder sonstigen Beschwerden erzählte, sondern von meinem Schnarchen berichtete.
    »Ich merke es ja selbst nicht wirklich, aber meine Frau sagt, dass mein Schnarchen immer schlimmer wird, und deshalb bin ich …« Ich konnte den Satz nicht beenden, weil mich der Schlafmediziner freudestrahlend unterbrach.
    »Falsch, Herr Doyle, ganz falsch!«
    »Was?«, fragte ich ein wenig genervt, weil ich diesen Satz sonst nur von meiner Frau höre. »Was ist ganz
falsch?
Ich hab doch noch gar nichts gesagt!«
    »Doch, haben Sie. Sie haben gesagt: ›Ich merke es ja selbst nicht wirklich!‹ Das ist falsch. Sie merken es: Schnarchen ist die Ursache für alle möglichen Krankheiten. Es geht dabei gar nicht so sehr ums Schnarchen an sich, sondern um die Schlaf-Apnoe, also den Atemstillstand in der Nacht.«
    »Atemstillstand? Ich habe keinen Atemstillstand! Wenn ich einen Atemstillstand hätte, wäre ich jetzt tot – und meine Frau könnte durchschlafen.«
    Ich hatte den Doktor an einem wunden Punkt erwischt, denn jetzt legte er erst richtig los, der alte Somnologe: Es gehe da gar »nicht um einen dauerhaften Atemstillstand«, sondern »nur um kurze Aussetzer« (bei »nur« zeichnete er mit Zeige- und Mittelfingern kleine Anführungszeichen in die Luft). Ich würde gar nicht merken, wenn »der Atem mal für dreißig Sekunden« oder so aussetze, aber mein Körper merke es. Der gerate nämlich unter Stress, der Blutdruck steige und die Folge sei ein unruhiger Schlaf, der nicht das bringe, was er bringen sollte: nämlich Erholung.
    »Woher wollen Sie denn wissen, dass ich eine Schlafap… dingsda habe?«
    »Wissen, lieber Herr Doyle, wissen tue ich gar nichts. Ich bin Arzt. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass Sie an einer
Schlafapnoe
leiden, ist nicht gering. Insbesondere bei älteren Männern erschlaffen die Muskeln hinten im Gaumen, und wenn sie dann im Bett liegen,

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