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Die Welt ist eine Bandscheibe (German Edition)

Die Welt ist eine Bandscheibe (German Edition)

Titel: Die Welt ist eine Bandscheibe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Doyle
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Körper. Besonders Letztere können höllische Schmerzen verursachen, zumindest wenn es sich um große Füße handelt. Wie bei meiner ersten TCM -Massage: Die Frau, die mich massierte, war gnadenlos. Zuerst bearbeitete sie meine Schultern. Dann noch ein wenig fester die Gegend rund um meine Wirbelsäule. Kurzzeitig dachte ich, ich hätte der Dame vielleicht aus Versehen mal ein Unrecht angetan, vielleicht in einem früheren Leben. Vielleicht war ich vor 900 Jahren ein mongolischer Krieger im Gefolge von Dschingis Khan und habe die Familie der massierenden Chinesin massakriert. Weil die Dame aber durchweg freundlich lächelte, verwarf ich diesen Gedanken wieder. Sie lächelte auch noch, als sie über meinen Rücken wanderte. Offenbar fand sie, dass es Zeit war für einen ausgedehnten Spaziergang auf dem Rücken eines großen Amerikaners. Noch ein Gedanke schoss mir durch den Kopf: Vielleicht ist das hier eine ideologische Auseinandersetzung: Der imperialistische US -Amerikaner liegt hilflos auf dem Bauch, während die kommunistische Massage-Funktionärin ihn platt trampelt.
    Aber ihr Gesicht verriet keinen Hass auf mich – auf einen Vertreter der anmaßenden, selbsternannten Weltpolizei. Ich musste mich an den Gedanken gewöhnen, dass das hier tatsächlich Massage war. Verdammter Mist, warum geriet ich ausgerechnet an eine Chinesin mit großen Füßen? Wahrscheinlich war die Dame die einzige Großfüßige unter 1 , 2 Milliarden Kleinfüßlern.
    Alles tat mir weh. Das einzig Gute war: Ich hatte vergessen, was mir
vor
der Massage weh getan hatte. Und gerade, als ich dachte, sie hätte das Ziel ihrer Wanderungen erreicht, ging es von neuem los. Dann konnte ich mich nicht mehr zurückhalten.
    » AUA ! Aua! Tut das weh! Muss das sein?«
    »Wenn nicht weh tut, nicht gut!«, lächelte mich die wandernde Weisheit Asiens an und marschierte weiter. Zwanzigmal in einer Stunde wiederholte ich die Frage, und zwanzigmal antwortete sie: »Wenn nicht weh tut, nicht gut.« Beim einundzwanzigsten Mal übernahm ich plötzlich ihren Slang, völlig unbewusst.
    »Wenn zu viel weh tut, nicht gut.«
    »Aber wenn nicht weh tut, auch nicht gut.«
    Na super! Jetzt hatte ich nicht nur Schmerzen an Körperteilen, die mir bis dato völlig unbekannt waren. Nun wurde mein ohnehin schlechtes Deutsch noch schlechter. Bevor ich jedoch weiterjammern konnte, überraschte sie mich mit einer neuen Redewendung: »Rücken verspannt. Sie haben viel Wut.«
    Sie konnte nicht nur gut wandern, sie konnte anscheinend auch Stimmungen gut deuten. Und so ging es weiter, 60 Minuten lang. Dann endlich war es vorbei.
    »So, zwei Minuten jetzt Augen zuhalten. Ausruhen. Hat weh getan?«
    »Ja!«
    »Gut. Wenn weh tun, tut gut.«
    Thai-Massage
    Thai-Massage ist Chinesische Massage für Weicheier, oder wie der Pubertierende sagt: »Massagen für Missis!«
    Egal. Die Hauptsache ist: Nach einer Thai-Massage kann man einfach wieder aufstehen und ohne fremde Hilfe nach Hause gehen. Was die Thai-Massage relativ schmerzfrei macht, ist Öl. Literweise Öl. So viel Öl, dass man automatisch denkt: Ein wenig Essig dazu wäre auch nicht schlecht.
    Nein, so was denkt
man
nicht. So was denke nur
ich.
Ansonsten ähnelt die Thai-Massage schon der Chinesischen Massage, denn auch der Thai versucht Druckpunkte zu setzen, um anschließend mit allen zur Verfügung stehenden Gliedmaßen auf diesen Punkten herumzudrücken. Das klappt allerdings nie, weil die Thai-Masseure durch das viele Öl dauernd abrutschen. Für den Massierten ein angenehmer Effekt, weil dadurch weniger Schmerzen verursacht werden. Und so bin ich zum Liebhaber der Thai-Massage geworden. Sobald ich den Massage-Salon betrete, betrete ich eine andere Welt. Es sieht hier anders aus und riecht auch anders. Überall duften Räucherstäbchen, und das Licht von Dutzenden von Kerzen verbreitet eine angenehm entspannte Atmosphäre. Beim ersten Mal dachte ich, nein, hoffte ich, dass Thai-Massage auch etwas mit dem zu tun hatte, was man sonst auf RTL 2 nach 22 Uhr sieht, aber dem ist nicht so. Es gibt keine leichtbekleideten Thai-Frauen, stattdessen mindestens 20 freundliche, schlanke Buddhas und eine züchtig angezogene Dame, die einem einen aromatischen Tee reicht. Dazu spielt jemand im Hintergrund Blockflöte, und irgendwo plätschert ein sanfter Wasserfall. Dann wird man in ein Kämmerchen geführt und auf ein Futon-Bett gelegt. Keine Krankenhausliege wie beim Physiotherapeuten, keine Liege mit Loch für den Kopf wie bei der TCM

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