Die Welt ohne uns
Ihre Verwendung wird natürlich mit dem Ende aller menschlichen Aktivitäten enden, doch die Schäden, die wir dem Himmel zugefügt haben, könnten sehr viel länger nachwirken. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt können wir allenfalls hoffen, dass der Schaden – ein Loch über dem Südpol und die Ausdünnung der Ozonschicht überall sonst – 2060 behoben sein wird, nachdem die Schadstoffe abgebaut sind. Das setzt voraus, dass wir sie durch sichere Stoffe ersetzt und Wege und Mittel gefunden haben, uns der Vorräte zu entledigen, die noch nicht zum Himmel aufgestiegen sind. Allerdings erweist sich die Zerstörung von Stoffen, deren Unzerstörbarkeit einmal oberstes Entwicklungsziel gewesen war, als reichlich kostspieliges Unterfangen, das auf komplizierte, energieintensive Geräte wie etwa Argonplasmabögen und Drehrohröfen angewiesen ist – verfahrenstechnische Geräte, die in großen Teilen der Welt nur schwer zu beschaffen sind.
Infolgedessen werden vor allem in Entwicklungsländern noch Millionen von Tonnen FCKWs verwendet, zirkulieren in veralteten Geräten oder werden in Reserve gehalten. Wenn wir verschwunden sind, werden die Millionen Automobilklimaanlagen, die privaten und gewerblichen Kühlschränke, die Kühl-Lkws und Kühlwaggons, die Klimaanlagen in Privathäusern und gewerblichen Gebäuden irgendwann kaputtgehen und ihre FCKWs freisetzen.
Sie werden in die Stratosphäre aufsteigen und dafür sorgen, dass die rekonvaleszente Ozonschicht einen Rückfall erleidet. Da jedoch nicht alle FCKWs gleichzeitig freigesetzt werden, könnte die Krankheit mit einigem Glück chronisch und nicht letal verlaufen. Sonst wird die Evolution die uns überlebenden Pflanzen und Tiere nach ihrer UV-Toleranz selektieren müssen oder sie zwingen, sich mittels glücklicher Mutationen einen Weg durch das Sperrfeuer elektromagnetischer Strahlung zu bahnen.
Taktisches und Praktisches
Uran-235, mit einer Halbwertszeit von 704 Millionen Jahren, macht einen relativ unbedeutenden Bruchteil – knapp 0,7 Prozent – des natürlichen Uranerzes aus, doch wir Menschen haben mehrere Tausend Tonnen davon für die Verwendung in Reaktoren und Bomben konzentriert (»angereichert«). Dazu muss man es aus Uranerz extrahieren, gewöhnlich, indem man es in eine Gasverbindung verwandelt, und dann in einer Zentrifuge schleudern, um die verschiedenen Atomgewichte zu trennen. Zurückbleibt weit weniger aktives (»abgereichertes«) U-238, dessen Halbwertszeit bei viereinhalb Milliarden Jahren liegt: Allein in den Vereinigten Staaten lagern mindestens eine halbe Million Tonnen davon.
Ein Verwendungszweck, den wir für U-238 gefunden haben, hat mit dem Umstand zu tun, dass es sich um ein ungewöhnlich dichtes Metall handelt. Seit einigen Jahrzehnten legiert man Stahl damit und fertigt daraus Geschosse von erhöhter Durchschlagskraft, die sogar Panzer zerstören können.
Bei solchen Mengen abgereicherten Urans, das nutzlos herumliegt, kommt diese Lösung die amerikanischen und europäischen Militärs viel billiger als der Kauf der nichtradioaktiven Alternative – Wolfram –, das vor allem in China gefunden wird. Projektile mit Kernen aus abgereichertem Uran reichen von 25 Millimeter langen kleinkalibrigen Geschossen bis zu 900 Millimeter langen, 120 Millimeter dicken Pfeilen mit eigenen Treibmitteln und Leitwerksflügeln. Deren Einsatz löst empörte Diskussionen über die gesundheitlichen Folgen aus – für die Schießenden wie für die Beschossenen. Da sich Urangranaten beim Aufschlag entzünden, hinterlassen sie nur Asche. Abgereichert oder nicht, in den Geschosskernen befindet sich genügend konzentriertes U-238, um den normalen Strahlungshintergrund um das Tausendfache zu übertreffen. Nachdem wir verschwunden sind, graben nach uns kommende Archäologen vielleicht Arsenale mit mehreren Millionen dieser superdichten, modernen Versionen der Clovis-Spitzen aus. Sie werden nicht nur erheblich schrecklicher aussehen, sondern – möglicherweise ohne dass ihre Entdecker es ahnen – länger strahlen, als der Planet existieren wird.
Doch unter den Dingen, die uns überdauern werden, gibt es noch weit radioaktivere Stoffe als abgereichertes Uran – egal ob wir morgen verschwinden oder erst in 250000 Jahren. Das Problem ist so gewaltig, dass erwogen wird, ganze Gebirgsstöcke auszuhöhlen, um sie zu entsorgen. Bislang gibt es in den Vereinigten Staaten nur eine einzige solche Einrichtung – in 600 Metern Tiefe in einem Salzstock im Südosten New
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