Die Welt ohne uns
Vorstellung hatte, am ehesten verständlich seien. (Jahre später half Lomberg auch beim Entwurf der Warnhinweise, die in der WIPP in New Mexico auf die unterirdischen Gefahren radioaktiven Materials aufmerksam machen sollten.) Die Platte enthielt in 54 Sprachen aufgezeichnete Grußworte, außerdem die Stimmen von Dutzenden anderen Erdbewohnern, von Spatzen bis zu Walen, und das Geräusch von Herzschlag, Brandung, einem Presslufthammer, knisterndem Feuer, Donner und den Kuss einer Mutter.
Zu den Abbildungen gehörten Diagramme der DNS und des Sonnensystems, Fotografien von Landschaften, Gebäuden, kleinen und großen Städten, stillenden Frauen, jagenden Männern, Kindern, die einen Globus betrachten, Sportlern in Wettkämpfen und essenden Menschen. Da die Finder möglicherweise nicht in der Lage sind, in einem Foto mehr als abstrakte Schnörkel zu erkennen, zeichnete Lomberg zusätzlich noch einige Silhouetten ein, um Gestalten und Hintergründe deutlicher unterscheidbar zu machen. Zu dem Porträt einer fünf Generationen umfassenden Familie zeichnete er die Silhouetten der einzelnen Personen nach und fügte Anmerkungen hinzu, die Aufschluss gaben über ihre relativen Größen, Gewichte und Lebensjahre. Bei einem Menschenpaar machte er in der Frauensilhouette die Gebärmutter transparent, damit der darin wachsende Fötus sichtbar wurde – in der Hoffnung, dass die Idee eines Künstlers auch Zeit und Raum überwinden könnte, um sich mit der Vorstellungskraft eines unbekannten Betrachters zu verbinden.
»Meine Aufgabe bestand nicht nur darin, alle diese Bilder zu finden, sondern auch sie so anzuordnen, dass sie aneinandergereiht informativer waren als die Summe der einzelnen Bilder«, erinnert er sich heute in seinem Haus auf Hawaii unweit des Vulkans Mauna Kea und dessen Sternwarte. So begann er mit Dingen, die ein kosmischer Reisender am ehesten erkennen könnte: Planeten, vom Weltraum aus gesehen, die Spektren von Sternen, Bilder auf einer evolutionären Zeitleiste, von geologischen Zeitaltern über die Biosphäre bis zur menschlichen Kultur.
Ähnlich arrangierte er die Geräusche und Laute. Obwohl Maler, war er der Ansicht, dass Musik bessere Aussichten als Bilder hätte, ein außerirdisches Gemüt zu erreichen: Einerseits, weil sich Rhythmus in der Physik manifestiert, aber auch, weil sie für ihn »von der Natur abgesehen, das sicherste Mittel ist, mit dem in Kontakt zu kommen, was wir Geist nennen«.
Die Platte enthält sechsundzwanzig ausgewählte Beispiele, unter anderem die Musik von Pygmäen, Navajo-Indianern, aserbaidschanischen Sackpfeifern, Mariachi-Kapellen, Chuck Berry, Bach und Louis Armstrong. Lombergs Lieblingsbeispiel war die Arie der Königin der Nacht aus Mozarts »Zauberflöte«. Darin demonstriert die Sopranistin Edda Moser, begleitet vom Orchester der Bayerischen Staatsoper, die oberste Grenze der menschlichen Stimme, indem sie den höchsten Ton des üblichen Opernrepertoires singt, das hohe F.
Lomberg und Timothy Ferris, Produzent der Platte und ehemaliger Redakteur der Zeitschrift Rolling Stone, setzten durch, dass die Arie berücksichtigt wurde. Sie zitierten Kierkegaard, der einmal schrieb: »Mozart gesellt sich jener kleinen, unsterblichen Schar hinzu, deren Namen, deren Werke die Zeit nicht vergessen wird, da die Ewigkeit ihrer gedenkt.« Lomberg und Ferris waren stolz, dass sie mit Voyager ein bisschen zur Erfüllung dieser Prophezeiung beitragen konnten.
Die beiden Voyager-Sonden wurden im September 1977 in den Weltraum geschossen. Beide passierten Anfang 1979 Jupiter und erreichten zwei Jahre später Saturn. Nach seiner sensationellen Entdeckung aktiver Vulkane auf dem Jupitermond Io tauchte Voyager 1 unter Saturns Südpol ab und gewährte uns einen ersten Blick auf dessen Mond Titan, der ihn aus der elliptischen Ebene des Sonnensystems hinaus und an Pioneer 10 vorbei in den interstellaren Raum schleuderte. Heute ist er weiter von der Erde entfernt als irgendein anderes Objekt von Menschenhand. Voyager 2 machte sich eine seltene planetarische Konstellation zunutze, um Uranus und Neptun zu besuchen, und lässt jetzt ebenfalls das Sonnensystem hinter sich.
Lomberg beobachtete den Start der ersten Voyager- Sonde mit der vergoldeten Hülle der Platte, die seine Diagramme über den Heimatplaneten des Raumfahrzeugs und über die Verwendung der Platte enthielt – Zeichen, von denen Sagan und Drake hofften, dass eine fremde Intelligenz sie entziffern könne, obwohl wenig Hoffnung
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