Die Welt ohne uns
Ricky und ihre Nachbarn enthält, über die Oberund Untergrenze der Milchstraße hinaus in den intergalaktischen Raum expandieren wird.
Vor ihr liegen Milliarden anderer Galaxien, über Entfernungen, die wir zwar quantifizieren, aber nicht wirklich begreifen können. Wenn I Love Lucy sie dann wirklich erreicht, steht es im wahrsten Sinn des Wortes in den Sternen, ob irgendetwas dort draußen in der Lage sein wird, sich einen Reim darauf zu machen. Ferne Galaxien bewegen sich, von uns aus gesehen, voneinander fort, und je weiter sie entfernt sind, desto schneller bewegen sie sich – eine Besonderheit des Universums, die mit der Struktur des Raumes zu tun zu haben scheint. Je weiter die Radiowellen sich ausbreiten, desto schwächer werden sie und desto länger erscheinen sie. An den Rändern des Universums, gegenwärtig mehr als zehn Milliarden Lichtjahre entfernt, würde das Licht unserer Galaxie bei irgendeiner superintelligenten Lebensform den Anschein erwecken, als sei es zum roten Ende des Spektrums verschoben, dorthin, wo die Wellenlängen am größten sind.
Unterwegs verzerren massereiche Galaxien die Radiowellen auch weiterhin. Im Übrigen geraten diese Wellen auch in immer stärkere Konkurrenz zum Hintergrundgeräusch des Urknalls, dem Beginn unseres Universums, der etwa 13,7 Milliarden Jahre zurückliegt. Wie Lucys Fernsehklamauk hat sich dieser Laut seither mit Lichtgeschwindigkeit ausgebreitet und durchdringt jetzt alles. Irgendwann werden Lucys Radiosignale noch schwächer als das kosmische Hintergrundrauschen.
Doch wie zerstückelt auch immer, Lucy wäre da, sogar verstärkt durch die weit robusteren Ausstrahlungen der Wiederholungen in UHF-Wellen, ultrahochfrequenten Mikrowellen. Wie Lichtwellen expandieren auch Radiowellen endlos. So weit unser Universum und unser Wissen reicht, sind sie unsterblich und sie tragen die Bilder unserer Welt, unserer Zeit und unserer Erinnerung in sich.
Da die Voyager- und Pioneer-Sonden allmählich zu Sternenstaub erodieren, werden unsere Radiowellen, welche die Töne und Bilder eines guten Jahrhunderts menschlicher Existenz aufbewahren, am Ende alles sein, was von uns im Universum zurückbleibt. Das ist selbst nach menschlichen Begriffen kaum mehr als ein Augenblick, aber ein bemerkenswert ereignisreicher – sogar ein erschütternder. Wer immer am Rande von Zeit und Raum unsere Botschaften empfängt, wird einiges zu hören bekommen. Er wird Lucy vielleicht nicht verstehen, aber er wird uns lachen hören.
19 Ewige Wiege Ozean
Die Haie hier haben noch nie zuvor Menschen gesehen. Und kaum einer der Menschen, die sie beobachten, hat jemals so viele Haie gesehen.
Vom Mondlicht abgesehen, haben die Haie auch die Äquatornacht noch nie anders als dunkel und undurchdringlich erlebt. Das gilt auch für die Aale, die anderthalb Meter langen Silberbändern mit Flossen und nadelspitzen Mäulern gleichen, als sie zum Stahlrumpf der White Holly emportauchen, angelockt von den bunten Lichtstrahlen, welche die Deckscheinwerfer in die nächtliche See bohren. Zu spät bemerken sie, dass hier unzählige gefräßige Riffhaie das Wasser zum Kochen bringen.
Ein böiger Wind kommt und geht und bläst einen warmen Regenvorhang über die Lagune, wo das Schiff ankert. Die Forscher stehen an der Reling der White Holly, fasziniert von den vielen tausend Kilo Biomasse der Haie, die unter Beweis stellen, dass sie zu Recht die Spitze der Nahrungspyramide einnehmen, indem sie die Aale mit solchem Elan schnappen, dass sie vom eigenen Schwung aus dem Wasser getragen werden. Während der letzten vier Tage sind diese Leute zwischen den geschmeidigen Räubern umhergeschwommen, haben sie und alle anderen Lebewesen im Wasser gezählt: von den wirbelnden Regenbogen der Riffbarsche bis hin zu den irisierenden Korallenwäldern; von riesigen Muscheln, die mit samtartigen, schillernden Algen überzogen sind, bis hin zu Mikroorganismen und Viren.
Dies ist das Kingman-Riff, einer der unzugänglichsten Flecken dieser Erde. Mit bloßem Auge ist es kaum zu erkennen: Eine Veränderung der Wasserfarbe von Kobaltblau zu Aquamarin ist der deutlichste Hinweis darauf, dass sich, 1000 Meilen südwestlich von Hawaii, in 15 Metern Tiefe ein neun Meilen langes, bumerangförmiges Korallenriff befindet. Bei Niedrigwasser erheben sich zwei kleine Inseln, entstanden aus den zertrümmerten Schalen der Riesenmuschel, knapp einen Meter über das Wasser.
Zwei Dutzend Wissenschaftler an Bord der White Holly und
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