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Die Welt ohne uns

Die Welt ohne uns

Titel: Die Welt ohne uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Weisman
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Nächstes kamen die chemischen Fabriken, dann die Gummifabriken des Zweiten Weltkriegs und nach dem Kriege schließlich die märchenhafte Erfolgsgeschichte der Kunststoffindustrie. Selbst als die texanische Ölproduktion nach ihrem Höhepunkt in den siebziger Jahren erheblich zurückging, sorgte Houstons umfangreiche Infrastruktur dafür, dass das Rohöl der Welt auch weiterhin hierher floss und raffiniert wurde.
    Die Tanker unter den Flaggen nahöstlicher Staaten, Mexikos und Venezuelas machen in einer Verbreiterung des Kanals an der Galveston Bay fest – in Texas City, einer Stadt mit rund 50000 Einwohnern, in der die Raffinerien eine ebenso große Fläche einnehmen wie die Wohn- und Geschäftsviertel. Neben den riesigen Raffinerien verlieren sich die Bungalows der Einwohner von Texas City, meist Schwarze und Latinos, in einem Stadtbild, das von der Geometrie der petrochemischen Werke beherrscht wird: Kreise, Kugeln und Zylinder – einige hoch und dünn, andere kurz und flach, wieder andere breit und rund. Es sind die hohen, die dazu neigen, in die Luft zu fliegen.
    Nicht alle, obwohl sie oft danach aussehen. Einige sind sogenannte Gaswäscher: Wenn diese Türme mit Wasser aus dem Brazos River Gasemissionen ablöschen oder heiße Feststoffe abkühlen, quellen weiße Dampfwolken aus ihren Schloten. Andere sind die Destilliertürme, in deren unterem Teil Rohöl erhitzt wird, um es zu destillieren. Die verschiedenen Kohlenwasserstoffe im Rohöl – von Teer über Benzin bis hin zu Erdgas – haben unterschiedliche Siedepunkte; wenn sie erwärmt werden, trennen und ordnen sie sich innerhalb der Säule an, wobei sich das Leichteste ganz oben befindet. Solange man die expandierenden Gase abzieht, um den Druck zu verringern, oder die Wärme rechtzeitig absenkt, ist das ein relativ ungefährlicher Prozess.
    Kitzliger sind da schon die Verfahren, bei denen andere chemische Stoffe hinzugegeben werden, um das Öl in etwas anderes zu verwandeln. In den katalytischen Cracktürmen etwa werden die schweren Kohlenwasserstoffe zusammen mit Aluminiumsilikatpulver als Katalysator auf rund 815 Grad Celsius erhitzt. Dadurch werden die langen Polymerketten buchstäblich in kleinere, leichtere Ketten, Propan etwa oder Benzin, zerbrochen (englisch to crack). Wenn man während dieses Prozesses Wasserstoff einspritzt, kann man Flugzeugbenzin (Kerosin) oder Diesel erhalten. Alle diese Stoffe sind hochexplosiv, besonders wenn hohe Temperaturen und Wasserstoff beteiligt sind.
    Die Isomerisation, ein verwandtes Verfahren, verwendet einen Platinkatalysator und noch größere Wärme, um die Klopffestigkeit – die Oktanzahl – von Treibstoffen zu erhöhen oder um Hilfsstoffe für die Kunststoffproduktion herzustellen. Die Isomerisation kann ein hoch flüchtiger Prozess sein. Diese Cracktürme und Isomerisationsanlagen verfügen über Brenner. Wenn ein Prozess außer Kontrolle zu geraten droht oder die Temperatur zu sehr ansteigt, wird der Druck durch Abfackeln reduziert. Ein Sicherheitsventil schickt den Stoff, der den Überdruck erzeugt, das Fackelrohr hinauf und veranlasst die Entzündung. Manchmal wird Wasserdampf injiziert, damit die betreffende Substanz rauchlos verbrennt.
    Wenn Funktionsstörungen auftreten, können die Folgen leider spektakulär sein. 1998 setzte ein Werk eine Wolke mit verschiedenen Benzolisomeren und Salzsäure frei, woraufhin Hunderte von Menschen in Krankenhäusern behandelt werden mussten. Vier Jahre zuvor waren 1400 Kilogramm Ammoniak entwichen, was dem Unternehmen 9000 Klagen wegen Körperverletzung eintrug. Im März 2005 schoss aus einer der Isomerisationsanlagen einer anderen Ölfirma ein Geysir von Kohlenwasserstoffen empor. Als er mit der Luft in Berührung kam, entzündete er sich und tötete fünfzehn Menschen. Im Juli desselben Jahres explodierte im selben Werk ein Wasserstoffrohr; im August legte austretendes Gas, das nach faulen Eiern stank, was auf giftigen Schwefelwasserstoff schließen ließ, eine Zeitlang große Teile der Anlagen lahm. Tage später ließ eine Explosion bei einem Kunststoffhersteller, 24 Kilometer südlich am Chocolate Bayou, die Flammen fünfzehn Meter hoch schießen. Der Brand konnte nicht gelöscht werden. Er hielt drei Tage lang an.
     
    Die älteste Raffinerie in Texas City, die 1908 von einer in Virginia ansässigen landwirtschaftlichen Genossenschaft gegründet wurde, um sich Treibstoff für ihre Traktoren zu besorgen, gehört heute der Valero Energy Corporation. In ihrem

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