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Die Weltenspieler - Insignia I: Roman (German Edition)

Die Weltenspieler - Insignia I: Roman (German Edition)

Titel: Die Weltenspieler - Insignia I: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. J. Kincaid
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machte sich in ihm breit. Er hatte es bereits total satt, wollte nur noch wieder zurück auf seine Stube.
    »Fortschritt«, bemerkte Blackburn. »Sehr gut.«
    Tom hob den Kopf und bemerkte, dass die Fantasien endlich weg waren. Er hatte sich wohl desensibilisiert und akzeptiert, dass Blackburn sie sehen konnte. Allerdings war das nächste Bild, das der Memograf aufrief, auch nicht viel besser.
    Es war Toms allererster Schultag. Er war elf Jahre alt und starrte auf die Klauen seines Lord-Krull-Avatars, während Ms Falmouth ihn anschrie, er sei unverschämt. Dann forderte sie ihn auf, etwas vorzulesen, was an der Tafel stand. Tom wich aus, wollte sich herausreden, doch sie drängte ihn erbarmungslos und trieb ihn in die Enge. Tom kannte die Buchstaben ein wenig, und so versuchte er es mit »Lie–in-co-le-in …«, während er auf das Wort »Lincoln« starrte. Als seine Klassenkameraden begriffen, dass er nicht lesen konnte, erfüllte Gelächter den Unterrichtsraum.
    Sein Gesicht wurde auf einmal glutheiß. »Das ist nicht geschehen.« Er konnte nicht anders, als zu lügen, denn eher hätte er sich die Zunge abgebissen, als es gegenüber Blackburn einzugestehen. »Das war genauso wenig real wie die Fantasien.«
    »Ehrlich, Raines – mir ist das egal.« Blackburn nippte an seinem Kaffee und wirkte gelangweilt.
    Tom entspannte sich ein wenig, als er begriff, dass Blackburn es ernst meinte. Die Erinnerungen an Rosewood verblichen. Die Szene veränderte sich erneut.
    Neil.
    Nein, nicht sein Vater. Nicht vor Blackburn. Bitte nicht sein Vater.
    Weil Tom dagegen ankämpfte, verbiss sich der Memograf in dieses Thema.
    Es war jener Abend, als Tom noch klein war und zwei Typen in ihr Zimmer platzten. Sie brüllten Neil wegen Geld an und schlugen ihn zusammen. Sie nahmen Neil die Uhr weg, weil diese das Einzige war, was er noch besaß. Tom bekam es so sehr mit der Angst zu tun, dass er sich unter dem Bett zusammenkauerte und sich in die Hose machte. Hinterher versuchte Neil, ihn zu beruhigen, und sagte ihm, es wäre okay, die Männer wären jetzt weg. Doch Tom wollte seine Mom und hielt sich die Ohren zu, als Neil erklärte, sie würde nicht kommen, würde nie wieder bei ihnen sein …
    Toms Körper verkrampfte sich, und er knirschte mit den Zähnen. Er hatte seit so vielen Jahren nicht mehr an diesen Abend gedacht. Er musste ihn regelrecht vergessen haben, und nun war er in seinem Gehirn, als hätte er erst vor Kurzem stattgefunden.
    Blackburn schwenkte seinen Stuhl herum und musterte Tom über seine Kaffeetasse hinweg. »Ich hatte Sie gewarnt, dass der Memograf tief vergrabene Erinnerungen zum Vorschein bringt und Ihre psychologischen Verteidigungsmechanismen außer Kraft setzt. Es wird immer schlimmer werden, wenn Sie das, was Sie verbergen, nicht freiwillig preisgeben.«
    Toms Gedanken schnellten zu Yuri und Wyatt, und genauso schnell zwang er sich dazu, sie fallen zu lassen. »Ich verberge nichts.«
    »Wenn es so wäre, wäre die Sache hier schon vorbei, und wir beide säßen beim Frühstück.«
    Der Memografgrub immer weiter, brachte immer mehr Erinnerungen zum Vorschein – einen endlosen Katalog davon. Tom beschloss, dass er das Gerät verabscheute, so vollkommen verabscheute, dass er das Gefühl hatte, keine Luft mehr zu bekommen. Am liebsten hätte er das Ding in die Luft gejagt, wäre in es eingedrungen so wie in den Klärbehälter im Beringer Club und hätte es von innen hochgejagt …
    Und dann begann die Memografie, sich in genau diese Erinnerung zu vergraben. Der Bildschirm war voll davon: Das Kabelgeflecht, die Elektrizität, Toms Bewusstsein, das in das Abwassersystem des Beringer Club eindrang und sich mit ihm verband. Das hochsteigende Abwasser, das in die verkehrte Richtung gepumpt wurde …
    Zuerst warf Blackburn lediglich einen trägen Blick auf das Bild. Dann setzte er sich kerzengerade auf, und als der Bildschirm zeigte, wie das Abwasser über den Fußboden des Beringer Club schwemmte, war er auf den Beinen und schaute mit weit geöffnetem Mund zu.
    »Was ist das, Raines?« Er drehte sich um, und im Halbdunkel des flackernden Lichts funkelten seine Augen. »Was habe ich da gerade gesehen?«
    Toms Kopf platzte fast. Na super. Jetzt wusste Blackburn, was er den Managern von Dominion Agra angetan hatte, und das würde er dann Marsh stecken. »Hören Sie, ich weiß, dass Sie einen Haufen Geld in die Kriegsanstrengungen gesteckt haben, aber diese Typen von Dominion hatten es verdient.«
    »Das meine ich nicht.

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