Die Weltgeschichte der Pflanzen
Militärregime, um die maximale Ausbeute der riesigen Gebiete zu gewährleisten. Aber bis zum Ende des Jahrhunderts hatte er noch keinen richtigen Profit aus seiner persönlichen Kolonie gezogen. Dank der aufkommenden Automobilindustrie und Elektrifizierung konnte er nun sagenhaft reich werden und ließ alles daransetzen,so viel Kautschuk wie möglich im Kongo zu ernten. Den Eingeborenendörfern wurden Quoten vorgeschrieben; wenn sie nicht erfüllt wurden, folgten drakonische Strafen. Leopold unterhielt eine Armee von annähernd 20000 afrikanischen Soldaten unter Waffen. Mit unvorstellbaren Gräueltaten, Auspeitschen, Geiselnahme der Frauen, Vergewaltigungen, Niederbrennen von Dörfern, Massen- und Einzelerschießungen wurden die Vorgaben durchgesetzt. Die bekannteste Terrormaßnahme war das Abhacken der Hände, auch bei Kindern. Das Kongogebiet wurde regelrecht entvölkert. Man schätzt, dass damals die Hälfte der einheimischen Bevölkerung ihr Leben verlor. Gleichzeitig bedienten sich Leopolds Handlanger in Belgien einer heuchlerischen Zivilisations- und Missionspropaganda.
Der britische Journalist Edmund Morel lancierte eine Pressekampagne und deckte diese Machenschaften vor der Weltöffentlichkeit auf. Er war zunächst ein Angestellter der britischen Reederei, die das Monopol für den Handel mit dem Kongo besaß, und hatte dadurch tiefe Einblicke in deren Geschäfte gewonnen. Vor allem die Fotos der verstümmelten Menschen schockierten die Öffentlichkeit. 1908 wurde Leopold nach langem Widerstand gezwungen, den Kongo an den belgischen Staat »abzutreten« – er verkaufte ihn an Belgien zu einem völlig überhöhten Preis. 1909 starb er als meistgehasster Mann seines Landes.
Eines der literarischen Schlüsselwerke der Moderne, Das Herz der Finsternis (1899) des polnisch-britischen Schriftstellers Joseph Conrad, spielt vor dem Hintergrund der Kongogräuel.
Zwischen den beiden Weltkriegen suchte die chemische Industrie verstärkt nach synthetischen Ersatzstoffen für Kautschuk. Durch die Eroberungen der Japaner im pazifischen Raum, vor allem natürlich Malaysias, wurde nicht nur Europa, sondern auch die USA vom Kautschuk-Nachschub abgeschnitten. Das beschleunigte die Suche nach Ersatz, den man aus Kohle oder Erdöl zu gewinnen hoffte. Kautschuk ist chemisch gesehen ja nichts anderesals ein Kohlenwasserstoffprodukt. Den Durchbruch schaffte der deutsche Chemiker Fritz Hofmann 1909. Später spielte das 1929 für die I.G. Farben AG patentierte Buna die führende Rolle, das auch in den USA in Lizenz produziert wurde. (Die USA hoben während des Krieges ihre Lizenzverpflichtungen auf.) Das für die Herstellung von synthetischem Kautschuk verwendete Verfahren ist eine Polymerisation.
So mündet die Kautschukgeschichte mit der Suche nach dringend benötigten Ersatzstoffen in die Nachkriegsgeschichte des Siegeszugs von »Plaste und Elaste«, von Plastik, dem Inbegriff des Unnatürlichen.
Weltweit besteht immer noch mehr als ein Drittel aller Kautschukprodukte aus Naturkautschuk. 70 Prozent aller Produkte aus natürlichem und synthetischem Kautschuk sind heutzutage Autoreifen. Der Rest verteilt sich auf die vielen anderen Dinge, von Matratzen über Bodenbeläge, Dichtungen, Gummihandschuhe, Luftballons und Sportschuhe. Die größten Naturkautschukproduzenten sind heute Thailand (2,6 Millionen Tonnen von 7,5 Millionen Tonnen weltweiter Gesamtproduktion), Indonesien und Malaysia. Größter Kautschukimporteur ist China. Größtes Gummiverarbeitungsunternehmen der Welt ist der Reifenhersteller Bridgestone, trotz des angelsächsischen Namens immer schon ein japanisches Unternehmen.
Die Herstellung der schwarzen Gummiwalzen ist eine Geheimwissenschaft für sich. Pneus werden aus 30 bis 35 Zutaten zum Gummi gemischt; eine der wichtigsten ist Ruß, daher sind sie schwarz. Bei den Formel-1-Rennen werden von Chemikern, Mathematikern und Informatikern mit großem Aufwand angesichts der Höchstbelastungen ständig neue Daten und Erkenntnisse gesammelt, die auch für die Serienfertigungen von Bedeutung sind. Die Mischungen sind sorgfältig gehütete Geschäftsgeheimnisse der Hersteller.
Pesthauch und Blütenduft
Lavendel
Die Gestankwelten in den dicht bebauten Städten vor Einführung der Kanalisation und der geregelten Müllabfuhr gegen Ende des 19. Jahrhunderts sind in dem weltbekannten Roman Das Parfüm eindringlich beschrieben: Schlachtabfälle, Marktabfälle, tierische und menschliche Exkremente, Abwässer von Gerbereien
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