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Die Weltverbesserer

Die Weltverbesserer

Titel: Die Weltverbesserer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lloyd jr. Biggle
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werde Farrari mitnehmen.«
    »Wohin?« fragte Farrari.
    »In den Palast. Wenn Sie hier fertig sind, wird Inez Ihnen die Haare schneiden und Ihnen beibringen, wie sich ein Lehrling benimmt, während sein Meister dem Kru einen Kuchen überreicht. Wenn Sie innerhalb einer Unterrichtsstunde lernen, wie man geht und sich verbeugt – ganz besonders, wie man sich verbeugt, dann nehme ich Sie mit.«
    »Ein Zeremonienkuchen …«, stammelte Farrari verwirrt.
    »So etwas macht jeder gute Rasc von Zeit zu Zeit«, sagte Gayne. »Eine Art von freiwilligem Tribut. Wenn der Kru in Scorv ist, hält er täglich eine Audienz ab, während der seinen Untertanen gestattet wird, ihm Geschenke darzubringen.«
    »Aber der Kru ist tot!«
    Gayne grinste.
    »Deshalb schicken sie mich ja. Es wird eine sehr interessante Audienz sein.«
     
    Farrari folgte Gayne pflichtbewußt auf den Fersen, mit den kurzen, gleitenden Schritten, die er in der vergangenen Nacht eine Stunde lang geübt hatte. Auf seinen Armen trug er den Zeremonienkuchen, ein Backwerk, das nach einem Geheimrezept hergestellt worden war. Irgendwann in vergangenen Zeiten hatte ein nach diesem Rezept gebackener Kuchen irgendeinem Kru geschmeckt, und seither wurde das Rezept streng geheimgehalten und in der Bäckerfamilie Borgley von Generation zu Generation vererbt. Die nach dem Rezept gebackenen Kuchen waren für den Kru reserviert.
    Es war wirklich ein Spezialkuchen. Mit einer kleinen Handmühle hatte Inez das Mehl immer wieder gemahlen, bis es fein wie Puder war. Der Teig war ungewöhnlich feinkörnig und sehr süß. Dann war der Kuchen in ein weißes Tuch gewickelt worden, auf das Inez kunstvoll mit schwarzer Kohle Symbole des Kru gezeichnet hatte. Farrari wurde angehalten, den Kuchen so und nicht anders zu halten, so und so zu gehen, sich richtig zu verbeugen und den Kopf geneigt zu halten, während Gayne den Kuchen überreichte.
    Während er Gayne folgte, hätte er im Geist noch einmal die Szene der Kuchenüberreichung proben sollen. Statt dessen studierte er die Architektur der Stadt. Es gab entweder extrem hohe Bauten wie den Turm der Tausend Augen oder extrem niedrige. Die Häuser bestanden aus großen Steinquadern und waren meist von Höfen oder Gärten umgeben. Narmpfs drehten Wasserräder, die das Wasser vom Fluß in Steintröge pumpten. Darin füllten die Frauen ihre Eimer. Das überflüssige Wasser floß in das unterirdische Kanalsystem ab. Die Stadt war sehr sauber, und ihre Meisterarchitekten hatten sie für Äonen erbaut.
    Unter dem Druck der ständig steigenden Einwohnerzahl hatten spätere Architekten einen anderen Häusertyp hinzugefügt: kleinere, anmutige Häuser standen überall, wo noch ein leerer Fleck war. Die weiträumigen Gärten verschwanden mehr und mehr, die breiten Straßen verengten sich.
    Eine Kavallerietruppe ritt an ihnen vorbei, schon die zweite, der sie auf ihrem Weg begegneten. Die Soldaten ritten in strenger Formation, mit hocherhobenem Kopf, den Speer in der Hand. Die Grils wieherten. Gayne verlangsamte seinen Schritt.
    »Es braut sich etwas zusammen. Ich habe jetzt schon zehn Truppen in weniger als zwei Tagen gesehen. Vielleicht ist das kein günstiger Zeitpunkt, die Innenstadt zu besuchen. Aber wenn wir jetzt nicht gehen, werden wir nie erfahren, was sie tun, wenn man einem toten Kru Geschenke bringen will. Außerdem war es ein Befehl.«
    Farrari schenkte ihm keine Aufmerksamkeit. Vor ihm erhob sich der alte majestätische Durchgang, der die Zeiten überlebt hatte. Die riesigen Steintafeln waren zerklüftet. Die Straße durch das Tor hindurch geradewegs zum Zentrum der Stadt, wo der Turm der Tausend Augen das verwinkelte Massiv des Palastes überragte.
    »Kommen Sie schon«, knurrte Gayne, »und hören Sie auf, wie ein Tourist zu gaffen.«
    Das war unfair. Farrari war ein neuer Bäckerlehrling aus Baft, einer Stadt am Rand von Lilorr, wo der Fluß in einen Cañon stürzte. Und man erwartete wohl von jedem jungen Mann, der zum erstenmal in Scorv ist, daß er sich umsieht. Das hatte man ihm sogar gesagt. Sie gingen weiter, und ein paar Minuten lang richtete Farrari die Augen folgsam auf die Straße.
    Lehrlinge verbeugten sich vor Gayne, Handwerker und Kaufleute grüßten ihn höflich. Niemand beachtete Farrari, obwohl er bemerkt hatte, daß die Lehrlinge einander freudig begrüßten. Die Frauen oder Töchter, die beim Einkauf waren, wichen ihnen aus, als sie vorbeigingen, ebenso die Diener, die den Frauen mit Körben oder Töpfen folgten.
    An

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