Die Weltverbesserer
Geschenk dem Kru zu Füßen. Hinter sich hörte er beifälliges Gemurmel. Sich genauso langsam zu erheben, war noch schwieriger, aber er schaffte es und stieg langsam nach rückwärts die Treppe hinab. Man wandte dem Kru nicht den Rücken zu.
Und jetzt ’raus hier, dachte er. Schnell!
Seine Eskorte trat an seine Seite, machte aber keine Anstalten, mit ihm den Saal zu verlassen. Auf dem Podium zog ein Diener das Tuch von dem Kuchen. Farrari riskierte einen kurzen Blick und sah, daß der Kru sich vorbeugte. Zwei Hohepriester erhoben sich. Aus der Zuschauerschaft erklangen erregte Rufe, die bald in allgemeinem Stimmengewirr untergingen.
Ein Hoherpriester hob den Arm, und aus dem Hintergrund der Halle eilte ein Dienerschwarm herbei und überreichte den Hohenpriestern einen kleinen Holztisch, zwei Steinklötze und ein altertümliches Schwert. Sie stellten den Tisch vor den Thron, legten die beiden Klötze darauf und plazierten den Kuchen dazwischen.
Und dann kamen sie beide gemessenen Schrittes die Treppe herab, auf Farrari zu. Einer trug das Schwert. Er bekämpfte seinen Schrecken. Die Tore waren zu weit entfernt und bewacht. Es gab kein Entkommen. Er konnte nur gehorchen.
Sie führten ihn auf das Podium, und er imitierte ihre Bewegungen, als sie sich zeremoniell verbeugten. Der eine legte das Schwert dem Kru zu Füßen. Dann erhoben sie sich, bedeuteten Farrari mit sanften Gesten, sich dem Kru zu nähern, und dieser reichte ihm das Schwert, mit der Klinge voran. Er ergriff es und wartete. Der Gedanke, daß ein rascher Stoß mit dieser Waffe die Geschichte des Planeten verändern würde, durchzuckte sein Gehirn. Aber nur für einen kurzen Augenblick. Sie würden einen neuen Kru krönen, sobald ein neues Relief hergestellt war, die Ols würden einen neuen Eigentümer finden, und alles würde so weitergehen wie bisher.
Was erwarteten sie von ihm? Sollte er mit dem Schwert den Kuchen anschneiden? Hoffentlich … Es war gefährlich, noch länger zu zögern. Er hob das Schwert mit beiden Händen und hieb damit mit aller Kraft auf den Kuchen ein. Ohne auf Widerstand zu stoßen, fuhr es durch den Kuchen und hinterließ eine tiefe Kerbe auf dem Holztisch. Wenn sie das sehen, werden sie das Schwert an meinem Hals ausprobieren, dachte er.
Eine Ewigkeit lang schien alles auf den Kuchen zu starren. Atemlose Stille herrschte, dann erklang wieder erregtes Stimmengewirr. Farrari sah aus dem Augenwinkel, daß der Kru aufgestanden war und auf den zweigeteilten Kuchen starrte. Die Priester sprachen miteinander, wandten sich dann an den Kru und schließlich führten sie Farrari wieder vom Podium. Mit einem Befehlswort übergaben sie ihn einigen Priestern niedrigeren Ranges, die ihn durch die dichtgedrängten Aristokraten führten. Man starrte ihn an, versuchte ihn zu berühren, als er vorbeiging. Das Tor schwang auf, und sie verließen die Halle. Rasch gingen sie einen schmalen Korridor entlang, stiegen eine Treppe empor und betraten einen kleinen Raum.
Die Kunstschule! Farrari stockte der Atem.
Durch runde Öffnungen in der Wand konnte man in die Halle blicken, die Farrari soeben verlassen hatte. Und vor jeder Öffnung saßen Künstler in priesterartigen Gewändern, die entweder an einem Stück Stein, Kalk, Holz oder Stoff arbeiteten. Diener brachten den kleinen Holztisch, die Steinklötze, das Schwert, und bald posierte Farrari mit erhobenem Schwert vor dem Tisch. Die Künstler umringten ihn und studierten seine Gesichtszüge. Offensichtlich sollte er auf einem Relief oder Wandteppich verewigt werden.
Schließlich kam ein junger Priester und führte ihn wieder die Treppe hinab. Ein anderer junger Priester grüßte ihn lächelnd, öffnete eine Tür, überreichte ihm gefaltete Gewänder und zog sich mit einer angedeuteten Verbeugung zurück.
Die Tür schloß sich. Farrari warf die Kleider zu Boden und rannte zu dem großen Fenster. Ein paar Passanten durchquerten den Hof, und Soldaten waren in der Nähe des Tempels postiert. Es wäre leicht, aus dem Fenster in den Hof zu klettern, aber Farrari war überzeugt, daß das einiges Aufsehen erregen würde. Widerstrebend trat er von dem Fenster zurück und blickte sich in dem Zimmer um. Ein runder Tisch, eine Bank, eine Matratze auf einem Steinsockel. Eine leere Nische in der Wand, die vermutlich das Porträt des alten Kru enthalten hatte und bald das des neuen aufnehmen würde. Auf dem Tisch stand eine Öllampe.
Offensichtlich war dies das Zimmer eines Priesters. Die Priesterschaft
Weitere Kostenlose Bücher