Die Weltverbesserer
wieder zu den Hütten.
»Was tun sie während des Winters?«
»Sie bleiben in ihrem Dorf. Und hungern. Ich werde Sie mit nach Scorv nehmen. Man hat mir gesagt, daß Sie als Müllerlehrling keine besonders gute Figur machen.« Er kicherte. »Vielleicht gefällt Ihnen das Bäckerhandwerk besser. Aber ich muß Sie warnen. Sie werden noch viel härter arbeiten müssen.«
»Warum ist hier draußen, mitten in der Öde, so weit weg von allen Häusern, eigentlich eine Mühle?«
»Es ist ein sehr altes Gebäude. Als es errichtet wurde, stand es wahrscheinlich in einem fruchtbaren Ackergebiet. Die meisten Mühlen in Lilorr sind etwa genauso weit entfernt von der Stadt wie diese hier, und auch sie stehen alle mitten in der Öde.«
»Warum baut man nicht neue Mühlen, wo noch Getreide wächst?«
»Das ganze Land stirbt aus, und das macht mir große Sorgen. Kommen Sie jetzt.«
Als sie auf der alten Straße nach Scorv fuhren, überholten sie zwei Truppen, die zur Stadt ritten. Kurze, farbenfrohe Umhänge flatterten von den Schultern der Soldaten, und Speerbündel waren an ihren Sätteln festgebunden. Sie saßen auf Grils, hochbeinigen, grazilen Rössern. Aus der entgegengesetzten Richtung kam kein starker Verkehr. Ein paar Wagen fuhren zur Mühle oder zu den Bergstädten.
In der Mittagshitze erreichten sie Scorv. Die Straße vereinigte sich mit einer anderen, die aus Westen kam, dann mit einer aus Süden, die in Sichtweite mit einer kleineren Straße aus Südwesten zusammenstieß. Die Straße führte bergan, umrundete den Hügel. Am Rand der Stadt hielten sie in einem von Steinmauern umgebenen Hof, an dessen Wänden sich Quarm-Holz und leere Mehlsäcke stapelten. Aus den Fenstern des zweistöckigen Hauses drang der Duft von frischgebackenem Brot.
»Wir sind da«, sagte Borgley auf Rascisch.
Zwei Lehrlinge, beides junge IBB-Agenten, eilten heran, um den Wagen abzuladen. Farrari bot seine Hilfe an und war nicht beleidigt, als sie ihn lachend beiseite schoben. Borgley führte ihn in die Bäckerei, einen langgestreckten Raum mit Steinöfen. Er stellte seine Frau Nissa, 228, vor, und wenig später saß Farrari vor einem Mauerloch, blickte über das Land hinweg, trank ein kühles, scharfes Getränk und kaute an einem trockenen, sehr süßen Kuchen.
Ungläubig starrte Farrari hinab. Er hatte sich die Rascs als Monstren vorgestellt. Aber offensichtlich waren sie glückliche, wenn auch ernste Leute. Sie sahen anständig aus, benahmen sich anständig und schienen viel von Familie, Arbeit, einer geordneten Gesellschaft und der Verehrung des Kru zu halten.
Die kühlen Schatten des späten Nachmittags krochen in die enge Straße. Die Kaufleute und Handwerker kamen mit ihren Familien aus den Häusern, die Frauen in farbenfrohe Gewänder aus Stoffstreifen gehüllt, die Männer mit bloßen Armen, in bestickten Westen und dem kurzen beinlosen Gewand, das Peter Jorrul getragen hatte. Die Kinder waren reizende Miniaturausgaben ihrer Eltern. Freunde wurden höflich, aber formell begrüßt.
Sie waren keine Monstren.
»Wo sind die Ols?« fragte Farrari.
Nissa Borgley lächelte. Sie war jünger als Rani Holt, schlank und hübsch und von zurückhaltendem Wesen.
»Ich habe noch nie ein Ol gesehen«, sagte sie. »Es gibt keine Ols in Scorv. Auch in keiner anderen Stadt. Sie müssen verstehen – die Ols gehören dem Kru.«
Farrari wiederholte langsam: »Die Ols gehören dem …«
»Genauso wie das Land. Die Land- und Forstwirtschaft, die Viehzucht und der Bergbau sind königliche Monopole. Daher gibt es keine Steuern. Der Kru erhält sein Einkommen aus seinem Eigentum.«
»Kein Wunder, daß die Rascs so glücklich wirken.«
»Eine Steuer gibt es allerdings. Die Kindersteuer. Jedes dritte Kind eines Elternpaars ist sozusagen steuerpflichtig, und die Steuersummen steigen mit jedem weiteren Kind steil an. Scorvif ist von steilen Bergen umgeben, und es ist kein Platz für eine große Bevölkerungszahl. Man kann mehr als zwei Kinder haben, wenn man sie adoptieren läßt. Unsere beiden Söhne leben bei ihren natürlichen Eltern, die uns natürlich sehr dankbar sind. Die Steuer hält die Bevölkerungszahl stabil. Und der Kru bezieht andere Einkünfte aus seinen Monopolen. Er ist sehr reich.«
»Es besitzt also kein Privatbürger Ols?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Nicht einmal die Adeligen. Die Ols sind ein königliches Monopol.«
Borgley trat ein.
»Der Koordinator wird mit einigen Spezialisten in die Mühle kommen. Sie werden einen
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