Die Weltverbesserer
waren Sie bereits wie vom Boden verschluckt.« Er blickte Jorrul an. »Es hat keinen Sinn zu spekulieren, was ein anderer getan hätte. Ein trainierter Agent wäre bereits auf dem Heimweg gewesen, bevor die Priester ihn auf dem Heimweg erspäht haben konnten. Ein trainierter Agent hätte das Tuch von dem Kuchen entfernt, solange die Aufmerksamkeit der Menge von den Priestern gefesselt war. Nein, Farrari hat seine Sache schon gut gemacht.«
»Ich möchte aber gerne wissen, was ich eigentlich gemacht habe«, sagte Farrari trocken.
»Wir hatten vierzehn Leute in der Menge, Sie nicht mitgerechnet. Einer war im Palast, und wir schossen Fernfilme vom Inneren des Palastes. Wenn die Filme fertig und die Berichte ausgewertet sind, werden wir mehr von der Thronfolge des Kru wissen, als wir uns heute morgen noch hätten träumen lassen. Zum Beispiel wissen wir jetzt, daß, sobald der Adel und der neue Kru den Tempel zur Krönungszeremonie betreten, Priesterdelegationen in die Straßen gesandt werden, um zweierlei zu erledigen: einen Bürger zu finden, der dem neuen Kru ein Geschenk überreicht, eine sehr wichtige Zeremonie, die wahrscheinlich auf die Zeiten zurückgeht, als die Bürger noch auf die Wahl des Kru Einfluß hatten. Außerdem müssen die Priester frisches Brot von den Bäckern der Stadt holen. Die erste Person, die mit einem Geschenk auftaucht, wird in den Tempel gebracht, offensichtlich eine der seltenen Gelegenheiten, daß ein Bürgerlicher den Tempel betreten darf. Normalerweise werden dem Kru Geschenke nur bei den öffentlichen Audienzen im Palast überreicht. Da man Sie, Farrari, direkt vor dem Tempel traf und nicht erst nach einem Geschenküberbringer in den Straßen suchen mußte, wertete man dies offensichtlich als höheres Zeichen. Man brachte Sie also eiligst zu dem Kru, und das Geschenk war – ein Brot.«
»Kuchen«, protestierte Farrari.
»Brot«, sagte der Koordinator fest. »Nicht einmal Borgley weiß, warum der Kuchen in derselben Form und Gestalt gebacken wird wie Brot, aber es ist Tradition. Es ist der Kuchen des Kru, nach altem Geheimrezept, wenn er auch wie Brot aussieht. Jedenfalls hielten alle Ihren Kuchen für das Brot, das die Priesterdelegationen gebracht hatten. Und weil es so feinkörnig war, fiel es bei Ihrem ersten Schwerthieb auseinander.«
»Dann hätten sie ja merken müssen, daß es kein Brot war.«
»Wenn die Heiligen Ahnen durch irgendein Wunder das Brot in etwas anderes verwandelt hätten, dann konnte man das an diesem Tag der Wunder nur erwarten. Eine andere Tradition ist. daß der junge Priester, der das Brot mit dem saubersten Schnitt durchtrennen kann, Priester des Kru wird, eine Spezialposition, die große Macht und viel Einfluß mit sich bringt.«
Jorrul murmelte etwas Unverständliches vor sich hin.
»So war die erste Gabe also ein Brot. Aufgrund irgendeiner anderen geheimnisvollen Tradition beschloß man, den jungen Überbringer des Brots selbst den ersten Schnitt tun zu lassen. Nur war es kein Brot, und Sie schnitten das Ding völlig entzwei, was bei einem richtigen Brot nicht hätte der Fall sein dürfen.« Der Koordinator machte eine kleine Pause. »Verstehen Sie noch immer nicht, was Sie getan haben? Dann hören Sie zu, Sie junger Idiot. Indem Sie diesen Brotlaib fein säuberlich von oben bis unten zertrennt haben, garantierten Sie dem neuen Kru eine nie endende glorreiche Herrschaft – und ewiges Leben. Kein Wunder, daß man Sie sofort zum Kru-Priester machte.«
»Wenn ich das Brot doch nur geritzt hätte!« sagte Farrari reuevoll.
»Das macht nichts. Ein letztes Wunder war dann Ihr Verschwinden. Dies und die Tatsache, daß Sie während der ganzen Zeremonie kein Wort sprachen, bewirkte, daß man Sie nun für ein göttliches Wesen hält. Vielleicht verfolgen Sie Ihre Spur bis in Borgleys Haus. Für diesen Fall wird er eine Geschichte bereit haben. Aber ich bin sicher, sie sind mit dem zufrieden, was sie haben, und werden deshalb nicht allzu tief nach den Ursachen des Wunders forschen. Kommen Sie, ich möchte Ihnen etwas zeigen.«
Er führte Farrari auf das Dach der Mühle und hob eine Decke. Im Schein seiner Taschenlampe sah Farrari das Relief, das Isa Graan hatte herstellen lassen. Die Ols, doppelt lebensgroß, starrten verloren aus einem Plastikstück. Fünf Männer, auf die Spaten gelehnt, mit denen sie den Boden umgruben, duckten sich, als würden sie jeden Augenblick den Peitschenhieb eines Durrls erwarten, der sie für die gestohlene Freizeitminute
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