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Die Werte Der Modernen Welt Unter Beruecksichtigung Diverser Kleintiere

Die Werte Der Modernen Welt Unter Beruecksichtigung Diverser Kleintiere

Titel: Die Werte Der Modernen Welt Unter Beruecksichtigung Diverser Kleintiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Lewycka
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Er konzentriert sich auf die Route des Unterwasserpfads und hält Ausschau nach ausscherendenKähnen. Sie passieren Trinity Hall und nähern sich der Seufzerbrücke, wo es zum üblichen Stau kommt, weil die Kähne einzeln unter der Brücke durchfahren müssen. Manche der Stakenden sind wirklich unfähig, vor allem Frauen, die sich unter schrillem mädchenhaftem Gekreisch im Kreis drehen und aneinanderrempeln. Er holt den Staken ein und lässt den Kahn langsam auf die wartende Gruppe zutreiben. Dann plötzlich entdeckt er sie, mit dem Rücken zu ihnen in einem Kahn ganz vorn im Bootsstau. Das leuchtend gelbe Jackett und das lange dunkle Haar. Maroushka! Was zum Teufel macht sie in Cambridge? Und wie kann er es vermeiden, ihr Doro und Oolie vorzustellen, die ohne den Schatten eines Zweifels seine Chancen bei ihr für immer zunichtemachen würden?
    Bis jetzt hat sie ihn nicht gesehen. Er hat noch Zeit, umzudrehen.
    Er ergreift den Staken und rammt ihn hastig ins Wasser. Der Kahn macht einen Ruck und schwingt scharf nach links, wo er mit einem anderen kollidiert, der neben ihnen liegt. Ein Schwall Wasser schwappt herein und durchnässt seinen Mantel, den er mit der Tüte unter dem Sitz verstaut hat. Doro und Oolie kreischen laut und halten sich am Rand des Kahns fest, der immer noch heftig schaukelt, so dass auf beiden Seiten noch mehr Wasser hereinplatscht und um ihre Füße gurgelt. Serge versucht sich abzustoßen, mit eingezogenem Kopf, doch inzwischen sehen die Passagiere der anderen Kähne herüber und lachen. Diese Art von Zusammenstößen gehört zum Spaß auf dem Fluss. Er verschätzt sich, stößt mit zu viel Kraft, und mit einem Ruck prallen sie ans andere Ufer und kentern beinahe. Eine tief hängende Weide streift den Bug. Plötzlich ist ein lautes Platschen zu hören.
    Ein Schrei. Noch ein Schrei.
    »Serge! Oolie! Sie kann nicht schwimmen!«
    Doro reißt sich die neonpinke Jacke herunter. In dem Moment, den er braucht, um zu begreifen, was passiert ist, ertöntnoch ein Platschen etwas weiter weg, ein dunkler Kopf taucht auf, sieht sich um und verschwindet wieder. Serge springt hinterher und schwimmt zu der Stelle, wo Oolie strampelnd versucht, sich an der Weide festzuhalten, und gurgelnd nasse Blätter ausspuckt. Bevor er sie erreicht, ist der andere Mann bei ihr und hält ihren Kopf über Wasser. Oolie klammert sich an seinem Hals fest und drückt ihn nach unten, während sie mit den Füßen strampelt.
    »Nicht strampeln, Miss! Ich halte Sie!«
    Oolie blickt in die dunklen afrikanischen Augen ihres Retters und hört auf, sich zu wehren. Zusammen und mit Doros Hilfe, die an ihren Beinen zieht, hieven sie Oolie zurück in den Kahn. Der junge Mann schwimmt noch einmal zurück und rettet auch ihren Staken.
    »Willst du zu uns ins Boot kommen?«, fragt Oolie und blinzelt ihm kokett zu.
    Er schüttelt lachend den Kopf, so dass silberne Tropfen aus seinen kurzen schwarzen Locken stieben, und klettert zurück in seinen eigenen Kahn.
    »Alles in Ordnung?«, fragt die junge Asiatin in der gelben Jacke.
    Fünfzehn Minuten später landen sie am Ponton des Kahnverleihs, Oolie wringt ihren Anorak aus, Serge ist klitschnass und zittert, und Doro versucht ihm ihre neonpinke Jacke anzudrehen.
    »Komm, wir gehen auf dein Zimmer, machen uns eine schöne Tasse Tee und wärmen uns auf.«
    »Die Sache ist die, Mum ...«
    »Sag mir nicht, dass die beiden es immer noch machen! Wir waren fast zwei Stunden unterwegs.«
    »Ich weiß, aber wir können nicht ...«
    »Das war echt ein schöner Mann, der Neger. Mit dem würd ich gern poppen«, sagt Oolie.
    »Oolie, bitte sag nicht dauernd dieses Wort!«
    »Ich dachte, wir könnten Otto besuchen«, schlägt Serge vor, verzweifelt improvisierend. »Er wohnt ganz in der Nähe. Ich hab ihm gesagt, dass ihr nach Cambridge kommt. Er freut sich.«
    Er versucht sich zu erinnern, wo Ottos Wohnung sein soll. Irgendwo in der Mill Road. Es muss eine dieser Wohnungen über den Geschäften sein.
    »Meinst du wirklich, Schatz? Nicht dass wir ihm den Teppich ruinieren.«
    »Im Gegenteil, Mum, Otto wäre echt enttäuscht, wenn er wüsste, dass ihr in Cambridge wart und ihn nicht besucht habt.«
    »Otto! Otto! Ich will Otto besuchen!«, singt Oolie und klatscht in die Hände.
    »Seine Freundin ist schwanger. Sie bekommen bald ein Baby.«
    »Bebie! Ich will das Bebie sehen!«
    »Es ist noch nicht da. Glaube ich zumindest.«
    Wann, hat Otto gesagt, ist der Termin?
    Inzwischen führt er sie weg vom Queens’

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