Die Werwolf-Elite
ich sie anlocken.«
Die Wölfe verstanden. Sie stießen beide ein pfeifendes Geräusch aus und schüttelten die Köpfe.
Lupina achtete nicht mehr auf sie, die Königin der Wölfe war bereits weitergehuscht. Sie ging nicht mehr aufrecht, sondern geduckt. Sie roch den Wald, diesen natürlichen Duft, der anzeigte, daß die Natur hier noch in Ordnung war. Lautlos glitt sie durch das Gras.
Es gab kein Gatter, sondern ein Tor, das von zwei Wachtposten nicht aus dem Auge gelassen wurde. Die Männer hockten in einer kleinen Bude, deren Umriß sich scharf und deutlich vor dem auf die Erde fallenden Mondlicht abhob. Um diese Zeit lag die Wachablösung schon zurück. Die Soldaten, die frei hatten, blieben nie auf dem Gelände, sie suchten woanders Zerstreuung.
Meist tranken sie Unmengen von billigem Wodka.
Lupina huschte bis an die Rückwand. Nicht weit entfernt sah sie die starken Gitter des Tores.
Und sie sah das helle Rechteck in der Hüttenwand. Licht fiel nach draußen und malte einen breiten Streifen auf den Boden. Auf diesen Streifen bewegte sich die Königin der Wölfe zu. Noch bevor sie von ihm erfaßt werden konnte, schraubte sie sich langsam in die Höhe, wobei sie mit dem Gesicht genau über den Rand des unteren Fensters schaute.
Mehr würden die Männer von ihr vorerst nicht sehen. Im Moment wandten sie ihr den Rücken zu. Lupina machte auf sich aufmerksam, indem sie klopfte. Mit den langen Nägeln der Pranke tickte sie gegen die Scheibe, und beide Männer zuckten zusammen. Sie wirbelten dann herum, wobei der eine sogar seine Maschinenpistole hochriß.
Lupina schaffte es, einen erschreckten Ausdruck auf ihr Gesicht zu zaubern.
Der Kerl mit der MPi grinste verstört. Sein Kollege wischte sich über die Augen. Beide starrten wie Mondkälber auf das Gesicht Lupinas, das sie hinter dem Fenster klar und deutlich erkannten.
Sie redeten miteinander, wobei Lupina nicht verstehen konnte, was sie sagten. Bis sich einer entschloß, die Bude zu verlassen. Der andere blieb zurück. Eiskalt wartete Lupina ab.
Sie vernahm das Knarren der Tür und hörte das Rascheln des Grases, als schwere Schuhe es knickten. Sie zog sich zurück.
Der Wärter blieb stehen. »He, wo bist du?« rief er.
»Hier«, antwortete Lupina. Sie befand sich jetzt etwa fünf Schritte von ihrem vorherigen Standort entfernt und lachte silberhell. Der Russe hatte seit Monaten keine Frau mehr in den Armen gehabt. Er war ausgehungert nach einem weiblichen Körper. Er wollte die Frau.
Zum Teufel mit den verdammten Dienstvorschriften.
»Ich hole dich!« versprach er. »Warte nur, du kleines Luder, bis ich da bin.«
»Dann komm doch endlich«, lockte Lupina.
Der Soldat kam. Er hatte keinen Helm aufgesetzt. Wind spielte mit seinem dunklen Haar. Das Gesicht leuchtete als bleicher Fleck - wie das der Lupina.
Dafür hatte der Mann nur Augen. Er wollte diese Blonde. Er würde sie vernaschen und…
Der Mann war blind für alle Gefahren. Er sah nicht, wie sich schräg hinter ihm ein Schatten hochdrehte.
Rock Dale hatte nur darauf gewartet, daß der Wärter so weit gehen würde.
Noch ein Schritt…
»So, Täubchen, ich bin - aaahhh…« Die weiteren Worte gingen in einem gurgelnden Laut unter, denn Rock Dale hatte zugeschlagen. Mit beiden Händen.
Der Soldat kippte steif wie ein Brett zu Boden. Auf dem Bauch blieb er liegen.
Dale wollte sich schon auf ihn stürzen, doch Lupina hielt ihn zurück.
»Erst kommt der andere an die Reihe!« forderte sie.
»Und der gehört mir«, flüsterte Brassow.
»Selbstverständlich.«
Nun bewiesen die drei Kreaturen, daß sie keine Nerven hatten, denn sie warteten eiskalt ab. Irgendwann würde sich der zweite Soldat regen.
Im Schutz des Unterholzes lauerten sie. Das Fenster der Hütte lag immer in ihrem Blickfeld.
Noch wurde der zweite Mann nicht mißtrauisch, aber er war unruhig, denn er schritt auf und ab. Sein Schatten bewegte sich, wobei er hin und wieder das helle Viereck verdunkelte. Die beiden Werwölfe wurden ungeduldig. Sie sahen den Mann am Boden liegen.
Und sie konnten nicht an ihr Opfer heran. Brassow stieß das Knurren aus. Er wollte Blut. Der unselige Trieb war in ihm voll entfacht, und der am Himmel stehende Mond tat sein übriges.
»Halte dich zurück!« Leise und dennoch scharf stieß Lupina den Befehl aus. Brassow gehorchte.
Abermals verging Zeit. Zwei Minuten tropften dahin.
Dann gab sich der Wärter einen Ruck. Die drei Bestien sahen, wie sich seine Gestalt straffte. Er drehte sich um und
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