Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Werwolfbraut (German Edition)

Die Werwolfbraut (German Edition)

Titel: Die Werwolfbraut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Earl Warren
Vom Netzwerk:
und leuchtete. Die rostige Zellentür war nicht abgeschlossen. Sie quietschte abscheulich, als Francesca sie öffnete.
    Vor ihr, hinten in der engen Zelle, lag ein abgenagter menschlicher Knochen. Francesca wurde es so übel, dass sie in Ohnmacht fiel, was ihr noch niemals im Leben passiert war. Die dumpfe, stickige Luft trug viel dazu bei. Dann der Schrecken. Ricardo fing die junge Frau auf, sonst wäre sie hart auf den Boden geschlagen.
     
    *
    Als Francesca wieder erwachte, lag sie in einem Himmelbett oben im Schloss. Die Beschließerin und der Marchese bemühten sich rührend um sie. Ricardo hatte die Bewusstlose hochgetragen. Er betupfte Francescas Stirn mit einer kühlen Kompresse.
    Francesca erwähnte den Knochen.
    »Adolfo hat ihn dorthin geworfen«, behauptete Ricardo. »Das ist Küchenabfall, ein Kalbsbein. Ich werde ein ernstes Wort mit dem Knecht reden, die Küchenabfälle im Keller zu entsorgen statt sie i die Müllgrube zu werfen.«
    »Adolfo ist schrecklich verfressen«, bemerkte die alte Filomena. »Er hat mir eine gebratene Kalbshaxe aus der Küche gestohlen und sie in einem Versteck restlos abgenagt. Sie war für vier Personen bestimmt. Dieser Schelm, der Halunke. Zu mir hat er unschuldig gesagt, ein wilder Hund müsse sich in das Schloss geschlichen und die Haxe gestohlen haben.«
    Francesca wusste nicht, was sie davon halten sollte. Sie stand wieder auf. In die Gewölbe wollte sie so schnell nicht wieder gehen. Die junge Frau nahm ein Bad, zog sich um und packte dann ihr Gepäck aus. Sie hatte zwei schöne, große, saubere Zimmer mit hellen Möbeln. Hatte Lucia, Ricardos auf schreckliche Weise ums Leben gekommene Frau, sie gekauft? Später, in der Ahnengalerie, stand Francesca noch einmal vor dem Bild ihrer Vorgängerin.
    Lucia trug auf dem Bild ein tiefausgeschnittenes hellblaues Kleid. Sie war dunkelblond, hatte die Haare adrett frisiert und war wunderschön mit ihren blauen Augen, den vollen Lippen und dem schmalen, hübschen Gesicht. Sie konnte kaum älter als fünfundzwanzig gewesen sein, als sie von den Wölfen zerrissen wurde. Oder von einem Wolf, einem Werwolf?
    Francesca schaute in die Augen der Frau auf dem Bild, als ob sie mit ihr eine stumme Zwiesprache halten und ihr Informationen entlocken wolle. Sie trat näher und streichelte den mit Schnitzereien verzierten Bildrahmen.
    »Arme Lucia«, flüsterte sie. »So jung und so schön, und so ein schrecklicher, grässlicher Tod. Ich werde beten für dich. Mir soll es nicht so ergehen wie dir.«
    Nachdenklich verließ Francesca die Ahnengalerie. An diesem Abend speiste sie mit Marchese Ricardo bei Kerzenlicht. Sie tranken erlesenen Wein, die Mahlzeit war ausgezeichnet. Der Mond draußen am Himmel war wieder im Abnehmen begriffen. Claudia servierte mit weißer Schürze und Häubchen. Ricardos dunkle Augen strahlten Francesca an. Er hatte nur für sie Blicke und Sinne. Francesca war überzeugt, er hätte Holz essen können und hätte es nicht gemerkt, so verliebt und vernarrt war er in sie.
    Nach dem Essen hörten sie klassische Musik im Salon. Sie erklang von einer CD. Im Schloss gab es durchaus moderne Errungenschaften und im Arbeitszimmer des Marchese einen Personal Computer, Telefon, Fax und alles. Ricardo schloss sich durchaus nicht von der Welt ab. Eine Umgebung wie diese und einen Verehrer wie Ricardo, so wie er sich jetzt gab, hatte Francesca sich immer gewünscht.
    Sie schmiegte sich an den hochgewachsenen Aristokraten. Sie küssten sich zärtlich. Doch als Ricardos Zärtlichkeiten drängender und fordernder wurden, wies Francesca ihn in seine Schranken.
    »Nein, Liebster, wir wollen warten. Du hast es mir versprochen.«
    »Wenn es sein muss...«
    Ob Werwolf oder nicht, ein leidenschaftlicher Mann mit einem gesunden sexuellen Verlangen war er auf jeden Fall. Doch Francesca hatte da ihren eigenen Kopf. Ricardo tat gut daran, ihre Ansichten zu akzeptieren. Vor ihrer Zimmertür küsste er sie und verabschiedete sich höflich.
    »Ich wünsche dir eine gute Nacht.«
    In dieser Nacht heulte kein Wolf, weder bei dem Dorf San Clemente noch in der Nähe der Stadt Caulonia. Die drei Wölfe wurden nicht gesehen, als ob mit dem Vollmond auch sie verschwunden wären. Francescas Nichte Rosanna Andrigotti, die von den Wölfen gebissen worden war, ging es zusehends besser. Sie hatte kein Fieber mehr. Ihre Wunden verheilten. Am nächsten Tag stand sie wieder auf, und am übernächsten ging sie ihrer Arbeit in der Tuchwirkerei nach, als ob nichts

Weitere Kostenlose Bücher