Die Wesen (German Edition)
Bett“, sagte von Stein, der trotz der Ausgelassenheit unter einer unmerklichen Anspannung zu stehen schien, die Laima ebenfalls spürte. „Vielleicht sollten wir alle schlafen gehen“, fügte er hinzu.
„Das ist eine gute Idee“, begrüßte Figaro Slinkssons von Steins Vorschlag.
„Dann nehme ich mir noch den Rest hier mit und putze mir damit die Zähne“, sagte Professor Carlsen und klemmte sich die Flasche unter den Arm. Mühsam erhob er sich aus seinem Sessel. „Odin Sigarett, pascholsta“, sagte er zu Thian. „Eine Kippe noch, damit der Sargdeckel auch bis morgen früh nicht von alleine aufklappt.“
Alle verteilten sich auf ihre Zimmer. Da es Nebensaison war, war das Hotel fast leer. Es gab Zimmer im Erdgeschoss und im ersten Stock. Bis auf Laima waren alle unten einquartiert und sie war froh, möglichst weit von schnarchenden und betrunkenen Männern entfernt zu sein.
Das Bett kam ihr noch weicher vor als vor wenigen Stunden. Sie zog sich aus und fiel wie ein Stein zwischen die frischen Laken, die nach Höhenluft und Sonne dufteten. Sie dachte an Chang und ein leichtes Ziehen im Bauch verschaffte ihr ein angenehmes Gefühl, über das sie in einen tiefen, traumlosen Schlaf sank.
Es dauerte nicht lange und eine fast absolute Ruhe hatte sich ausgebreitet. Nur das leicht unruhige Herumwälzen einiger Leiber und das gelegentliche Schnarchen waren zu hören.
Das leise Quietschen eines Holzfensters im Erdgeschoss war kaum wahrzunehmen, als sich kurz darauf eine dunkle Gestalt hinausschwang. Nach wenigen Schritten über die knirschenden Kiesel hatte der Nebel sie bereits geschluckt. Sicheren Schrittes und mit untrüglicher Orientierung bewegte sich der schwarze Schatten hinunter zum Rollfeld des Flugplatzes. Da nur zwei Maschinen neben einem leeren Hangar standen, war es nicht schwer, das gesuchte Ziel zu finden. Die Wetterbedingungen konnten besser nicht sein. Es war geradezu wie ein Tarnumhang. Selbst der schwache Schein der Taschenlampe sollte nicht mehr als anderthalb Meter zu sehen sein.
Das Licht der abgeklebten Lampe leuchtete ins Innere der kleinen Maschine, die neben dem Jet stand. Zwei Paletten mit Ausrüstung waren bereits im Laderaum des Propellerflugzeugs vertäut. Die Beleuchtung sollte niemanden wecken, der vielleicht zufällig im Flieger schlief. Vorsichtig untersuchte die Gestalt alles und leuchtete auch die Pilotenkabine aus. Es kam häufig vor, dass die Piloten der kleinen Maschinen, die oft ihr ein und alles waren, ihre Lebensgrundlage, sie hüteten wie ihren Augapfel. Aber niemand war zu sehen.
Dann wurde mit einem kleinen Draht und einem dünnen Schraubenzieher das primitive Schloss der Seitentür geöffnet. Im Cockpit flackerte kurz der Schein der Lampe, als sie hingestellt wurde. Mit schnellen, präzisen Bewegungen wurden die Schrauben am Armaturenbrett gelöst.
Alles war bereits zum Einbau vorbereitet. Die ferngesteuerte elektronische Überbrückung. Dann noch eine weitere kleine Manipulation. Es war so einfach und würde so effizient sein. Selbst wenn man die Spuren finden würde, wäre es längst zu spät. Niemanden würde das noch retten. Die Schrauben waren schnell wieder festgedreht, die Armaturen und Knöpfe in Ordnung. Alles war wieder an seinem Platz.
Die schwarze Gestalt tauchte ins Dunkel des Laderaums. Es dauerte eine Weile, dann war auch dort alles vorbereitet. Das Flugzeug wurde wieder verschlossen und die entwendete Tasche geschultert. Jetzt konnte niemand mehr entkommen.
8
Am nächsten Morgen schien die Sonne über Lukla. Der Nebel war verschwunden. Ein strahlend blauer Himmel gab den ungetrübten Blick auf das mächtige Everestmassiv frei, das Lukla um weitere viertausend Meter überragte.
In dem kleinen Frühstücksraum des Hotels saßen alle bereits beisammen, als Laima herunterkam.
„Sie sehen ja aus, als hätten sie unter einem Panzer geschlafen“, sagte Laima, als sie Professor Carlsen sah.
„Ich hoffe, meine Liebe, das war als Kompliment gemeint, dass meine Falten noch nie so glatt waren“, sagte Professor Carlsen.
„Wahrscheinlich lässt sie das Rauchen jünger aussehen“, sagte sie.
„Setzen sie sich“, sagte Gerold von Stein. „Ein sehr gutes englisches Frühstück, Speck mit Ei auf Toast. Kann ich nur empfehlen.“
„Wo ist denn unser Koch?“, fragte Laima.
„Er kauft schon einige frische Vorräte ein, bevor wir weiterfliegen.“
Nachdem sie ausgiebig gefrühstückt hatten, verließen sie das
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