Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wesen (German Edition)

Die Wesen (German Edition)

Titel: Die Wesen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Lux
Vom Netzwerk:
Handflächen schwitzten. Auch Sam war nervös. Er versuchte, seine und Laimas Hand in der Nähe der Felswand zu halten. Er ging mit ihr in die Knie. Er wackelte kurz. Dann ließ er los.
    Der Dropa zog sie um die Ecke zu sich und sie stürzte auf den Vorsprung. Tatsächlich wurde der Weg dahinter breiter, man konnte normal stehen.
    „Kommen sie, Sam“, rief sie. „Hier hinter ist genügend Platz.“
    Jetzt fasste sie nach Sams Hand. Der junge Dropa versuchte, Laima zu halten.
    „Langsam! Langsam“, sagte sie. „Jetzt!“
    Mit Schwung zog sie, so fest sie konnte, an Sams Hand.
    „Ich schaff es nicht“, schrie er und rutschte ab.
    Sein Oberkörper schlug gegen die Kante der Klippe. Seine Arme stoppte den Fall. Er stütze sich mit den Ellenbogen auf. Sofort griff Laima zu. Auch der Dropa packte an, um Sams massigen Körper heraufzuwuchten. Sie konnten es mit eigener Kraft alleine nicht schaffen, trotzdem hielten sie ihn so fest es ging.
    „Können sie sich mit den Beinen abstoßen?“, fragte Laima.
    „Ich versuchs. Jetzt! Ja, es geht. Ziehen sie!“
    Mit aller Kraft hievte sie Sam ‚The Rock’, der tatsächlich so schwer wie ein Felsbrocken war, herauf.
    „Danke“, stöhnte er, als er auf dem Rücken lag und schnaufte.
    „Ich, ich glaube, ich schaffe das nicht“, hörten sie bereits Schüssli hinter dem Felsvorsprung.
    Sam rappelte sich auf und zog erst Figaro Slinkssons und dann Professor Carlsen zu sich herüber.
    „Ich kann das nicht, ich stehe so schon kaum auf den Beinen“, jammerte Schüssli.
    „Wissen sie was“, sagte von Stein, „wenn sie nicht in die Hocke gehen und sich um diesen verdammten Felsen schleifen lassen, gebe ich ihnen einen Tritt, der das Problem sofort löst. Scheißen sie sich nicht ein und gehen sie gefälligst in die Knie!“
    Erst herrschte einen Moment Stille. Alle waren überrascht von diesen Worten. Dann sahen sie in Kniehöhe eine zitternde Hand. Slinkssons, der am nächsten stand, zögerte nicht lange und riss den Arm herum, an dem Schüssli baumelte.
    Von Stein schlüpfte bereits ohne jede Hilfe hinterher. Roger Schüssli wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    Der Pfad war nun breit genug, um bequem und sicher zu gehen. Von Stein war an allen vorbei und ging an zweiter Position hinter dem Dropa. Offenbar wollte er soweit wie möglich von seinem Assistenten entfernt sein. Der trottete hinter allen her, aber niemand schenkte ihm Beachtung.
    Die felsige Bergflanke öffnete sich, wurde weniger steil und brüchiger. Eine Art natürliche Treppe führte in engen Serpentinen hinunter. Sie folgten dem Dropa, der immer wieder sein Tempo drosseln musste. Das Heruntersteigen war wesentlich anstrengender als das Klettern. Bereits nach kurzer Zeit merkte Laima, wie ihre Waden krampften. Der Blick ins Tal aber bezauberte sie. Es war eine Entschädigung für die Anstrengungen. Sie freute sich, dass sie einen Weg gefunden hatten und die aufkeimende Hoffnung wiedergekehrt war. Der Weg hinab war zwar noch weit und die Stelle mit ihrer Ausrüstung schienen sie gänzlich aus dem Blick verloren zu haben, aber das Leben war neu und voller Versprechungen.
    Die Geier waren verschwunden und der Himmel war aufgeklart.
    „Ich schlage vor, wir machen eine kleine Rast“, sagte von Stein, dessen Missmut verflogen war.
    Alle nahmen den Vorschlag gerne an. Das Trockenfleisch wurde großzügig aufgeschnitten. Die Stimmung war ausgelassen und Sam erzählte sogar ein paar Witze. Professor Carlsen wirkte erschöpft und blass, was aber, seinem Alter entsprechend, kaum eine Überraschung war. Die Kühle, die vom Fluss aus dem Tal aufstieg, war bereits spürbar. Laima war verschwitzt und froh, sich wenigstens am Morgen ein Bad gegönnt zu haben.
    „Wann werden wir die Stelle mit unserem Equipment erreichen?“, fragte Professor Carlsen.
    Von Stein wandte sich an den Dropa.
    „Der Junge sagt, es könnte sein, dass wir heute noch die Stelle erreichen. Aber es könnte ebenso gut sein, dass wir es nur knapp bis hinunter ins Tal schaffen. Ich vermute, dass es am Fluss, aufgrund des schwankenden Wasserstands in der Monsunzeit, sehr schwierig sein wird, einen Weg durch das Tal zu finden.“
    Nach einer angemessen kurzen Rast, sie durften sich in den verschwitzten Sachen nicht zu lange ausruhen, stiegen sie, gestärkt vom frischen Wasser und der Zehrung, weiter abwärts.
    Mit der guten Laune erwachten aber auch die dunklen Gedanken wieder zum Leben. Ob man wollte oder nicht, holte einen alles wieder ein,

Weitere Kostenlose Bücher