Die Wette
festnageln würde. Er war überzeugt, dass die jüngere Generation sich nicht lange konzentrieren konnte, und er hatte sie gerade dabei erwischt, dass sie ins Leere starrte, statt an seinen Lippen zu hängen. “Ich habe bereits mit einem potenziellen Kunden gesprochen, und durch ihn könnte ich vielleicht noch weitere Aufträge bekommen”, sagte sie.
“Ausgezeichnet. Und wer ist es?”
Die Frage musste ja kommen. “Ich möchte den Namen erst nennen, wenn ich ein paar weitere Details ausgearbeitet habe.” Sie hatte nicht die Absicht, die Sache mit Nick zu verfolgen, aber vielleicht konnte sie so etwas Zeit schinden.
Beckworth runzelte die Stirn. “Sie können uns doch sicherlich den Namen des Unternehmens nennen, Kasey.”
“Nun, ich bin gebeten worden, die Verhandlungen noch für mich zu behalten, bis er sich endgültig entschieden hat. Es ist eine delikate Situation.” Das stimmte allerdings.
“Schön.” Beckworth gefiel es offensichtlich nicht, und er würde sie sicherlich später noch unter vier Augen darauf ansprechen, doch für den Moment ließ er das Thema fallen. “Ich erwarte von jedem von Ihnen Ende nächster Woche einen Bericht über die erzielten Fortschritte.”
Es kam, wie es kommen musste. Bevor sie den Konferenzsaal verlassen konnte, sprach er sie an. “Würden Sie bitte noch einen Moment bleiben, Kasey?” Er sammelte seine Unterlagen zusammen und steckte sie in seine Aktentasche.
“Natürlich.” Sie straffte die Schultern und versuchte, älter zu wirken.
Beckworth wartete, bis die anderen den Raum verlassen hatten. “Im Allgemeinen bin ich sehr zufrieden mit Ihrer Arbeit. Dafür, dass Sie noch so jung sind, zeigen Sie erstaunliche Fähigkeiten.”
“Danke, Mr Beckworth.” Sie akzeptierte sein etwas gönnerhaftes Verhalten, weil sie ihm so viel verdankte. Beckworth war im ganzen Staat bekannt, und ein Zeugnis von ihm würde ihr weiterhelfen, wenn sie sich entschied, einen Job außerhalb Arizonas anzunehmen. Ihre Familie hatte sie gebeten, in den nächsten Jahren noch nicht wegzuziehen, doch irgendwann würde sie vielleicht gern nach Los Angeles gehen.
Beckworth räusperte sich. “Heute Morgen habe ich Sie das erste Mal so abgelenkt gesehen. Ich weiß nicht, ob ich Ihnen Ihre Erklärung abkaufen kann. Stimmt irgendetwas nicht?”
Du meine Güte. Jetzt zeigte er sich von seiner großväterlichen Seite, was sie gar nicht verdient hatte. Sie war die ganze Nacht mit einem Mann zusammen gewesen und deshalb heute Morgen nicht in Form. Sie wollte nicht, dass er so freundlich und besorgt war.
Feige zog sie sich aus der Affäre. “Ich glaube, ich brüte etwas aus.” War grenzenlose Dummheit eine Krankheit?
“Dann sollten Sie nach Hause gehen und sich ausruhen.” Er machte den Eindruck, als wollte er ihr noch die Schulter tätscheln, nahm jedoch in letzter Minute Abstand davon. “Wir sind schließlich keine Sklaventreiber. Und Sie sehen wirklich etwas mitgenommen aus.”
Na klasse. Jeder sähe mitgenommen aus, wenn er auf eine Katastrophe zusteuerte. Natürlich konnte sie nicht nach Hause gehen. Dann verpasste sie Nicks Anruf, oder noch schlimmer, die Telefonistin sagte ihm, wo sie war, und er kam womöglich zu ihr.
Bei dem Gespräch mit ihm musste sie sich auf neutralem Boden befinden, irgendwo, wo sie seinen Verlockungen widerstehen konnte.
“Ich werde heute etwas langsamer machen”, versprach sie Beckworth. “Danke, dass Sie so besorgt um mich sind.”
“Natürlich bin ich besorgt. Ich gebe zu, dass ich Sie wider bessere Einsicht eingestellt habe, aber Sie haben in der Zeit, die Sie jetzt hier sind, bewiesen, dass Sie gute Arbeit leisten. Deshalb hat mich Ihr Verhalten heute Morgen bei dem Meeting so irritiert. Es passte nicht zu Ihnen.”
“Es wird nicht wieder vorkommen. Und danke, dass Sie mein Alter geheim halten. Ich denke, so habe ich es bei meinen Kollegen leichter.”
“Da haben Sie vermutlich recht.” Er lächelte sie an. “Machen Sie so weiter wie bisher. Ich bin sehr zufrieden mit Ihnen.”
“Danke.” Er hatte sie noch nie so gelobt. Ironie des Schicksals, dass er ausgerechnet einen Moment gewählt hatte, wo sie sich wie ein kompletter Dummkopf fühlte. “Jetzt mache ich mich besser wieder an die Arbeit. Nochmals vielen Dank.” Sie lächelte so strahlend wie möglich und verließ eilig den Konferenzraum.
Zurück im Hauptbüro, ignorierte sie die bedeutungsvollen Blicke von Gretchen und Amy, ging an ihren Schreibtisch und schaltete ihren
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