Die widerspenstige Braut
unwiderstehlich.
Sehr gut. Sie würde durch ihr Handeln ihre Gefühle offensichtlich machen. »Ich bin Ihnen dankbar für Ihre Rücksichtnahme und bin froh, dass ich umziehe. Sie werden Lady Marchant heiraten.« Dann ging mal wieder ihr Temperament mit ihr durch. »Und ich würde wirklich nicht gern mit meinen Fingern in Ihrer Keksdose ertappt werden.«
Zutiefst irritiert sagte er: »Ich bin wohl kaum ein Keks.«
»Genau.«
»Kommen Sie.« Er ergriff wieder ihren Arm und marschierte mit ihr die Treppe hinunter und aus der Tür.
Kapitel 16
Lady Marchant saß an einem der Tische unter einer Markise auf der Veranda. Ihre blasse Haut war makellos. Ihr braunes Haar war perfekt glatt frisiert mit seitlichen Ringellocken und einem Knoten im Nacken. Als sie an ihrer Teetasse nippte, war ihr kleiner Finger gekrümmt, genau wie es sich gehörte. Geräuschlos stellte sie ihre Tasse auf die Untertasse und lächelte Samantha an. »Hier haben wir ja unsere kleine Gouvernante, die unsere weibliche Unterzahl aufbessern wird. Ich hoffe doch sehr, dass Sie das Privileg zu würdigen wissen, das Colonel Gregory Ihnen zugute kommen lässt.«
Als William ihr den Stuhl zurechtrückte, nahm Samantha Platz. »Ich weiß gar nicht, wie ich meine Begeisterung ausdrücken soll.«
Bei Samanthas spitzem Tonfall blinzelte Lady Marchant verblüfft.
Samantha hätte sie am liebsten gefragt, ob sie etwas in ihrem Auge hatte.
»Sie fürchtet, dass unsere Gäste entrüstet sein werden wegen ihres gesellschaftlichen Hintergrunds.« William nahm ebenfalls Platz.
»Sie sind eine vernünftige junge Frau«, spendierte Lady Marchant ihr als Kompliment. »Ich habe diese Befürchtung William gegenüber ebenfalls erwähnt.«
William blieb unbeweglich auf seinem Stuhl sitzen, ein großer Mann, der irgendwie fehl am Platz hätte wirken müssen auf dem eher filigranen Metallmöbel. Stattdessen sah das Ganze völlig selbstverständlich aus, was man wohl seiner Erziehung und seinem Militärdienst zugute halten musste. »Ich kenne diese Männer. Sie sind ebenso vernünftige wie total normale Männer. Sie werden das Bedürfnis haben, sich in der Gesellschaft einer schönen und charmanten Frau entspannen zu können.« Er warf einen Blick auf Samantha und musterte sie eindringlich, als würde er sie in Gedanken mit etwas vergleichen.
Mit was war ihr allerdings unklar.
Er fuhr fort: »Wie du selbst betont hast, Teresa, ist Samantha beides.«
»Sehr richtig«, sagte Lady Marchant. »Ich sorge mich auch eher um Miss Prendregast selbst. Ich möchte nicht, dass sie sich … merkwürdig fühlt. Fehl am Platz.«
Mann! Wen glaubte Lady Marchant eigentlich narren zu können? Sie wäre
entzückt,
wenn Samantha sich merkwürdig vorkäme und fehl am Platz. Samantha erwiderte liebenswürdig:
»Ich habe früher schon mit charaktervollen Männern zu tun gehabt« – als sie ihnen ihre Taschen geleert hatte –, »und ich habe festgestellt, dass sie durchaus den charakterlosen gleichen.« Sie blickte William offen an. »Leicht zu manipulieren.«
Er beugte sich vor und nahm eine ungewollte Drohgebärde ein. »Finden Sie, dass ich leicht zu manipulieren bin, Miss Prendregast?«
Sie begegnete ungerührt seinem Blick. »Ich war nicht interessiert genug, es herauszufinden, Colonel Gregory.«
Lady Marchant tat so, als würde sie die explosive Spannung zwischen Samantha und William nicht bemerken, und lachte kehlig: »Nicht alle Frauen sind so fasziniert von dir, wie ich es bin, William. Und Miss Prendregast, der Trick bei der Manipulation ist der, dass man sie anwendet, ohne dass die Männer es merken.«
Samantha konnte nur mit Mühe ihren Ärger unterdrücken über Lady Marchant und ihre alberne Philosophie. »Der Trick ist, sich gar nicht erst in eine Situation zu begeben, wo man sich irgendwelche Gedanken über Männer machen muss. Eine unabhängige Frau ist in der angenehmen Situation, sich selbst zu genügen.«
Lady Marchant blinzelte wieder. »Wie wunderbar erfrischend Sie sind, Miss Prendregast. Ich beglückwünsche Sie zu Ihrer Autonomie. Sie passt so gut zu einer Bediensteten. Willst du sie nicht auch dazu beglückwünschen, William?«
»In der Tat.« Er besaß die Unverfrorenheit, skeptisch zu klingen. »Es ist selten, dass eine Frau sich wirklich wünscht, der kalten, grausamen Welt allein gegenüberzutreten.«
Samantha antwortete ihm direkt. »Nur eine, die gesehen hat, dass eine Frau mit einem gleichgültigen Partner erst recht einsam ist.«
Lady Marchant
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