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Die Widmung: Roman (German Edition)

Die Widmung: Roman (German Edition)

Titel: Die Widmung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brunonia Barry
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diesem Moment Messungen anstellten, Notizen machten, sie als Rückversicherung mit den ausgeklügelten Bordsystemen abstimmten? Den Systemen, die nie versagen sollten, es manchmal aber doch taten, so dass der Navigator weiterhin bei jedem Sonnenaufgang und Sonnenuntergang messen musste, bis das Ziel erreicht war.
    Sie betrachtete die Sterne am Horizont. Dann fiel ihr etwas ein, was Hawk ihr erzählt hatte. Sie öffnete die Mahagonikiste und nahm den Sextanten heraus. Dann sah sie sich die Sternenkarte an. Einen Almanach hatte sie nicht, und sie hätte auch gar nicht gewusst, wie sie ihn benutzen sollte, aber sie hatte das Sternbild Jungfrau nun so lange beobachtet, dass sie seinen Weg über den Himmel kannte. Sie schob den Schreibtisch vor das Fenster und stellte den Sextanten darauf, ausgerichtet auf die Stelle am Himmel, wo die Jungfrau sein müsste, wenn sie sichtbar wäre. Dann wartete sie.
    Spicas Aufgang war nicht so dramatisch wie der Sonnenaufgang ein paar Minuten später. Sie erschien als funkelnder kleiner Punkt am Horizont und blieb nur ein paar Minuten dort, bevor ihr Licht von der aufgehenden Sonne verzehrt wurde. Doch in diesen wenigen Minuten strahlte sie heller als jeder andere Stern am Horizont. Zee wusste ganz genau, was sie da sah und was für ein Glück sie hatte, dass es heute klar war, dass sie zufällig wach war und auch noch den Sextanten ausgepackt und hindurchgeschaut hatte. Spica würde nun bis zum nächsten Jahr verschwinden, wenn die Jungfrau wieder am nördlichen Nachthimmel sichtbar wurde, aber Zee hatte sie gesehen, sie zum ersten Mal gefunden, und fürs Erste war das genug.
    Sie schaute lange zu, bis die Sterne verschwanden und die Sonne hell und kräftig durch das gewellte Fensterglas schien. Wie viel Uhr war es wohl? Bowditch schnarchte laut in dem Durchgang zwischen den zwei Zimmern, der Rhythmus des Ein- und Ausatmens war ganz regelmäßig, wie eine alte Uhr oder ein langsam und gleichmäßig schlagendes Herz. Dahinter schlief Melville, nur seine blonden Haare ragten über der Bettdecke heraus. Sie stellte sich ans Fenster und ließ sich von der Sonne wärmen.
    Unten auf der Straße liefen schon ein paar Menschen. »Es ist Mittwoch«, sagte sie laut, überrascht, dass sie das wusste und auch, dass sie offenbar lange nicht gewusst hatte, welcher Tag es war.
    Sie zog sich Jeans und den alten Pulli an, den sie sich von Melville leihen durfte, und ging über die Hintertreppe auf die Straße.
    Wann war der Sommer zum Herbst geworden?
    Überall gab es Kürbisse. Sie dachte an Salem und an Halloween und hatte plötzlich ein kleines bisschen Heimweh. Sie stellte sich an der Kaffeerösterei an, kaufte sich einen Macchiato und trank ihn an einem Tisch im Freien. Der Buchladen wurde geöffnet, die Buchhändlerin stellte ein Klappschild hinaus.
    Die Leute kamen, um sich ihren Kaffee zu holen, und gingen wieder. Was für ein Leben führten sie alle? Mütter, die ihre Kinder in die Schule brachten, Menschen, die zur Arbeit eilten, ganz normaler Alltag, als würde nichts Beunruhigendes geschehen, als wäre nichts Beunruhigendes geschehen. Sie fragte sich auch, welche unerfüllten Träume die junge Mutter hatte, die ihr gegenübersaß. Dann wurde ihr bewusst, dass sie sich schon lange über gar niemanden mehr Gedanken gemacht hatte. Sie dachte an Finch, und wieder regte sich etwas in ihr. Sie brauchte einen Moment, um dieses Gefühl zu erfassen. Sehnsucht, dachte sie. Es war Sehnsucht.
    Als sie ihren Kaffee ausgetrunken hatte, ging Zee wieder nach drinnen und bat darum, das Telefon für ein R-Gespräch benutzen zu dürfen. Sie wählte die Nummer von Matteis Praxis und hinterließ eine Nachricht. Dann kaufte sie Melville einen Kürbismilchkaffee und Bowditch einen Scone mit Kaffeegeschmack und ging zurück zu der Pension.
    Bowditch war bei Melville im Zimmer.
    »Unser Junge hat sich Sorgen um dich gemacht«, sagte er. Melville und Bowditch wirkten beide erleichtert, dass sie wieder da war.
    »Tut mir leid«, sagte sie. Sie wollte es wiedergutmachen. »Ich habe Kaffee mitgebracht.« Sie reichte Melville den Milchkaffee und legte Bowditch den Scone in seinen Napf.
    Bowditch führte einen Tanz auf, so gut ihn ein dreizehnjähriger Basset Hound hinbekam.
    Sie merkte, dass Melville sie musterte. Etwas hatte sich definitiv verändert.
    »Wie geht es dir?«, fragte er.
    »Ganz gut.«
    Sie tranken ihren Kaffee und sahen dem Sonnenlicht zu, das sich im Wasser des Hafens spiegelte. Von hier konnte man

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