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Die Widmung: Roman (German Edition)

Die Widmung: Roman (German Edition)

Titel: Die Widmung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brunonia Barry
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vorfuhr. Er suchte die Straße nach dem roten Pick-up ab. Er hätte erleichtert sein können, weil er ihn nicht entdeckte, aber das war er nicht. Er war schon ausgestiegen, bevor Rafferty ganz anhalten konnte.
    Hawk rannte in die Küche und sah das Kreuz und das Kokain auf dem Tisch.
    »Nach oben!«, brüllte er Rafferty zu und nahm zwei Stufen auf einmal.
    Rafferty kam gerade oben an der Treppe an, als Hawk Roy von Zee herunterzerrte. Hawk schleuderte ihn mit solcher Wucht weg, dass Roy sofort einen Krampfanfall erlitt. Als ihn die erste Strychninwelle traf, bog sich sein Rücken extrem nach hinten durch, bis er mit dem Kopf beinahe den Boden berührte.
    Es wurden insgesamt acht Krampfanfälle, bis er tot war. Dazwischen brach er immer wieder erschlafft zusammen, während sein Körper die Energie für den nächsten Anfall sammelte.
    Rafferty rief Verstärkung und einen Krankenwagen. Jenseits dessen konnte man nichts anderes tun, als zuzusehen.

5. TEIL
    September – Oktober 2008
    Der Polarstern ist der beständigste Stern am Himmel, seine Position ist am konstantesten. Aber er scheint oft nicht hell genug, um sich auf ihn zu verlassen. Man muss sich deshalb nach anderen Sternen orientieren, die weiter unten am Himmel stehen, Sterne, die am Horizont auf- und untergehen.

65
    Melville machte das alte Hummerboot am Pier an der Turner Street fest und half Zee an Bord. Er nahm ihr den Seesack ab und ein paar andere Sachen, die sie mitgebracht hatte, und verstaute sie für sie in der Kabine.
    »Pass auf.« Er hielt ihren Arm, als sie hineinsprang. »Es ist rutschig.«
    Am Ende der Saison hatte Melville sein Boot endlich wieder im Wasser, nachdem es in Finchs Zufahrt quasi im Trockendock gelegen hatte, so lange er sich erinnern konnte. Es waren ein paar Reparaturen nötig gewesen, doch alles in allem befand es sich in überraschend gutem Zustand.
    Bowditch lag im Heck und sonnte sich schnarchend. Als Zee an Bord sprang, hob er den Kopf und wackelte mit dem Schwanz, stand aber nicht auf.
    Melville hatte sie dazu überredet. Sie hatte heute eigentlich gar nicht mitkommen wollen.
    »Weißt du, was ich immer gemacht habe, wenn mir alles zu viel wurde?«, hatte er sie gefragt.
    »Bist du weggelaufen?« Sie erinnerte sich daran, wie er verschwunden war.
    »Ich bin zur See gefahren«, sagte er. »Bis sich alles entwirrt hatte.«
    »Wie lange hat das gewöhnlich gedauert?«
    »Einmal hat es vier Monate gedauert, beim nächsten Mal zwei Jahre.«
    »Ich habe keine zwei Jahre«, sagte sie. »Und übrigens auch keine vier Monate.«
    »Das ließe sich diskutieren«, meinte er. »Aber stattdessen schlage ich einfach ein, zwei Wochen vor.«
    »Wo würden wir denn hinfahren?«
    »Ist das wichtig?«
    »Eigentlich nicht«, sagte sie.
    »Nach Süden«, meinte er.
    »Okay.«
    Sie fuhren zum Cape Cod hinunter, nahmen die Abkürzung durch den Kanal auf die andere Seite und dann über den Ozean weiter bis Martha’s Vineyard. Melville ließ sich vom Hafenmeister in Edgartown einen Liegeplatz zuweisen, und sie wohnten auf dem Boot. Es gab zwar genügend Kojen unter Deck, aber wenn Melville aufwachte, schlief Zee oft auf der Bank im Heck des Boots, wie sie es nach Maureens Tod als Kind oft gemacht hatte. Bowditch schlief laut schnarchend neben ihr auf dem Deck.
    Melville rief täglich zu Hause an, um sich nach dem Stand der Dinge zu erkundigen. Manchmal sprach er mit Ann oder Mickey, die Finch abwechselnd besuchten, aber meistens redete er mit Jessina.
    »Es geht ihm gut«, berichtete sie ihm. »Also ich meine damit, es geht ihm nicht schlechter. Er ist nicht wieder gestürzt, es gibt keine neuen Entwicklungen. Er isst viele von meinen Keksen.«
    Die Tatsache, dass Jessina die Kekse als positives Symptom verstand, hätte Melville noch vor wenigen Wochen vielleicht beunruhigt. Jetzt war er froh, dass Finch Appetit hatte und keine Anzeichen von Depressionen wegen Zees Abwesenheit zeigte.
    »Ich tue für unser Mädchen, was du von mir wollen würdest«, sagte er laut vor sich hin. In letzter Zeit hatte er sich angewöhnt, laut mit Finch zu sprechen, als wäre er hier, in der Hoffnung, all die irdischen Regeln und als normal akzeptierten Zwänge würden in dem geistigen Reich, das Finch jetzt bewohnte, nicht mehr gelten. Es war ein Glaubensakt, etwas ganz Neues für Melville.
    Hawk und Michael meldeten sich auf der Box und per SMS . Die Nachrichten von Mattei beantwortete er.
    »Wie geht es ihr?«, fragte Mattei.
    »Schwer zu sagen«, meinte

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