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Die Widmung: Roman (German Edition)

Die Widmung: Roman (German Edition)

Titel: Die Widmung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brunonia Barry
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hatte sie nie gefragt, was sie vom Leben wollte. Was wahrscheinlich gut war. Denn mit zwölf hätte sie das vielleicht gewusst, aber heute würde sie zugeben müssen, dass sie keine Ahnung hatte.
    Heute Abend trank Michael zu viel. Er hatte die Flasche Portwein geleert und dann einen Côtes du Rhône gefunden, den er auch noch geöffnet hatte. Je mehr er trank, desto mehr färbte sich sein Gesicht rot, und sie spürte, wie sich die Spannung aufbaute.
    Als er den Arm ausstreckte, um sich noch ein Glas einzuschenken, blieb er mit dem Ärmel an dem Drehtablett hängen, so dass durch die Drehung die Salz- und Pfefferstreuer sowie Finchs Medikamente herunterflogen.
    Sie wollte die Sachen aufheben.
    »Ich mach das schon«, sagte er ärgerlich.
    Sie wartete, während er das Sinemet und den Salzstreuer aufhob.
    »Das ist ein gefährliches Medikament«, sagte er. »Wie kann jemand so blöd sein, es einfach auf dem Tisch herumstehen zu lassen?«
    Zee sagte nichts. Sie wusste, dass er einen Streit anzetteln wollte.
    »Wirklich blöd«, wiederholte er. Er stand auf, ging ins Bad und stellte es in den Medizinschrank. »Das hätte schon längst jemand machen sollen.« Er setzte sich wieder an den Tisch.
    Zee sagte erst nichts. Statt ihn darauf anzusprechen, stellte sie ihm eine direkte Frage: »Wann sind wir so wütend aufeinander geworden?«
    »Du bist vielleicht wütend. Ich nicht«, sagte er.
    »Bitte. Ich habe dich noch nie so wütend gesehen.«
    »Am Wochenende war ich sauer«, gab er zu. »Aber du hast es erklärt und dich entschuldigt, und ich verstehe absolut, was passiert ist.«
    »Du warst auch an dem Abend sauer, an dem Lilly von der Brücke gesprungen ist.«
    »Das war keine Wut, das war Frustration.«
    »Eine Frage der Formulierung.«
    »Ich musste der Hochzeitsplanerin sechstausend Dollar zahlen.«
    »Ich bezahle das«, sagte sie. »Das habe ich dir schon gesagt.«
    »Darum geht es doch gar nicht.«
    »Mir war die Hochzeitsplanerin unsympathisch. Sie war herrisch und hat mir Angst gemacht, und ihren Geschmack mochte ich auch nicht.«
    »Aber die Sushi mochtest du.«
    »Natürlich mochte ich die Sushi. Jeder in Boston mag die Sushi von O Ya. Ich brauche keine Hochzeitsplanerin für sechstausend Dollar, um zu erfahren, dass mir die Sushi von O Ya schmecken. Die hätten wir übrigens sowieso niemals über hundert Leuten serviert. Ich glaube nicht einmal, dass O Ya überhaupt einen Cateringservice anbietet.«
    »Wir haben also festgestellt, dass du die Hochzeitsplanerin nicht mochtest.«
    »Und du?«
    »Eigentlich nicht«, gab er zu. Dann dachte er darüber nach. »Ich konnte sie nicht ausstehen.« Kaum hatte er das gesagt, musste er lachen.
    »Warum zum Teufel hast du sie dann beauftragt?« Zee lächelte ihn an.
    »Das macht man eben so. Man verliebt sich, man macht einen Heiratsantrag, man beauftragt einen Hochzeitsplaner.«
    »Ganz, ganz einfach, Fall abgeschlossen«, zitierte sie Mattei.
    »Für die meisten Leute«, sagte er.
    »Offensichtlich nicht für meine Leute«, sagte sie.
    »Allerdings.«
    Sein Glas war leer, und er schenkte sich nach. Er wollte auch ihr eingießen, aber sie hielt die Hand darüber. »Ich hatte genug«, sagte sie.
    »Und wie geht’s jetzt weiter?«
    »Ich habe keine Ahnung.«
    »Möchtest du die Hochzeit verschieben?«, fragte er. »Ich meine, angesichts dessen, was mit deinem Vater gerade passiert.«
    »Das sollten wir wahrscheinlich tun.«
    »Aber du willst immer noch heiraten«, sagte er.
    »Ich habe nie gesagt, dass ich das nicht wollte«, entgegnete sie. »Du warst derjenige, der das gesagt hat.«
    »Okay«, meinte er.
    »Okay was?«
    »Okay, wir können verschieben.«
    Sie wollte noch etwas anderes sagen, etwas Endgültiges. Sie wusste, dass sie das tun sollte und dass er auf mehr von ihr wartete, aber es kam nichts. Sie war erschöpft. »Ich gehe ins Bett«, sagte sie. »Kommst du?«
    »Nein«, meinte er. »Ich bleibe noch ein bisschen wach.«
    Als sie durch den langen Gang in ihr Schlafzimmer ging, hörte sie, wie er sich ein weiteres Glas einschenkte.
    Spät in dieser Nacht kam Michael schließlich zu ihr ins Bett gekrochen, so dass sie beide in die durchhängende Mitte der alten Matratze rollten. Zee erwachte von saurem Weinatem. Michael küsste sie.
    Bevor sie wach genug war, um sich zu fangen, wandte sie instinktiv den Kopf ab.
    »Entschuldige«, sagte sie, als sie seinen gekränkten Gesichtsausdruck sah und begriff, was sie getan hatte.
    Sie wusste, dass er wütend war, aber er

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