Die Wiederkehr des gefallenen Engels
Kriegsgebet schrieb. Worte aus Licht, die den harten Stein zum Glühen brachten.
Als es getan war, erhob er sich und betrachtete sein Werk. Er sah die Schönheit seiner Botschaft, die Eleganz der Schrift und fühlte Stolz in sich. Falls er im Kampf für das Gute sterben sollte, würde etwas von ihm überdauern.
Zufrieden schritt er in die Nacht hinaus.
24.
Das Billardspiel war vorüber. Ben hatte die letzte Partie für sich entschieden, worauf ihm Marc zähneknirschend den vereinbarten Wetteinsatz in die Hand gedrückt hatte. Marc und Ben hatten sich ausgelassen auf die Barhocker fallen lassen, Jessi schien ebenfalls gute Laune zu haben, denn sie flirtete heftig mit Marc. Sam saß still vor einem Bier, aber er lächelte. Es war lediglich Mona, die nicht in dieses fröhliche Bild passte. Ihr Gesicht war verschlossen, ein abweisender Ausdruck lag darauf. Die weichen braunen Augen verschwanden hinter zugekniffenen Lidern, durch die hindurch sie Lara fixierte.
Was ist?, dachte Lara. Was habe ich ihr getan?
Sie überlegte, ob sie etwas Falsches gesagt hatte, aber ihr fiel nichts ein.
Schließlich versuchte sie es mit einem Lächeln, aber dieses Lächeln erstarb auf ihren Lippen, als sie sah, dass Mona nicht darauf reagierte, sondern sich demonstrativ abwandte.
Meine Güte, welche Laus ist der über die Leber gelaufen?
Ben rutschte von seinem Barhocker herunter, stellte sich vor Lara und legte die Arme um ihre Hüften. Er beugte sich vor und küsste sie sanft. Lara genoss es mit geschlossenen Augen.
»He«, rief Marc, der seinen Arm um Jessi gelegt hatte und mit ihr an die Theke trat. »Hier wird nicht geknutscht, außer …«
Er drückte Jessi einen schmatzenden Kuss auf die Wange. »… ich bin es.« Jessi beantwortete diesen Scherz mit einem gespielten Ellbogenstoß in seine Rippen.
»Aua«, stöhnte Marc. »Das tut weh.«
»Will ich doch hoffen.«
»Darüber müssen wir reden.« Marc zog Jessi mit nach draußen und alle wussten, dass sie dort ganz bestimmt nicht reden würden. Monas Gesicht wurde noch finsterer, aber Lara ignorierte sie. Ihr Blick fiel auf Sam, der sie sonderbar geistesabwesend anschaute. Auf seinem Gesicht lag ein fragender Ausdruck, so als versuche er, für sich selbst ein Rätsel zu lösen. Lara nickte mit dem Kopf in seine Richtung und flüsterte Ben zu: »Was ist mit ihm?«
Ben sah kurz hinüber, wandte sich dann aber wieder desinteressiert ab. »Keine Ahnung. So ist er einfach manchmal. Dann vergisst er die Welt um sich herum und starrt ins Nichts.«
»Warst du dabei, als Marc ihn kennenlernte?«
»Du meinst in der Bar?«
Lara nickte.
»Ja, ist einfach aufgetaucht und war plötzlich da. Niemand von uns hat ihn jemals zuvor gesehen, was hier auf dem Land an sich schon ein Wunder ist. Fr spricht keinen Dialekt, sondern glasklares Hochdeutsch, sodass man nicht mal raten kann, woher er stammt. Möglicherweise aus der Gegend, vielleicht ist er aber auch hergezogen.«
»Hast du ihn nicht gefragt?«
»Klar, aber rate mal, was er gesagt hat.«
»Was?«
»Er wisse es nicht.«
»Das hat Marc auch schon erzählt. Ist das nicht irre?«
»Ein wenig seltsam ist das schon«, gab Ben zu.
»Und das stört euch nicht? Ihr stellt keine Fragen?«
Ben zuckte mit den Schultern. »Warum? Irgendwann wird er es uns erzählen, bis dahin kann ich warten.«
»Aber bist du denn nicht neugierig?«
Er lächelte breit. »Nein. Sam ist in Ordnung. Er nervt nicht. Sitzt meistens still herum und kümmert sich um sich selbst. Dass er ein bisschen merkwürdig ist, stört mich nicht.«
Ein bisschen merkwürdig?, dachte Lara. Der Typ leidet anscheinend unter Gedächtnisverlust, aber mein Freund findet das nur ein wenig »merkwürdig« .
Sie beschloss, das Rätsel um Sam selbst zu lösen. Vielleicht hatte er ernsthafte Probleme und jemand mit Erfahrung sollte sich um ihn kümmern, ein Psychologe oder Therapeut. Einfach nur dazusitzen und ihn so akzeptieren, wie er war, grenzte an unterlassene Hilfeleistung.
»Wo wohnt er?«, forschte Lara weiter.
»Keine Ahnung. Er kommt und geht, wie es ihm gefällt.«
»Hat er ein Auto?«
Ben dachte kurz nach. »Jetzt, wo du mich danach fragst, ich glaube nicht. Er kommt immer irgendwie zu Fuß.«
»Hast du seine Handynummer?«
»Ja, aber …«
»Und du hast ihn auch schon angerufen?«
»Klar, wie sollte er sonst wissen, wo wir uns treffen?«
»Hmmm«, machte Lara.
»Was denn?«
»Ich glaube, Sam hat ernsthafte Probleme.«
»Haben wir die nicht alle?«,
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