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Die Wiederkehr von Sherlock Holmes, Bd. 3

Die Wiederkehr von Sherlock Holmes, Bd. 3

Titel: Die Wiederkehr von Sherlock Holmes, Bd. 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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Geistesgestörtheit trieben. Es wird vermutet, daß sie in einem sol chen Anfall das schreckliche Verbrechen beging, das in London eine Sensation auslöste. Zwar ist noch nicht geklärt, wo sie sich am Montagabend aufhielt, aber es ist unzweifelhaft, daß eine Frau, deren Beschreibung auf sie zutrifft, am Dienstagmorgen durch ihr wildes Aussehen und die Heftigkeit ihrer Gebärden auf dem Bahnhof von Charing Cross großes Aufsehen erregt hat. Wahrscheinlich hat sie das Verbrechen bereits im Wahnsinn begangen, oder aber es ist der unmittelbaren Auswirkung der Tat zuzuschreiben, daß die bedauernswerte Frau um ihre Sinne kam. Gegenwärtig ist sie nicht in der Lage, einen zusammenhängenden Bericht über das Geschehen zu geben, und die Ärzte hegen keine Hoffnung, ihren Verstand wiederherstellen zu können. Es gibt Hinweise, daß eine Frau, möglicherweise Mme. Fournaye, gesehen wurde, die am Montagabend einige Stunden lang das Haus in der Godolphin Street beobachtete.«
      »Was halten Sie davon, Holmes?«
      Ich hatte ihm die Nachricht vorgelesen, während er sein Frühstück beendete.
      »Mein lieber Watson«, sagte er, erhob sich vom Tisch und ging im Zimmer auf und ab. »Sie mußten lange leiden. Aber wenn ich Ihnen während der letzten drei Tage nichts erzählt habe, dann darum, weil es nichts zu erzählen gab. Auch der Bericht aus Paris hilft uns wenig.«
      »Aber er klärt doch wenigstens, wie der Mann zu Tod gekommen ist.«
      »Der Tod dieses Mannes ist nur ein Zwischenfall – eine unbedeutende Episode, verglichen mit unserer eigentlichen Aufgabe, das Dokument aufzuspüren und Europa vor einer Katastrophe zu bewahren. Nur eine wichtige Sache hat sich während der letzten drei Tage ereignet, und das ist, daß sich nichts ereignet hat. Fast stündlich bekomme ich Nachricht von der Regierung, und es ist gewiß, daß es nirgendwo in Europa Anzeichen von Unruhe gibt. Wenn nun dieser Brief irgendwo herumfliegt – aber er kann ja nicht irgendwo herumfliegen –, wenn er also nicht irgendwo herumfliegt, wo mag er dann sein? Wer hat ihn in Besitz? Warum wird er zurückgehalten? Das ist die Frage, die wie mit Hämmern in meinem Hirn pocht. War es wirklich ein Zufall, daß Lucas in der Nacht den Tod fand, in der der Brief verschwand? Hat er den Brief je bekommen? Wenn ja, warum hat man ihn denn dann nicht unter seinen Papieren finden können? Hat seine verrückte Frau ihn mitgenommen? Wenn ja, hat sie ihn dann in ihrem Haus in Paris? Wie kann ich aber da nach ihm suchen, ohne daß die französische Polizei Verdacht schöpft? Das ist ein Fall, Watson, in dem für uns das Gesetz so gefährlich ist wie die Verbrecher. Alles steht gegen uns, und dabei sind die Interessen, die auf dem Spiel stehen, ungeheuer groß. Wenn ich die Sache zu einem erfolgreichen Ende führe, so wird es sicher die Krönung meiner Karriere sein. Ah, hier ist das Neueste von der Front!« Er überflog die Nachricht, die hereingereicht worden war. »Hallo! Lestrade scheint etwas Interessantes beobachtet zu haben. Setzen Sie Ihren Hut auf, Watson, wir machen einen Bummel nach Westminster.«
      Ich besuchte zum ersten Mal den Schauplatz des Verbrechens – ein hohes, düsteres, schmalbrüstiges Haus, schmuck, steif und gediegen wie das Jahrhundert, aus dem es stammte. Aus einem Frontfenster schaute uns Lestrades Bulldoggengesicht entgegen, und er begrüßte uns herzlich, nachdem ein großer Konstabler uns eingelassen hatte. Das Zimmer, in das wir geleitet wurden, war der Raum, in dem das Verbrechen stattgefunden hatte, aber nichts erinnerte mehr daran, außer einem häßlichen, unregelmäßigen Fleck auf dem Teppich. Dieser Teppich war ein kleines quadratisches Drogett, das in der Mitte des Zimmers lag und eine prächtige alte, auf Hochglanz gebohnerte Holzdielung bedeckte. Über dem Kamin hing eine großartige Waffensammlung, aus der auch der Dolch stammte, der in der schrecklichen Nacht benutzt worden war. In der Fensternische stand ein kostbarer Schreibsekretär, und jeder Einrichtungsgegenstand – die Bilder, die Brücken, die Vorhänge – deutete auf einen luxuriösen Geschmack, der bis an die Grenze der Weichlichkeit ging.
      »Schon die Nachricht aus Paris gelesen?« fragte Lestrade.
      Holmes nickte.
      »Unsere französischen Freunde scheinen diesmal das Richtige getroffen zu haben. Zweifellos ist es so gewesen, wie sie sagen. Sie klopfte an – ein überraschender Besuch, denke ich, denn er hielt seine verschiedenen Leben

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