Die Wiederkehr von Sherlock Holmes, Bd. 3
Treppe war ein schwerer Schritt zu hören, und einen Moment später trat ein großer, gutrasierter Herr mit rosiger Haut ins Zimmer, dessen klare Augen und blühende Wangen von einem Leben erzählten, das sich fern von den Nebeln der Baker Street abspielte. Er schien einen Hauch von starker, frischer, rauher Ostküstenluft mit sich hereinzutragen. Als er uns beiden die Hand gegeben hatte und sich setzen wollte, fiel sein Blick auf das Papier mit den seltsamen Zeichen, das ich mir soeben angesehen und auf dem Tisch liegengelassen hatte.
»Nun, Mr. Holmes, was halten Sie davon?« rief er. »Man hat mir gesagt, Sie seien versessen auf mysteriöse Sachen, und ich glaube nicht, daß Sie etwas Mysteriöseres finden werden. Ich habe das Blatt vorausgeschickt, damit Sie Zeit hätten, es zu studieren, bevor ich komme.«
»Das ist wirklich ein ziemlich sonderbares Erzeugnis«, sagte Holmes. »Auf den ersten Blick könnte es als Kinderstreich erscheinen. Es besteht aus einer Anzahl unsinniger kleiner Figuren, die über das Papier tanzen. Wie kommen Sie dazu, einem so grotesken Gegenstand Wichtigkeit beizulegen?«
»Ich tu’s ja nicht, Mr. Holmes. Meine Frau tut es. Das Blatt hat sie zu Tode erschreckt. Sie sagt nichts, aber ich kann das Entsetzen in ihren Augen sehen. Deshalb möchte ich der Sache auf den Grund gehen.«
Holmes hielt das Papier hoch, so daß die Sonne voll darauffiel. Es war eine aus einem Notizbuch herausgerissene Seite. Die Zeichen waren mit Bleistift gemalt und sahen so aus:
Holmes betrachtete sie eine Zeitlang, faltete das Blatt vorsichtig zusammen und steckte es in die Brieftasche.
»Das verspricht einen äußerst interessanten und ungewöhnlichen Fall«, sagte er. »Sie haben mir schon in Ihrem Brief ein paar Einzelheiten mitgeteilt, Mr. Hilton Cubitt, aber ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mit Rücksicht auf meinen Freund, Dr. Watson, alles noch einmal wiederholen würden.«
»Als Geschichtenerzähler bin ich nicht viel wert«, sagte unser Besucher, der nervös seine großen, kräftigen Hände öffnete und schloß. »Sie müssen fragen, wenn Ihnen etwas nicht klar wird. Ich beginne mit meiner Heirat im letzten Jahr. Aber zuerst möchte ich sagen, daß meine Familie, obwohl ich kein reicher Mann bin, schon seit fünf Jahrhunderten in Ridling Thorpe ansässig ist und daß es keine bekanntere in der County gibt. Im letzten Jahr kam ich zum Jubiläum nach London und stieg in einer Pension am Russell Square ab, weil Parker, der Vikar unserer Gemeinde, dort wohnte. Da war eine junge amerikanische Dame – sie hieß Patrick – Elsie Patrick. Bei irgendeiner Gelegenheit schlossen wir Freundschaft, und bevor noch der Monat herum war, war ich so in sie verliebt, wie ein Mann es nur sein kann. Wir ließen uns in aller Stille auf dem Standesamt trauen und kehrten als verheiratetes Paar nach Norfolk zurück. Vielleicht finden Sie es verrückt, Mr. Holmes, daß ein Mann aus einer guten alten Familie auf solche Weise eine Frau heiratet, von deren Vergangenheit und Familie er nichts weiß; aber wenn Sie sie sehen und sie kennenlernen würden, könnten Sie mich sicherlich verstehen.
Sie ist sehr offen zu mir gewesen, meine Elsie. Ich kann nicht sagen, daß sie mir nicht jede Chance, aus der Sache herauszukommen, geboten hätte, wenn es mein Wunsch gewesen wäre. ›Ich hatte in meinem Leben einige sehr widrige Verbindungen‹, sagte sie. ›Ich möchte das alles vergessen. Ich würde lieber nicht auf meine Vergangenheit zurückkommen, denn sie ist sehr schmerzlich für mich. Wenn du mich nimmst, Hilton, dann nimmst du eine Frau, bei der es nichts gibt, dessen sie sich persönlich schämen müßte; aber du wirst dich auf mein Wort verlassen und mir erlauben müssen, über alles zu schweigen, was in der Zeit geschehen ist, bevor ich die Deine wurde. Wenn diese Bedingungen zu hart sind, dann geh wieder nach Norfolk und laß mich einsam, wie du mich gefunden hast.‹ Es war der Tag vor unserer Trauung, an dem sie genau diese Worte zu mir sagte. Ich versicherte ihr, ich sei gewillt, sie unter ihren Bedingungen zu nehmen, und ich habe zu meinem Wort gestanden.
Nun, wir sind jetzt ein Jahr verheiratet, und wir sind sehr glücklich. Aber vor ungefähr einem Monat, Ende Juni, bemerkte ich zum erstenmal Anzeichen von Unruhe an ihr. Eines Tages erhielt meine Frau einen Brief aus Amerika. Ich sah die amerikanische Postmarke. Sie wurde leichenblaß, las den Brief und warf ihn ins
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