Die Wiederkehr von Sherlock Holmes, Bd. 3
Cornelius gerichtlich beschlagnahmen lassen«, sagte Sherlock Holmes.
Der kleine Mann zuckte zusammen und richtete seine boshaften Augen auf meinen Freund.
»Ich habe Ihnen für vieles zu danken«, sagte er. »Vielleicht werde ich eines Tages meine Schulden zurückzahlen.«
Holmes lächelte nachsichtig: »Ich kann mir vorstellen, daß Ihre Zeit in den nächsten Jahren völlig besetzt ist. Übrigens, was haben Sie außer Ihren alten Hosen in den Holzstapel gesteckt? Einen toten Hund, oder Kaninchen, oder was? Sie wollen nicht reden? Lieber Gott, wie unfreundlich von Ihnen! Gut, gut, ich würde sagen, daß ein paar Kaninchen ausreichen für das Blut und die verkohlten Reste. Wenn sie jemals von dieser Sache berichten, Watson, dann lassen Sie den Kaninchen Gerechtigkeit widerfahren.«
Die tanzenden Männchen
Holmes hatte stundenlang schweigsam dagesessen, den langen schmalen Rücken über eine Retorte gebeugt, in der er ein besonders ekelhaft riechendes chemisches Produkt braute. Der Kopf war ihm auf die Brust gesunken, und er kam mir vor wie ein fremdartiger schmächtiger Vogel mit stumpfem grauem Gefieder und schwarzem Schopf.
»Also, Watson«, sagte er auf einmal, »Sie haben nicht die Absicht, in südafrikanische Anleihen zu investieren?«
Überrascht zuckte ich zusammen. Wenn ich auch mit Holmes’ seltsamen Fähigkeiten vertraut war, so blieb mir doch dieses plötzliche Eindringen in meine innersten Gedanken ganz unerklärlich.
»Woher, um alles in der Welt, wissen Sie das?« fragte ich. Er drehte sich auf dem Schemel herum, ein dampfendes Reagenzglas in der Hand, einen Schimmer von Spott in den tiefliegenden Augen.
»Gestehen Sie nur, Watson, daß Sie verblüfft sind«, sagte er.
»Ich bin’s.«
»Eigentlich sollte ich mir das schriftlich von Ih
nen geben lassen.«
»Wieso?«
»Weil Sie in fünf Minuten sagen werden, daß der Schluß eigentlich lächerlich einfach ist.«
»Ich bin sicher, daß ich nichts dergleichen sagen werde.«
»Sehen Sie, mein lieber Watson« – er steckte das Reagenzglas in den Ständer und begann einen Vortrag in der Pose eines Professors, der zu seiner Klasse spricht –, »es ist wirklich nicht schwierig, eine Reihe von Schlüssen aufzubauen, bei der jeder von dem voraufgegangenen abhängt und dabei doch einfach in sich selbst ist. Wenn man dann die mittleren Schlußfolgerungen wegläßt und seine Zuhörerschaft nur mit dem Ausgangspunkt und dem Endresultat konfrontiert, kann man eine verblüffende, wenn auch möglicherweise nach Effekthascherei aussehende Wirkung erzielen. Nun, es war in der Tat nicht schwierig, nach Betrachtung der Falte zwischen Ihrem linken Zeigefinger und Daumen für sicher anzunehmen, daß Sie nicht daran denken, Ihr kleines Kapital in den Goldfeldern anzulegen.«
»Ich sehe keinen Zusammenhang.«
»Das glaube ich Ihnen gern, aber ich kann schnell einen engen Zusammenhang aufzeigen. Dies sind die fehlenden Glieder einer ganz simplen Kette: 1. Sie hatten Kreide an Finger und Daumen der linken Hand, als Sie gestern nacht aus dem Club nach Hause kamen. 2. Mit diesen Fingern halten Sie die Kreide, wenn Sie Billard spielen und das Queue stumpf machen wollen. 3. Sie spielen nur mit Thurston Billard. 4. Vor vier Wochen erzählten Sie mir, daß Thurston eine Option auf ein südafrikanisches Unternehmen hat, die innerhalb eines Monats fällig wird, und daß er Sie beteiligen möchte. 5. Ihr Scheckbuch ist in meinem Schrank eingeschlossen, und Sie haben mich nicht nach dem Schlüssel gefragt. 6. Sie haben nicht vor, Ihr Geld auf die Weise anzulegen.«
»Wie lächerlich einfach«, rief ich.
»Genau!« sagte er, ein wenig gereizt. »Jedes Problem wirkt kinderleicht, nachdem man es erklärt bekommen hat. Hier ist ein noch unerklärtes. Sehen Sie zu, was Sie daraus machen können, mein Freund Watson.« Er warf ein Blatt auf den Tisch und machte sich wieder an seine chemische Analyse.
Verwirrt sah ich mir die albernen Hieroglyphen an, die auf dem Papier standen.
»Was soll das, Holmes; es ist die Zeichnung eines Kindes!« rief ich.
»Ist das Ihr Eindruck?«
»Was sollte es sonst sein?«
»Das ist es, was Mr. Hilton Cubitt aus Ridling Thorpe Manor in Norfolk für sein Leben gern wissen möchte. Das kleine Rätsel kam mit der ersten Post, und er wollte mit dem nächsten Zug nachfolgen. Da schellt es, Watson. Ich wäre nicht sehr überrascht, wenn er es ist.«
Auf der
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