Die Wiederkehr von Sherlock Holmes, Bd. 3
Mr. Holmes. Heute morgen ist ein Brief an die Duchess abgegangen.«
»In diesem Fall«, sagte Holmes und stand auf, »denke ich, daß sich mein Freund und ich zu dem glücklichen Ergebnis unseres Abstechers in den Norden gratulieren können. Da gibt es aber noch eine Kleinigkeit, die ich geklärt wissen möchte. Dieser Hayes hatte seine Pferde so beschlagen, daß ihre Spuren aussahen wie die von Kühen. Hat er diesen außergewöhnlichen Betrug von Mr. Wilder gelernt?«
Der Duke stand einen Augenblick in Gedanken versunken, und auf seinem Gesicht spiegelte sich äußerste Überraschung. Dann öffnete er eine Tür und bat uns in einen großen Raum, der als Museum eingerichtet war. Er ging voran zu einem Glaskasten in einer Ecke und wies auf die Inschrift.
»Diese Hufeisen«, stand dort, »wurden im Festungsgraben von Holdernesse Hall gefunden. Sie sind für Pferde bestimmt, aber an der Unterseite mit eisernen Klauen versehen, um Verfolger von der Fährte zu schütteln. Man nimmt an, daß sie einem der mittelalterlichen marodierenden Barone von Holdernesse gehörten.«
Holmes öffnete den Glaskasten, feuchtete einen Finger an und führte ihn über eines der Hufeisen. Auf der Haut blieb eine dünne Schicht von frischem Schmutz zurück.
»Ich danke Ihnen«, sagte er und legte das Eisen wieder zurück. »Das ist das zweite höchst interessante Objekt, das ich im Norden zu sehen bekommen habe.«
»Und welches ist das erste?«
Holmes faltete seinen Scheck und legte ihn vorsichtig in die Brieftasche. »Ich bin ein armer Mann«, sagte er, streichelte sie liebevoll und ließ sie in der Tiefe seiner inneren Jackentasche verschwinden.
Der Schwarze Peter
Nie habe ich meinen Freund in besserer Verfassung gesehen – geistig und körperlich – als im Jahre ‘95. Sein wachsender Ruhm hatte ihm außerordentlich viel Kundschaft beschert; ich würde mich der Indiskretion schuldig machen, wenn ich auch nur Hinweise auf die Identität einiger der illustren Klienten gäbe, die unsere bescheidene Schwelle in der Baker Street überschritten. Doch Holmes, wie alle großen Künstler, lebte nur seiner Kunst, und ich habe – ausgenommen den Fall des Duke of Holdernesse – selten erfahren, daß er große Geldsummen für seine unschätzbaren Dienste verlangte. Er war so uneigennützig – oder launisch –, daß er den Mächtigen und Wohlhabenden oft, wo das Problem ihn nicht ansprach, seine Hilfe versagte, während er sich wochenlang mit wahrer Hingabe den Angelegenheiten einfacher Leute widmete, wenn die Fälle so ungewöhnlich und dramatisch waren, daß sie seine Phantasie anregten und seine Erfindungsgabe herausforderten.
In diesem denkwürdigen Jahr ‘95 hat eine Reihe seltsamer und komplizierter Fälle seine Aufmerksamkeit in Anspruch genommen; das begann mit seinen Ermittlungen zum plötzlichen Tod des Kardinals Tosca, die er auf ausdrücklichen Wunsch seiner Heiligkeit des Papstes führte, und ging wei ter bis zur Festnahme von Wilson, dem berüchtigten Kanarienvogelzüchter, wodurch ein Schandfleck aus Londons East End entfernt wurde. Diesen beiden berühmten Fällen folgte dichtauf die Tragödie von Woodman’s Lee mit den überaus dunklen Begleitumständen, die den Tod von Captain Peter Carey umgaben. Keine Darstellung des Wirkens von Mr. Sherlock Holmes wäre vollständig, enthielte sie nicht einen Bericht über diesen äußerst ungewöhnlichen Fall.
In der ersten Juliwoche war mein Freund so oft und so lange außer Haus, daß ich wußte, er mischte wieder in einer Sache mit. Der Umstand, daß einige ungeschliffene Männer während dieser Zeit vorstellig wurden und nach Captain Basil fragten, bedeutete mir, daß Holmes irgendwo unter einem seiner zahllosen Namen in Verkleidung arbeitete, mit deren Hilfe er seine eigene gewaltige Identität verbarg. Er besaß wenigstens fünf kleine Ausweichquartiere in verschiedenen Teilen Londons, in denen er sein Äußeres verändern konnte. Er erzählte mir nichts von seinen Unternehmungen, und es war nicht meine Art, mich ins Vertrauen zu drängen. Der erste zuverlässige Anhalt, den ich von ihm auf die Richtung seiner Nachforschungen erhielt, war ganz außerordentlich. Er hatte vor dem Frühstück das Haus verlassen, und gerade wollte ich das meine einnehmen, als er ins Zimmer trat, den Hut auf dem Kopf und unterm Arm wie einen Regenschirm einen riesigen Speer mit Widerhaken an der Spitze.
»Du liebe Güte, Holmes!« rief ich, »sagen Sie
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