Die Wiederkehr von Sherlock Holmes, Bd. 3
ich gewiß nie eine andere geheiratet. Aber sie starb und hinterließ dieses eine Kind, dessen ich mich annahm und für das ich sorgte. Ich konnte meine Vaterschaft vor der Welt nicht eingestehen, aber ich ließ ihm die beste Erziehung angedeihen, und als er erwachsen wurde, habe ich ihn in meiner Nähe gehalten. Er entdeckte mein Geheimnis und hat seitdem immer auf seinen Anspruch mir gegenüber gepocht und auf seine Macht hingewiesen, einen Skandal heraufzubeschwören, der mir zuwider gewesen wäre. Seine Gegenwart hat auch etwas mit dem unglücklichen Ausgang meiner Ehe zu tun. Vor allem verfolgte er von Anfang an meinen legitimen Erben mit ausdauerndem Haß. Vielleicht werden Sie nun fragen, warum ich James unter solchen Umständen in meinem Haus behielt. Ich würde Ihnen darauf antworten, daß ich es getan habe, weil ich in seinem Gesicht das seiner Mutter sah. Um ihretwillen nahm ich diese endlos lange Leidenszeit auf mich, die jedoch auch Vorzüge hatte – da gab es keine Erinnerung an sie, die er mir nicht suggerieren und ins Gedächtnis zurückrufen konnte. Es ging einfach nicht, ihn fortzuschicken. Aber ich befürchtete, er könne Arthur – Lord Saltire – Schaden zufügen, und so brachte ich den Kleinen in Sicherheit, indem ich ihn auf Dr. Huxtables Schule schickte.
James kam mit diesem Hayes in Verbindung, weil der einer meiner Pächter ist und James als mein Beauftragter fungierte. Der Kerl war von Anfang an ein Halunke; doch auf irgendeine außergewöhnliche Art und Weise wurde James vertraut mit ihm. Er hatte schon immer einen Hang zu niedrigem Umgang. Als James sich entschloß, Lord Saltire zu entführen, bediente er sich der Hilfe dieses Mannes. Sie erinnern sich, daß ich an jenem letzten Tag an Arthur geschrieben habe. Nun, James öffnete den Brief und legte einen Zettel dazu, auf dem er Arthur bat, sich in dem kleinen Gehölz in der Nähe der Schule einzufinden, das man ›Das Rauhe Wäldchen‹ nennt. Er benutzte den Namen der Duchess und brachte den Jun gen so dahin, daß er kam. An dem Abend radelte James zur Schule – jetzt gebe ich wieder, was James mir gestanden hat – und erzählte Arthur, den er in dem Wäldchen traf, daß seine Mutter ihn gern sehen wolle, daß sie ihn im Moor erwarte und daß er, wenn er um Mitternacht in das Wäldchen käme, dort einen Mann mit einem Pferd anträfe, der ihn zu ihr bringen würde. Der Junge ging zu der Verabredung und traf diesen Hayes, der außer seinem Pferd noch ein Pony bei sich hatte. Arthur stieg auf, und sie ritten gemeinsam los. Es scheint – das hat James erst gestern erfahren –, daß sie verfolgt wurden, daß Hayes den Verfolger mit einem Stock niederschlug und der Mann seinen Verletzungen erlag. Hayes führte Arthur in sein Wirtshaus, den ›Kampfhahn‹, und setzte ihn in einem der oberen Räume unter der Aufsicht von Mrs. Hayes, die eine freundliche Frau ist, aber völlig unter der Kontrolle ihres brutalen Mannes steht, gefangen.
Nun, Mr. Holmes, so standen die Dinge, als ich Sie vor zwei Tagen zum ersten Mal sah. Ich hatte von den wahren Vorgängen nicht mehr Ahnung als Sie. Sie werden fragen, aus welchem Motiv heraus James das alles getan hat. Ich kann nur antworten, daß viel Unvernunft und Fanatismus in dem Haß lag, den er gegen meinen Erben hegte. Nach seiner Überzeugung hätte er selber der Erbe aller meiner Besitzungen sein müssen, und er grollte den sozialen Gesetzen zutiefst, die das unmöglich machten. Gleichzeitig verfolgte er ein bestimmtes Ziel. Er war darauf aus, daß ich das Erblehen auflösen sollte, und glaubte, solches zu tun läge in meiner Macht. Er wollte mir einen Handel vorschlagen: Er würde Arthur zurückgeben, wenn ich das Erblehen auflöste und so die Möglichkeit einrichtete, ihm den Besitz per Testament zu überlassen. Er wußte genau, daß ich nie die Hilfe der Polizei gegen ihn in Anspruch nehmen würde. Ich sagte, daß er mir einen solchen Handel vorschlagen wollte; er hat es nicht wirklich getan, denn die Ereignisse entwickelten sich zu rasch und ließen ihm keine Zeit, seine Pläne in die Wirklichkeit umzusetzen.
Was den ganzen verruchten Plan zum Scheitern brachte, war Ihre Entdeckung der Leiche Heideggers. Die Nachricht erfüllte James mit Schrecken. Wir erfuhren davon, als wir gestern zusammen hier im Arbeitszimmer saßen. Dr. Huxtable hatte ein Telegramm geschickt. James war so niedergeschlagen und so erschüttert, daß mein Verdacht, den ich nie ganz unterdrücken konnte,
Weitere Kostenlose Bücher