Die Wiederkehr von Sherlock Holmes, Bd. 3
Selbstbeherrschung und barg das Gesicht in den Händen. Es dauerte einige Minuten, ehe er sprach.
»Wieviel wissen Sie?« fragte er schließlich, ohne den Kopf zu heben.
»Ich habe Sie und die anderen gestern abend gesehen.«
»Weiß außer Ihrem Freund noch jemand davon?«
»Ich habe mit niemandem gesprochen.«
Der Duke nahm mit zitternder Hand die Feder und öffnete sein Scheckbuch.
»Ich stehe zu meinem Wort, Mr. Holmes. Ich schreibe Ihnen jetzt den Scheck aus, so unwillkommen die Information, an die Sie gelangt sind, mir auch ist. Als ich das Angebot machte, bedach te ich kaum, welchen Lauf die Dinge nehmen könnten. Ich vertraue darauf, daß Sie, Mr. Holmes, und Ihr Freund Männer von Diskretion sind.«
»Ich verstehe Euer Gnaden nicht recht.«
»Um es einfach zu sagen, Mr. Holmes: Wenn nur Sie beide von dem Vorfall wissen, sehe ich keinen Grund dafür, daß er allgemein bekannt würde. Waren es nicht Zwölftausend Pfund, die ich Ihnen beiden schulde?«
Holmes lächelte und schüttelte den Kopf.
»Ich fürchte, Euer Gnaden, die Sache kann nicht so leicht beigelegt werden. Da ist noch der Tod dieses Lehrers, der in Betracht gezogen werden muß.«
»Davon wußte James nichts. Sie können ihn nicht dafür verantwortlich machen. Der Mord geht zu Lasten des brutalen Schlägers, den er unglücklicherweise engagiert hat.«
»Ich muß mich auf den Standpunkt stellen, Euer Gnaden, daß ein Mann, wenn er sich auf ein Verbrechen einläßt, moralische Schuld an jedem anderen Verbrechen auf sich lädt, das seinen Ursprung in dem ersten hat.«
»Eine moralische Schuld, Mr. Holmes. Da haben Sie ohne Zweifel recht. Aber nicht schuldig im Sinn des Gesetzes. Ein Mann kann nicht wegen eines Mordes verurteilt werden, bei dem er nicht anwesend war und den er so ekelhaft und verabscheuungswürdig findet wie Sie. In dem Moment, als er davon hörte, hat er mir alles gestanden, ganz erfüllt von Schrecken und Reue. Er verlor keine Stunde, völlig mit dem Mörder zu brechen. Oh, Mr. Holmes, Sie müssen ihn retten – Sie müs sen ! Retten Sie ihn, ich bitte Sie!«
Der Duke hatte den letzten Versuch, sich zu beherrschen, aufgegeben und ging mit zuckendem Gesicht, die geballten Fäuste schüttelnd, im Zimmer auf und ab. Schließlich faßte er sich und setzte sich wieder an seinen Schreibtisch. »Ich weiß es zu schätzen, daß Sie hierhergekommen sind, ehe Sie mit jemand anderem gesprochen haben«, sagte er. »So können wir wenigstens darüber beraten, wie dieser scheußliche Skandal möglichst kleingehalten werden kann.«
»So ist es«, sagte Holmes. »Und ich denke, Euer Gnaden, daß dies nur geschehen kann, wenn zwischen uns völlige Offenheit herrscht. Ich bin bereit, Euer Gnaden nach besten Kräften zu helfen; aber dazu muß ich bis in die letzte Einzelheit wissen, wie die Sache steht. Sie verwenden sich für Mr. James Wilder und sagen, daß er nicht der Mörder sei.«
»Ja. Der Mörder ist entkommen.«
Sherlock Holmes lächelte gezwungen.
»Euer Gnaden werden kaum von meiner bescheidenen Reputation gehört haben, sonst würden Sie wohl nicht annehmen, daß jemand mir so leicht entkommt. Auf meine Mitteilung hin ist Mr. Reuben Hayes letzte Nacht um elf in Chesterfield verhaftet worden. Ich habe ein Telegramm vom Chef der dortigen Polizei erhalten, ehe ich heute früh die Schule verließ.«
Der Duke lehnte sich im Sessel zurück und starrte meinen Freund bestürzt an.
»Sie scheinen über Kräfte zu verfügen, die fast nicht mehr menschlich sind«, sagte er. »So ist also Reuben Hayes verhaftet? Ich bin froh, das zu erfahren. Wenn es sich nicht auf das Schicksal von James auswirkt.«
»Auf das Ihres Sekretärs?«
»Nein, Sir, auf das meines Sohnes.«
Jetzt war es an Holmes, bestürzt dreinzusehen.
»Ich gestehe, daß dieser Aspekt völlig neu für mich ist, Euer Gnaden. Ich muß Sie um eine genauere Darstellung bitten.«
»Ich will vor Ihnen nichts verheimlichen und stimme mit Ihnen darin überein, daß völlige Offenheit, wie schmerzlich sie auch für mich sein mag, der beste Ausweg aus dieser verzweifelten Situation ist, in die James’ Torheit und Eifersucht uns gebracht hat. Als junger Mann, Mr. Holmes, liebte ich, wie man nur einmal in seinem Leben liebt. Ich bot der Dame die Heirat an, aber sie lehnte ab, um durch die Verbindung meine Karriere nicht zu beeinträchtigen. Wäre sie am Leben geblieben, hätte
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