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Die Wiederkehr von Sherlock Holmes, Bd. 3

Die Wiederkehr von Sherlock Holmes, Bd. 3

Titel: Die Wiederkehr von Sherlock Holmes, Bd. 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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Doch kaum war die Frau aus dem Raum gestürzt, da lief Holmes mit schnellen leisen Schritten hin zu der anderen Tür. Er drehte den Schlüssel im Schloß um. Im selben Augenblick hörten wir Stimmen und den Lärm eilender Füße. Die Schüsse hatten das Haus geweckt. Mit vollendeter Kaltblütigkeit glitt Holmes zum Safe, bepackte beide Arme mit Briefbündeln und warf sie alle ins Feuer. Das tat er wieder und wieder, so lange, bis der Safe leer war. Jemand rüttelte an der Klinke und schlug gegen die Tür. Holmes blickte rasch umher. Der Brief, der Milvertons Todesbote gewesen war, lag, ganz mit Blut befleckt, noch auf dem Tisch. Er warf ihn zu den brennenden Blättern. Dann zog er den Schlüssel aus der Verandatür, ließ mich vorgehen und schloß von draußen ab. »Hier entlang, Watson«, sagte er, »von hier können wir direkt über die Gartenmauer klettern.«
      Ich hätte nicht geglaubt, daß ein Alarm so schnell wirken könnte. Ich blickte zurück: das Haus erstrahlte in hellem Licht. Das Portal stand offen, und Leute liefen über den Hauptweg. Der Garten wimmelte von Menschen, und als wir aus der Veranda auftauchten, schrie ein Bursche: »Da sind sie!«, und heftete sich an unsere Fersen. Holmes schien das Anwesen genau zu kennen, geschwind wand er sich durch eine Anpflanzung junger Bäume, ich folgte dichtauf, und der Bursche keuchte hinter uns drein. Die Mauer, die unseren Weg versperrte, war sechs Fuß hoch, aber Holmes sprang hoch und hinüber. Als ich es ihm gleichtun wollte, fühlte ich, wie mich die Hand des Burschen am Fußgelenk packte; aber ich stieß ihn zurück und kroch auf allen vieren über die glasbesetzte Mauerkrone. Kopfüber fiel ich in ein Gebüsch; aber Holmes hatte mich im Nu auf den Beinen, und wir rannten zusammen davon über die große weite Heide von Hampstead. Wir waren, nehme ich an, zwei Meilen gelaufen, als Holmes endlich innehielt und gespannt lauschte. Hinter uns war nichts als tiefe Stille. Wir hatten unsere Verfolger abgeschüttelt und waren gerettet.

    Wir hatten gefrühstückt und rauchten die Morgenpfeife – es war der Tag nach diesem bemerkenswerten Erlebnis –, als man den ernsten und eindrucksvollen Lestrade von Scotland Yard in unser bescheidenes Wohnzimmer führte.
      »Guten Morgen, Mr. Holmes«, sagte er, »guten Morgen. Darf ich fragen, ob Sie zur Zeit sehr beschäftigt sind?«
      »Nicht zu beschäftigt, um Ihnen zuzuhören.«
      »Ich habe mich gefragt, ob Sie uns vielleicht, wenn Sie nichts Besonderes vorhaben, in einem höchst merkwürdigen Fall unterstützen würden, der sich in der letzten Nacht in Hampstead zugetragen hat.«
      »Um Gottes willen«, sagte Holmes. »Was hat es denn gegeben?«
      »Einen Mord – einen sehr dramatischen und außergewöhnlichen Mord. Ich weiß, wie scharf Sie auf solche Sachen sind, und ich würde es als eine große Ehre betrachten, wenn Sie sich nach Appledore Towers hinausbegäben und uns die Unterstützung Ihres Rats angedeihen ließen. Es ist kein alltägliches Verbrechen. Wir haben schon seit einiger Zeit ein Auge auf diesen Mr. Milverton, und, unter uns gesagt, er war ein ziemlicher Schurke. Es ist bekannt, daß er Papiere besaß, die er zu Erpressungen benutzte. Die Papiere sind alle von den Mördern verbrannt worden. Kein Wertgegenstand wurde entwendet, so ist es wahrscheinlich, daß die Verbrecher aus guten Verhältnissen stammen und ihr einziges Ziel darin sahen, einen Gesellschaftsskandal zu verhindern.«
      »Verbrecher!« rief Holmes. »Mehrere!«
      »Ja, zwei. Sozusagen fast auf frischer Tat ertappt. Wir haben ihre Fußabdrücke, wir haben ihre Beschreibung; es steht zehn zu eins, daß wir sie erwischen. Der erste Bursche war ein bißchen zu schnell, aber der zweite ist vom Hilfsgärtner gepackt worden und konnte erst nach einem Kampf entfliehen. Es war ein mittelgroßer, breitgebauter Mann – kantiges Kinn, starker Hals, Schnurrbart, über den Augen eine Maske.«
      »Klingt ziemlich unbestimmt«, sagte Sherlock Holmes. »Das könnte auch eine Beschreibung von Watson sein.«
      »So ist es«, sagte der Inspektor mit großem Vergnügen. »Es könnte eine Beschreibung von Watson sein.«
      »Nun, ich fürchte, ich kann Ihnen nicht helfen, Lestrade«, sagte Holmes. »Tatsache ist, daß ich diesen Burschen Milverton kannte und ihn für einen der gefährlichsten Männer von London gehalten habe; und ich denke, es gibt bestimmte Verbrechen, an die das Gesetz nicht herankommt und die deshalb, in

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