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Die Wiederkehr

Die Wiederkehr

Titel: Die Wiederkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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die Runde. Noch immer
wurden sie aus zahlreichen Augenpaaren angestarrt, doch die Männer
wandten ihre Blicke hastig ab und senkten die Köpfe, sobald sie seinen Blick auffingen. Dennoch war die Spannung, die im Raum
herrschte, deutlich zu spüren.
»Du musst lernen, deine Fähigkeiten besser zu verbergen«, fuhr er
sehr leise und ernst fort. »Die Hälfte von ihnen hält uns wahrscheinlich für Dämonen oder böse Geister. Noch so ein Tag, und sie fürchten sich mehr vor uns als vor den Türken.« Er griff nach dem Weinkrug und füllte beide Becher bis dicht unter den Rand, dann schob er
Abu Dun einen davon zu.
»Ist ja schon gut, ich habe verstanden, Hexenmeister«, brummte
Abu Dun missmutig. »Morgen werde ich mir den Kopf abhauen lassen, dann wird mich wohl keiner mehr für einen Dämon halten.«
»Die Idee ist gar nicht schlecht.« Andrej grinste. »Vielleicht ein
wenig drastisch, aber es muss ja nicht gleich der Kopf sein.« Er hob
seinen Becher, prostete Abu Dun spöttisch zu und fuhr in nachdenklichem Ton fort: »Aber wenn du so stark verletzt würdest, dass du
den Kampf verlieren würdest, und ich dich unter Einsatz meines Lebens retten müsste, dann würde dich niemand mehr für einen Dämon
halten, und ich würde als Held angesehen. Das Geschwätz würde
aufhören, und mir würde schon eine Ausrede einfallen, warum ich
dich in unser Quartier bringe, statt in ein Hospital.«
»Ein großartiger Plan. Wer dich zum Freund hat, der muss nach
Feinden wahrlich nicht mehr suchen.« Abu Dun trank einen großen
Schluck und setzte den Becher dann übertrieben heftig wieder ab.
»Wer hat denn jemals behauptet, wir seien Freunde?«
Abu Dun zog eine Grimasse. »Mehr als um unseren Ruf sorge ich
mich um von Salm«, sagte er. »Er führt irgendetwas im Schilde,
wenn du mich fragst.«
Andrej nickte. »Ich frage mich sogar, ob er nicht mehr über uns
weiß, als er zugegeben hat«, fügte er nachdenklich hinzu.
»Wie meinst du das?«
Andrej nahm einen weiteren Schluck aus seinem Becher, hauptsächlich um Zeit zu gewinnen. Der Wein war besser als das gepanschte Gesöff, das Malik an die anderen Zecher ausschenkte, jedoch nicht annähernd so schwer wie der, den von Salm ihnen kredenzt hatte. Dennoch mahnte er sich zur Mäßigung. Wenn er in den
nächsten Tagen etwas wirklich dringend brauchte, dann einen klaren
Kopf.
»Erinnerst du dich, was er über den Wein gesagt hat?« Er versuchte
vergebens, in Abu Duns schwarzen Augen zu lesen. »Das ganze Gerede, dass er fast wie Blut sei, und dass mancher dafür töten würde.«
Er musterte Abu Dun weiter scharf, aber im Gesicht des Nubiers war
auch jetzt keinerlei Regung zu erkennen. »Hättest du seine Einladung
auch dann angenommen, wenn es wirklich Blut gewesen wäre?«
Abu Duns Gesicht erstarrte für einen Moment zur Maske. Zwei,
drei endlos schwere Atemzüge lang starrte er Andrej an, dann erschien ein gefährliches Glitzern in seinen Augen. »Was soll das?«,
zischte er lauernd.
Andrej konnte sehen, wie sich seine Muskeln unter dem schwarzen
Gewand spannten. Er hatte etwas in Abu Dun berührt, aber er wusste
nicht, was.
»Ich spreche davon, wie du heute gekämpft hast«, erwiderte Andrej, ohne den Blick auch nur eine Sekunde von ihm zu wenden. »Du
bist verwundet worden.«
»Genau wie du.«
»Du hast Verletzungen erlitten, die selbst mir schwer zu schaffen
gemacht hätten.« Andrej schüttelte den Kopf. »Du hast sie missachtet
und weitergekämpft, als wäre nichts geschehen. Das ist nicht gut.
Jemand könnte es gesehen haben, und darüber hinaus frage ich
mich…«
»Was?«, unterbrach ihn Abu Dun barsch und so laut, dass es auch
an den Nebentischen noch zu verstehen sein musste. Zwei, drei Köpfe wandten sich in ihre Richtung und dann hastig wieder weg, als
Abu Dun sie zornig anstarrte.
»Um Himmels willen - sei leise!« Andrej schüttelte warnend den
Kopf. Er hätte sich selbst ohrfeigen können. Warum um alles in der
Welt hatte er das gesagt? Warum ausgerechnet jetzt?
»Ich will dir nichts unterstellen, Abu Dun. Ich frage mich nur, ob
das wirklich noch du warst, der da heute unter den Türken gewütet
hat.«
»Bei Allah«, murmelte Abu Dun. Fast zu Andrejs Überraschung -
aber auch Erleichterung - wirkte er eher erschrocken als zornig. »Das
kann nicht dein Ernst sein, Andrej. Du glaubst doch nicht wirklich…«
»Ich glaube nicht, ich frage dich«, unterbrach ihn Andrej. »Du hast
es nicht getan, oder?«
»Was?«
Nein, er konnte es

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