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Die Wiederkehrer

Die Wiederkehrer

Titel: Die Wiederkehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kooky Rooster
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dass Bernd dasselbe tat. Oh Weia!
    „Na, das nenn ich geil!“, rief Karin. „Niko, vielleicht bist du ja doch nicht so ein Arsch wie ich dachte. Naja, zumindest hoff ich das für
dich
.“ Sie nickte Bernd zu.
     ***
    Ihre Schritte schlurften über den Kies, die Nacht strich das eine oder andere laue Lüftchen über das Land und im hohen Gras zirpten Grillen. Niko und Bernd marschierten Hand in Hand den langen Weg zu Fuß nach Hause und hingen ihren Gedanken über diesen Abend nach.
    Er hatte sie überrumpelt – und nicht nur sie. Fredi und Klaus hatten bald das Weite gesucht und sie aus sicherer Entfernung beobachtet. Ben war herumgeirrt wie ein kopfloses Huhn, was aber auch an den Schrammen lag, die den Körper seines großen Bruders zierten. Ben machte sich Sorgen um Gott und die Welt, verlor sich in Überlegungen dahingehend, was sich nun alles völlig verändern würde. Er bat Niko, für eine Weile keinen Kontakt zu ihm zu suchen. Das war zwar schmerzhaft, aber Niko war nicht sauer. Ben würde sich beruhigen. Er war noch so jung und hatte in Niko immer ein großes Vorbild gesehen. Es war verständlich, dass er nun etwas durch den Wind war. Simon dagegen hätte am liebsten einen detaillieren Plan erhalten, mit genauen Aufzeichnungen darüber, wie genau und wie oft Bernd und Niko Sex hatten. Karin versuchte die beiden ständig zu provozieren, damit sie einander wieder küssten. Das hatte in ihr offenbar etwas ausgelöst.
    „Du hast nette Freunde. Sie sind ein bisschen verrückt – aber du bist ihnen wichtig“, sagte Bernd nach einer Weile. „Was ist schief gelaufen … in deinem ersten Leben?“ Bamm! Mit dieser Frage hatte Niko im Moment überhaupt nicht gerechnet. Er schnappte nach Luft.
    „Das willst du
jetzt
wissen?“, fragte er.
    „Ja“, meinte Bernd leise. Niko latschte eine Weile schweigend neben seinem Freund her. Wo sollte er anfangen? Wenn er aus heutiger Sicht auf sein altes Leben schaute, wenn er nun all die Möglichkeiten sah, konnte er selbst kaum fassen, wie es geendet hatte. Er begann zu erzählen. Manches kannte Bernd schon, anderes war neu für ihn. Niko entblätterte den zähen Verfall, das dumpfe Welken, das schon so früh eingesetzt hatte, da er sich das Leben verboten hatte, das Fühlen, das Hoffen und das Träumen. Er erzählte, wie nach und nach alles weg gebrochen war, das ihm etwas bedeutet hatte. Wie Simon sich nach seinem Absturz abgewandt hatte, Ben gestorben war, die Beziehung zu Karin in die Brüche gegangen war, dass er den geliebten Job bei Bernstein wegen der Schließung verloren hatte und danach ein traumatisches Jahr lang arbeitslos gewesen war. Er berichtete davon, wie lähmend es war, in einem Konkursbetrieb zu arbeiten und dass ihn die Kündigung dennoch hart getroffen hatte. Er erzählte vom zähen Krebstod seines Schwiegervaters und dem überraschenden Sterben seiner Mutter. Er berichtete davon, dass er auf einmal ganz alleine auf der Welt gestanden hatte, niemand da war und die einzige Aussicht darin bestanden hatte, arbeitslos zu sein und einen brutalen Vater zu pflegen. Er gestand, dass ihm dies den letzten Kick versetzt hatte, sich das Leben zu nehmen. Er berichtete davon, dass er nie geweint hatte, bis zu dieser Höllennacht vor seinem Tod, und dass die Entscheidung zu sterben eine Kurzschlusshandlung gewesen war.
    Bernd sagte nichts, hörte zu, wartete geduldig, wenn Niko eine Pause einlegte. Nur manchmal drückte er die Hand, wenn ein Ereignis besonders heftig war oder Niko um Worte rang. Es schien, als wollte er sich nicht in die Erinnerungen drängen, indem er etwas fragte oder versuchte, zu trösten. Auch, als Niko seine Erzählung beendet hatte, schwieg er, schien zu grübeln, schritt minutenlang still neben Niko her.
    „Ich war Journalist“, sagte Bernd schließlich. „In meinem ersten Leben war ich ein erfolgreicher Journalist.“ Sie lauschten dem Knirschen des Kieses unter ihren Sohlen. „Das war nie mein Plan gewesen, nie mein Ziel, und doch habe ich fünfundzwanzig Jahre diesen Job gemacht, mich dabei krumm und blöd verdient. Eigentlich wollte ich Romane schreiben – ein Schriftsteller werden, aber mich holte meine eigene Rebellion ein.“ Bernd quetschte Nikos Hand.
    „Von meinen Eltern habe ich dir schon erzählt, und dass ich ihr Prestigekind war. Als ich herausfand, dass ich schwul bin, wollte ich unter keinen Umständen, dass sie davon erfuhren. Nicht aus den üblichen Gründen – sondern weil ich befürchtete, dass sie es für

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