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Die Wiege des Bösen

Die Wiege des Bösen

Titel: Die Wiege des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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Zeichen der Marns.
    Als er aufsah, bemerkte er Dilvoogs Blick auf sich gerichtet. Hatte er gesehen, wie er den Ring nahm? Einen Augenblick fühlte er sich wie ein gemeiner Dieb, und Scham wollte hochwallen. Er war darauf und daran, den Ring wieder auf den Tisch zu legen, doch glitt dieser wie aus eigener Kraft an seinen Mittelfinger der rechten Hand, und die Scham schwand. Er fühlte sich an, als wäre er seit langer Zeit an seiner Hand.
    O’Braenn blickte erneut auf Dilvoogg, doch der war zu Mon’Kavaer getreten und hatte seine Hände genommen.
    Die Männer bemerkten die Veränderung erst, als sie vollzogen war. Mon’Kavaer taumelte ein wenig und stützte sich schwer auf Dilvoog. Als er ihn losließ und keuchend sagte: »Tasmans Fluch über alle Zauberei! Ich weiß nicht, ob ich das ohne Opis noch einmal ertrage…!« Da wußten sie, daß Urgat vor ihnen stand. »Wir hätten den verdammten Schamanen nicht zurücklassen sollen…!«
    »Wir werden Opis finden«, versprach ihm O’Braenn, »weiter unten in den Wäldern. Wir könnten alle ein wenig davon vertragen. Obwohl aller Opis von Tainnia nicht ausreichen würde, mir den Grimm über Nottrs Schicksal aus dem Schädel zu reißen…!«
    Auch Dilvoog schwankte. Doch als er sich straffte, war er nicht mehr Dilvoog; auch nicht Mon’Kavaer.
    Es war Lirry O’Boley, der zu ihnen sprach.
    »Ich diene jetzt zwei hohen Herrn. Es wird alles nach ihrem Willen geschehen.«
    Als die kleine Schar den Ausgang zwischen den Blöcken der Elvenbrücke erreichte, kamen unheimliche Laute aus den Ruinen, und die Menschen beschleunigten ihren Schritt. Ein kalter Wind blies, als ob irgendwo die Welt sich geöffnet hätte.

7.
    Thonensen, der Magier, stand an einem der Fenster in einem der Türme des Tempels des Quatoruum und starrte auf die Ebene der Krieger hinab. Sein Gesicht war düster. Er wußte, daß seine augenblickliche Freiheit eine auf Zeit war – solange er Parthans Interesse wachhalten konnte. Irgendwo in seiner grausamen, entmenschten Seele war der Priester ein Grübler, der fremden Gedanken interessiert lauschte, bevor er sie zum Verstummen brachte.
    Aber so war die Finsternis: Sie beobachtete, benutzte und zerstörte schließlich achtlos. Wie ein Kind, das lernte. Was bedeuteten Begriffe wie Gut oder Böse, oder der Tod, oder Qual für etwas, das nicht einmal wußte, wie es war, zu leben?
    Aber darin bestand die wirkliche Gefahr für das Leben – daß es so zerbrechlich war und enden konnte unter dem unachtsamen Tritt dunkler Götter!
    Ein Stück draußen in der Ebene, wo der stete Tritt schwerer eiserner Stiefel das Gras zerstört und das Erdreich wie ein Pflug aufgewühlt hatte, marschierten dichte Reihen im Sonnenlicht gleißender Gestalten und lernten Gehorchen und Töten.
    Gianten! Heere der Finsternis! Leben auf dem tiefsten Punkt des Daseins. Leben, das nur noch benutzt wurde, das nur noch einem einzigen Zweck diente – als wollte man Hühner schaffen, nur zum Leben der Eier, oder Tiere, die schon in der Vorratskammer am Haken wuchsen.
    Thonensen hatte zuviel von der Finsternis gesehen, um noch zu schaudern. Er war ein weiser Mann, der die Dinge zu untersuchen und zu verstehen trachtete, statt sie zu verabscheuen. Vielleicht hatte er deshalb so viele Gefahren überlebt, so viele Kräfte für sich zu nutzen verstanden. Nur wo blinde Gewalt regierte, stand Weisheit auf verlorenem Posten.
    Er war nicht sicher, wieviel Freiheit Parthan ihm wirklich ließ. Aber er würde sie nutzen. Unten ritten Parthan und zwei seiner Unterpriester aus dem Tor, gefolgt von zwei Dutzend Gianten in makelloser metallener Haut. In ihrer Mitte befanden sich Nottr, Keir, Leite, Baragg, Arel und der Schamane Calutt. Ihr Ziel war Gianton, die alte Titanenstadt, von der aus die Finsternis ihr wachsendes Imperium beherrschte, und in der Donahin, der Herr der Finsternis selbst, manchmal Hof hielt.
    Es gab keinen Zweifel, was Nottr und seine lorvanischen Gefährten in Gianton erwartete: Die magischen Schmieden, die Geist und Körper schmolzen und hämmerten und formten, bis eines Tages eine neue Schar Gianten über die Ebene der Krieger schritt, in denen keine lorvanische Seele mehr wohnte, kein barbarisches Herz der Wildländer mehr schlug.
    Zwei der metallenen Späher schwebten über der entschwindenden Gruppe. Sie stießen klagende Schreie aus, die denen lebender Geschöpfe sehr ähnlich waren. Die Dinge aus den Schmieden von Gianton wurden immer vollkommener in ihrer Nachahmung des

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