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Die Wiege des Bösen

Die Wiege des Bösen

Titel: Die Wiege des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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Ende.
*
    Als Lydia von Ambor mit ihrem Gefolge, zu dem auch Thonensen gehörte, in Gianton eintraf, brach die Nacht herein. Aber Tag und Nacht bedeuteten nichts für Gianton. Alles, was dort geschah, geschah ohne Unterlaß.
    Es gab nicht viele Lebende, wie Lydia von Ambor, deren Geist unberührt war, und die in Gianton aus und ein gehen durften. Für die meisten war es ein Weg ohne Wiederkehr, denn als Gianten war nur noch blindes Leben in ihnen, das die Finsternis lenkte.
    Ein Keil von Dunkelheit schnitt vom Himmel herab und in das bleiche Licht zwischen den Steintürmen.
    »Es ist das Zeichen, daß der Herr der Finsternis kommt oder geht«, erklärte die Prinzessin, und ihre Stimme zitterte und strafte ihre Selbstsicherheit Lügen.
    »Donahin?« fragte Thonensen interessiert. Er versuchte sich nicht anmerken zu lassen, welch aufwühlenden und gleichzeitig beklemmenden Eindruck Gianton auf ihn machte. Er war schon einmal hier gewesen vor langen Jahren. Damals war Gianton ein heiliger Ort gewesen, ein lichtes Denkmal vergangener Größe, von der es so viele Spuren in Tainnia gab. Damals beteten die Priester zu Godh und Erain und anderen tainnianischen und caerischen Göttern, und die Steine waren voll Sonne und Licht gewesen.
    Nun stockte der Atem bei ihrem Anblick.
    »Ja, Donahin… der nach Drudin nun das Reich verwaltet«, erklärte sie. »Kommt, Master Stennrwijk. Ihr habt Euch gut in der Gewalt. Aber laßt Euch sagen, daß auch ich nur mit Gänsehaut hierherkomme. Aber es ist seltsam… nach einer Weile spürt man es nicht mehr. Die Seele paßt sich an. Ihr werdet es selbst sehen.«
    »Ich hoffe nicht, daß sich meine Seele je solchem Grauen anpaßt«, dachte der Magier schaudernd. Aber er schwieg und nickte nur.
    Wie Nottr, so traf auch ihn die Stadt wie ein Hammerschlag, aber sein Verstand war seit langem vertraut mit der Finsternis. Er hatte gelernt, sein Innerstes davor zu verschließen, sich wie ein Schamane der Wirklichkeit ein Stück zu entrücken. Das machte seine Sinne stumpfer, und er wandelte wie im Schlaf durch das Chaos von Geräuschen, Gerüchen, Licht und Schatten.
    Die Gemächer der Prinzessin waren steinerne Verliese, denen selbst kostbare Teppiche und Felle und andere Annehmlichkeiten keine Behaglichkeit abzuringen vermochten. Allgegenwärtig war dieser fahle Schein, der die lebende Haut mit Totenblässe erfüllte und den Verstand solcherart verwirrte, daß ihm alles unwirklich erschien.
    »Fackeln und Lampen brennen hier nicht«, sagte die Lady. »Etwas erstickt sie. Feuer und Wärme vermisse ich am meisten, wenn ich hier bin… und wenn ich zurückkehre, ist diese Bleiche in meinem Teint, und ich schimmere nachts wie ein Gespenst, wenn ich vor dem Spiegel stehe…«
    Fast lautlos trat eine Gestalt im Priestermantel ein.
    Parthan musterte die Frau mit undeutbarem, gläsernen Gesicht.
    »Es fällt dir nicht leicht, aufzugeben, Weib. Aber diesmal versuchst du es vergeblich. Die Mächtigen wollen den Barbaren. Und sie, wie du weißt, lassen nicht genug Leben darin, daß er für deine Lüsternheit noch etwas taugte…«
    »Ich würde keinen Handel mit den Mächtigen versuchen, Parthan…«, begann sie.
    »Da bin ich nicht sicher.«
    »Sagen wir… ich bin neugierig, was mit ihm geschieht… oder ist das Interesse an den Künsten der Mächtigen ein Frevel?«
    Der Priester gab keine Antwort.
    »Aber du magst beruhigt sein, ich habe bereits Trost gefunden. Master Stennrwijk ist entzückt von meiner Gesellschaft, und ich bin fasziniert von der seinen… auch wenn er sich, so muß ich bedauernd gestehen, nach Kräften bemüht, die Frau an mir zu übersehen…«
    Parthan fuhr herum und starrte den Magier an.
    »Bist du meines Tempels so rasch müde geworden?«
    Thonensen zuckte die Schultern. Er fühlte sich jedoch nicht so entspannt, wie er sich gab.
    »Ihr müßt selbst zugeben, er bietet nicht viel für den Uneingeweihten… und mein Verstand ist nicht gering genug, daß ich wie Eure Unterlinge Gefallen daran finde, durch staubige Hallen zu wandeln. Ich hätte mich vielleicht an Euren Gianten ergötzen können, doch die Lady machte ein Angebot, dem ich nicht widerstehen konnte. Ihr solltet doch die Neugier des forschenden Geistes verstehen…«
    Der Priester nickte nach einem Augenblick. »Ich wage seit langem nicht mehr, Gäste nach Gianton zu bringen. Die meisten ertragen es nicht, und die Mächtigen sind nicht immer duldsam.« Dabei warf er einen warnenden Blick auf die Prinzessin. »Aber nun, da

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