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Die Wiege des Bösen

Die Wiege des Bösen

Titel: Die Wiege des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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umsäumt.
    Nun wachte nichts Lebendes mehr – nur das Grauen!
    Gianten standen auf den Zinnen und einstigen Wehrgängen und starrten reglos in die Ferne. Nichts sonst regte sich. Nur die Späher, die die Gruppe begleitet hatten, glitten über die titanischen Mauern ins Innere der Stadt.
    Dann tat sich ein Eingang vor ihnen auf wie eine breite Schlucht. Sie war erfüllt von fahlem Licht, von schattenhaften Gestalten mehr und weniger menschlicher Form, und von einem grauen, gleitenden Nebel, der dem Auge allen Halt raubte.
    Das Eintauchen war unbeschreiblich.
    Sterbend auf einem Schlachtfeld zu liegen, auf dem die Verwesung Einzug gehalten hatte, auf dem die Geier an den Toten hackten und die Echos von Tod und Pein über das blutgetränkte Gras hallten…
    Solcherart war für eine Wildländerseele der Eintritt in Gianton. Aber es war nicht der Gestank reinigender Verwesung, den der Nebel mit sich trug, sondern die Pestilenz widernatürlicher Vorgänge, zu denen das Leben mißbraucht wurde.
    Es waren nicht die Echos von Schreien der Schlacht, sondern solche von Folterqual und Grauen und Wahnsinn.
    Und es gab noch andere Geräusche: Einen kalten, unirdischen Wind, der hoch über den Menschen über die scharfen Kanten der Quader fuhr; den metallischen Tritt der allgegenwärtigen Gianten; ein unaufhörliches Klirren wie von Ketten.
    Und überall, wo der Blick sich festzuhalten versuchte, war glatter Stein hinter dem Nebel, oder schwarze, zerfließende Schatten, die Gestalten sein mochten oder nur Trugbilder.
    Es war unsagbar schwer, es zu ertragen, vor allem für einen wie Nottr, der in der Wildnis aufgewachsen und seinen Sinnen zu vertrauen gewohnt war.
    Oh, Tasman und Imrirr! Er war fast wie ein Kind, das jemanden brauchte, der es an der Hand nahm und führte.
    Er war verloren! Den Gefährten erging es nicht anders.
    Aber nach und nach gewöhnte sich der Verstand ein wenig an das Ungeheuerliche, und sie vermochten wieder klarer zu denken. Die innere Panik schwand.
    Sie schritten durch schmale Schluchten zwischen den himmelhohen Steinblöcken, kletterten über Stufen, die nicht für Menschen angefertigt waren – immer begleitet von den Gianten, immer vor sich das gläserne, hohnfunkelnde Gesicht Parthans.
    Der Tag, die Sonne, die grüne, lebende Welt, all das war hinter ihnen versunken. Hier waren nur Stein und Unwirklichkeit.
    Schließlich kamen sie an einen Ort, an dem die Luft und der Stein erfüllt waren vom Donnern und Tosen großer Feuer. Metallene Hämmer klirrten ohne Unterlaß.
    »Die Schmieden«, erklärte Parthan mit unterdrücktem Lachen. »Aber keine Panik. Das Eisen muß bereit sein für die Schmiede. Dazu ist allerlei Vorbereitung notwendig. Ihr habt noch ein wenig Zeit… eine Weile… wenn sie auch nicht mehr euch gehört…«, er lachte erneut.
    Nottr ballte wütend die Fäuste. Der Grimm half ihm, das Grauen zu überwinden. Seit sie am Eingang in die Stadt von ihren Pferden abgestiegen waren, trug der Priester Seelenwind bei sich. Immer wieder blieb Nottrs Blick an seiner Klinge haften.
    Jetzt hielt ihn der Grimm nicht länger. Er sprang und stieß den Priester zu Boden. Parthan entfiel die Klinge. Mit einem triumphierenden Schrei sprang Nottr hinterher. Aber noch bevor er sie erreichte, und noch bevor die Viererschaft dazu kam, auch nur einen Finger zu rühren, reagierten die Gianten, und eine eiserne Faust schleuderte Nottr zu Boden. Die übrigen standen abwartend.
    Aber Nottrs Gefährten sahen ein, daß die Chance vorbei war, noch bevor sie recht begonnen hatte.
    Der Priester stieß einen Fluch aus und trat nach dem Bewußtlosen. Dann befahl er einem der Gianten, Nottr zu tragen. Wenig später erreichten sie große Stufen, die unter die Erde führten, und die Menschen waren dankbar, nicht länger den Nebel und das fahle Licht sehen zu müssen. Aber auch in die Tiefe hinab begleitete sie nicht das wärmende Licht einer Fackel, sondern ein eisiger Schimmer, der aus der Tiefe zu kommen schien.
    Die Verliese, in die man sie schließlich stieß, waren die vollkommene Trostlosigkeit: Steinerne Hohlräume, in denen sich weder gut stehen noch gut liegen ließ; wo die Kälte so tief in die Knochen fuhr, daß der Körper zu erstarren drohte, wären nicht scharfe Kanten und spitze Ecken gewesen, die warmen Schmerz brachten.
    Jeder lag allein in der fahlen Helligkeit seines Verlieses und lauschte auf die unheimlichen Geräusche der Stadt. Sie waren tief im Herzen des Bösen. Aller Kampf war hier für sie zu

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