Die Wiege des Windes
vor. Nun konnten einige Verfahren als erledigt betrachtet werden. Außerdem berichtete Kleinschmidt von den Schallgeneratoren, die auf der Sigtuna aufgefunden worden waren. Er war gerade so richtig in Fahrt geraten, als die Tür aufgestoßen wurde und Kirner den Raum betrat.
»Ihr habt wohl schon ohne mich angefangen.« Er legte den Mantel über einen Stuhl und griff nach einer Kaffeetasse, die er genüsslich mit dem Gebräu füllte.
Kleinschmidt folgte dem LKA-Kollegen missmutig mit den Augen, bis der endlich Platz genommen hatte. »Der Kerl im Krankenhaus, der keine Ausweispapiere bei sich hatte, ist immer noch nicht identifiziert. Trotzdem gibt es eine interessante Wendung. Sowohl am Tatort im Fall Larsen als auch im Kofferraum des Peugeots, mit dem Esser angefahren würde, konnten DNA-Spuren von dem Unbekannten gesichert werden.«
»Woher hast du so schnell die Ergebnisse?«, fragte Trevisan erstaunt.
Kleinschmidt zeigte auf Kirner. »Wir hatten offenbar Glück, dass Politik in der Sache eine Rolle spielt.«
»Also hat dieser Kerl bei Larsen und bei Esser die Hände im Spiel«, folgerte Johannes Hagemann.
»Und wie war das noch mal mit diesen Schallgeneratoren?«, erkundigte sich Trevisan.
Noch einmal erklärte Kleinschmidt, welche Funktion die langen Stangen mit dem sandfarbenen Konus erfüllten.
»In der Sache müssen wir auf alle Fälle am Ball bleiben«, resümierte Trevisan. »Außerdem wäre es wichtig, ein Bild von diesem Romanow zu bekommen – er ist der Inhaber der Scheinfirma in Sankt Petersburg, der Mieter der Sigtuna, der Mann, der sich offenbar nett um Liebler kümmerte und der vermutlich hinter dem ganzen Drama hier steckt.« Trevisan erhob sich und baute sich an der Stirnseite des Tisches auf. »Mir wäre recht, wenn Sie noch einmal Ihre Kontakte nach Russland nutzen und so viel wie möglich über Romanow in Erfahrung bringen«, sagte er zu Kirner. »Außerdem müssen wir uns diesen Liebler und den Chef der ENCON-Network schnappen, bevor es zu spät ist. Und dann ist da noch der Unbekannte im Krankenhaus, der uns vielleicht etwas erzählen kann. Romanow ist die treibende Kraft, die anderen Kerle dürften gedungene Killer sein, die für ihn arbeiteten. Ich schlage vor, dass Alex und Johannes nach Norden ins Krankenhaus fahren, sich des Unbekannten annehmen und auch gleich bei Töngen vorbeischauen, der wieder vernehmungsfähig sein soll. Ich kümmere mich mit Ihnen, Herr Kirner, um Liebler. Den ENCON-Boss heben wir uns für morgen auf. Wir brauchen Details, nur so kommen wir weiter.«
Kirner erhob sich. »Dann also frisch ans Werk.«
»Und Friederike van Deeren?«, fragte Alex.
»Sie ist sicher untergebracht«, entgegnete Trevisan. »So lange wir Romanow nicht dingfest gemacht haben, können wir keine weiteren Anschläge ausschließen.«
»Wir haben allerdings noch ein Problem«, sagte Kleinschmidt. »Die Projektile, die aus dem alten Mann im Krankenhaus herausgeschnitten wurden, sind bislang keiner aufgefundenen Waffe zuzuordnen.«
Kirner schaute Trevisan fragend an.
Trevisan seufzte. »Dann ist uns wohl einer durch die Lappen gegangen.«
42
Alexander Romanow hatte in der vergangenen Nacht keinen Schlaf gefunden. Nach Negrasovs Anruf hatte er sich auf die Bettkante gesetzt und gegrübelt, zusammengesunken wie ein Kind, das heftige Magenschmerzen durchlitt.
Dieses Mädchen hatte sein Leben verspielt, ohne im Entferntesten zu ahnen, was für ihn auf dem Spiel gestanden hatte. Die Zeit für »Plan B« war gekommen. Sein weiteres Dasein würde aus ständiger Flucht bestehen. Ausgerechnet er, der das Fliegen hasste … Er musste seine Flucht organisieren, dazu benötigte er das Geld, das sich in schönen, grünen Dollarscheinen quer in Europa verteilt in diversen Bankschließfächern befand. Zusammengerechnet über zehn Millionen US-Dollar.
Luxemburg war das erste Ziel seiner Reise. In Koblenz musste er umsteigen, bis ihn letztlich der IC 432 planmäßig um 17.38 Uhr nach Luxemburg brachte. Noch immer beschäftigte ihn die Frage, weshalb ihm die Polizei so schnell auf die Schliche gekommen war. Hatte jemand gesungen? Liebler, Lührs, irgendjemand aus seinem Team? Nein, das konnte nicht sein. Es musste mit dem Mädchen zusammenhängen. Seit ihr Freund an Bord der Sigtuna geschlichen war, die CD gestohlen und das sensible Innenleben der Computeranlage mit Salzwasser begossen hatte, war Romanows Glücksstern im Sinken begriffen.
*
Zweiundzwanzig Minuten reichten aus, denn die Royal
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